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Im Kongress

Eklat bei Trumps Rede zur Lage der Nation

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US-Präsident und seine Erzfreindin Nancy Pelosi lieferten sich einen unwürdigen Schlagabtausch.

US-Präsident Donald Trump hat die Rede zur Lage der Nation im Wahljahr für ein Loblied auf die Erfolge seiner Amtszeit genutzt und vor einer "sozialistischen Übernahme" in Amerika gewarnt. "Der Zustand unserer Nation ist stärker als jemals zuvor", sagte Trump am Dienstagabend (Ortszeit) im US-Kongress.
 
Neben einer boomenden Wirtschaft sei das US-Militär das mächtigste auf der Welt, die Grenzen seien sicher, die Werte des Landes seien erneuert und sein Stolz wiederhergestellt. Trump hielt die Ansprache kurz vor dem Ende des Amtsenthebungsverfahrens, das an diesem Mittwoch mit einem Freispruch enden dürfte. Der Republikaner sprach das Thema aber nicht direkt an.
 

Manuskript zerrissen

Die Feindseligkeit zwischen den politischen Lagern schlug sich in einer Geste der führenden Demokratin Nancy Pelosi nieder. Nach der Rede zerriss die Sprecherin des Repräsentantenhauses das Manuskript der Ansprache. Während des finalen Applauses nahm sie, gut sichtbar hinter Trump, mehrere Blätter in die Hand und riss diese entzwei. Pelosi bestätigte im Anschluss, dass es sich um das Redemanuskript gehandelt habe. Es sei angesichts der Alternativen das Höflichste gewesen, was sie hätte tun können.
 
Video zum Thema: Manuskript zerrissen: Das sagt Pelosi nach Eklat
 
Pelosi ist eine erbitterte Gegnerin von Trump. Vor Beginn der Rede schien Trump Pelosi den Handschlag zu verwehren - es wurde aber nicht deutlich, ob Trump der Demokratin absichtlich umgehend den Rücken zukehrte. Einige demokratische Abgeordnete wohnten der Rede Trumps gar nicht erst bei. So sagte die linke Leitfigur der Demokraten, Alexandria Ocasio-Cortez, ihre Teilnahme aus Protest gegen Trump kurz zuvor ab.
 
Bei dem Auftritt vor dem Kongress handelte es sich um Trumps dritte Rede zur Lage der Nation. Sie stand unter dem Motto "Das große amerikanische Comeback". Der seit Längerem feststehende Termin fiel unmittelbar vor den Schlusspunkt des Amtsenthebungsverfahrens, das seit Wochen die innenpolitische Debatte bestimmt. Der Senat will noch am Mittwoch (ab 22.00 Uhr MEZ) über die beiden Anklagepunkte des Repräsentantenhauses - Machtmissbrauch und Behinderung der Kongress-Ermittlungen - entscheiden. Wegen der republikanischen Mehrheit wird mit einem Freispruch gerechnet.
 
 
Video zum Thema: Trump-Rede: Der Faktencheck
 

Wahl-Rede

Die jährliche Ansprache wird von Präsidenten häufig dafür genutzt, um neue Initiativen oder Gesetze anzukündigen - in dieser Hinsicht blieben Überraschungen am Dienstag allerdings aus. Trumps Ansprache stand vielmehr unter dem Eindruck der Präsidentschaftswahl im November, bei der Trump sich für die Republikaner um eine zweite Amtszeit bewirbt.
 
Für Aufsehen sorgte die Anwesenheit des selbst ernannten venezolanischen Interimspräsidenten Juan Guaidó, dem Trump bei seiner Ansprache seine weitere Unterstützung zusagte. Die Tyrannei von Venezuelas sozialistischem Präsidenten Nicolás Maduro werde "zerschlagen und gebrochen" werden. Der Moment markierte einen der wenigen an dem Abend, in dem Abgeordnete und Senatoren aus den zerstrittenen politischen Lagern Einigkeit zeigten, applaudierten und aufstanden.
 
Wiederholter Applaus war Trump während seiner Rede aber aus dem eigenen Lager sicher, weshalb sich die fast eineinhalbstündige Rede in die Länge zog. Die US-Wirtschaft befindet sich nach Ansicht Trumps in einem Aufschwung, der seinesgleichen sucht. Die Zeit des amerikanischen Abstiegs sei vorbei, der Wohlstand wachse und die Arbeitslosigkeit sinke, sagte Trump. Seine Regierung werde Amerika zur "wohlhabendsten Gesellschaft" der Welt machen, versprach er. Der US-Wirtschaft gehe es "so gut wie nie zuvor". Die US-Wirtschaft wuchs 2019 um 2,3 Prozent. Das war die niedrigste Wachstumsrate seit 2016. Die US-Arbeitslosenquote ist mit 3,5 Prozent so niedrig wie seit rund 50 Jahren nicht mehr.
 

US-Themen im Vordergrund

Mehrfach appellierte Trump an den Kongress. Er forderte das Parlament beispielsweise dazu auf, späte Abtreibungen per Gesetz zu verbieten. "Wir müssen alle darin übereinstimmen, dass jedes menschliche Leben ein heiliges Geschenk Gottes ist", sagte Trump. In der Vergangenheit hatte Trump sich dafür ausgesprochen, die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch den Frauen zu überlassen. Während des Wahlkampfes 2016 änderte Trump seine Haltung und erklärte, er trete für den Schutz des ungeborenen Lebens ein.
 
Zudem rief Trump den Kongress auf, auf dem Weg zum Mars eine neue amerikanische Mond-Mission zu finanzieren. Damit müsse sichergestellt werden, dass die USA die erste Nation würden, "die ihre Flagge auf dem Mars hisst". Trump hatte bei seiner Rede im Kongress vor einem Jahr gesagt: "Dieses Jahr werden amerikanische Astronauten in amerikanischen Raketen in den Weltraum zurückkehren." Dieses Versprechen hat er seitdem nicht erfüllt.
 
Insgesamt konzentrierte sich Trump auf US-Themen - außenpolitische Themen riss er lediglich an. So stellte er dem Iran wirtschaftlichen Aufschwung in Aussicht - für den Fall, dass die Regierung in Teheran ihr "Streben nach Atomwaffen" aufgebe und aufhöre, "Terror, Tod und Zerstörung" zu verbreiten. Er verteidigte erneut die Tötung des iranischen Top-Generals Qassem Soleimani Anfang Jänner, nach der der Konflikt mit dem Iran gefährlich eskaliert war.
 
Trump bekräftigte zudem die Absicht eines Truppenabzugs aus Afghanistan. "Wir arbeiten daran, Amerikas längsten Krieg endlich zu beenden und unsere Soldaten nach Hause zurückzuholen." Die USA wollten nicht "Hunderttausende Menschen" in Afghanistan töten, von denen viele "völlig unschuldig" seien. Es sei zudem nicht die Aufgabe der USA, Ordnungsmacht für andere Staaten zu sein, sagte Trump.
 
Ansonsten sprach der US-Präsident einige klassisch republikanische Themen an - neben dem Abtreibungsgesetz trat er auch für das Recht der Amerikaner auf den Besitz von Schusswaffen ein. "Solange ich Präsident bin, werde ich immer den zweiten Zusatzartikel schützen, Waffen zu besitzen und zu tragen." Dieses Recht werde momentan im gesamten Land von seinen Gegnern angegriffen.
 
Bedroht sieht er auch das Gesundheitssystem. Seine politischen Gegner arbeiteten daran, private Krankenversicherungen abzuschaffen und den Patienten ihre Ärzte wegzunehmen, betonte Trump. "Wir werden es niemals zulassen, dass Sozialismus das amerikanische Gesundheitswesen zerstört.
 
Dutzende US-Demokratinnen hatten sich bei der Ansprache erneut in Weiß gekleidet und damit für Frauenrechte demonstriert. Die Kleidung der Abgeordneten, die deutlich im Plenum erkennbar war, ist eine Anlehnung an die Suffragetten-Bewegung Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA. Damals protestierten amerikanische Frauen in weißer Kleidung für ein flächendeckendes Frauenwahlrecht, das ihnen vor gut 100 Jahren gewährt wurde.
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