Nach Österreich

UN-Pakt: Kroatien und Slowenien vor Ausstieg

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Auch in Deutschland setzt jetzt eine Diskussion ein.

Nach Österreichs Rückzug aus dem UNO-Migrationspakt regt sich auch in Kroatien und Slowenien Widerstand. Die kroatische Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic hat gegen den Vertrag Stellung bezogen, dabei aber auf die Zuständigkeit der Regierung verwiesen. In Slowenien forderte die größte Parlamentspartei, die konservative Demokratische Partei (SDS), eine "bedingungslose" Ablehnung des Pakts.
 
"Seien Sie sicher, dass ich das Abkommen von Marrakesch nicht unterzeichnen werde", teilte Grabar-Kitarovic mit. Sie verstehe die Sorge der kroatischen Bürger in Bezug auf das Abkommen. Ihr Amt sei in die Verhandlungen nicht einbezogen gewesen, da diese vom Außenministerium geführt worden seien, fügte sie hinzu. Die Bürger sollen sich daher mit ihren Sorgen an das Außenministerium wenden, so die frühere Politikerin der konservativen Regierungspartei HDZ.
 

Kampagne gegen Pakt

In Slowenien begann nach dem österreichischen Ausstiegsbeschluss eine massive Kampagne von rechten Aktivisten und Parteien in den sozialen Medien gegen den UNO-Pakt. Dabei wird auch ein Referendum über das Abkommen gefordert, das von der bei den Parlamentswahlen im Juni abgewählten Mitte-Links-Regierung ausverhandelt worden war.
 
"Slowenien muss das Abkommen von Marrakesch zu "sicherer und legaler" Migration bedingungslos ablehnen, da sich hinter dieser höchst irreführenden Bezeichnung die Zerstörung der europäischen Zivilisation und der slowenischen Identität verbirgt", kritisierte der SDS-Abgeordnete Branko Grims auf Twitter. Als mögliche Optionen nannte er dabei eine Sondersitzung des Parlaments, eine Massenpetition sowie ein "Plebiszit".
 
Die SDS hat bereits im Wahlkampf eine harte Linie in der Migrationsfrage vertreten und war damit zur stärksten Kraft im neuen Parlament geworden. Allerdings verweigerten sich mit Ausnahme der Christdemokraten und der nationalistischen Nationalpartei (SNS) alle Fraktionen einer Zusammenarbeit mit der von Ex-Premier Janez Jansa angeführten Partei. Jansa wurde bei der Regierungsbildung vom Anti-Establishment-Politiker Marjan Sarec ausgebremst, der seit September an der Spitze einer Fünf-Parteien-Minderheitsregierung steht. Als Außenminister gehört dem Kabinett auch der im Juni abgewählte liberale Ministerpräsident Miro Cerar an.

Diskussionen auch in Deutschland

Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich für eine genaue Prüfung des UNO-Migrationspaktes ausgesprochen. "Die Debatte über den Migrationspakt steht in der Bundestagsfraktion noch aus", sagte Spahn, der sich für den CDU-Parteivorsitz bewirbt, der "Welt am Sonntag". "Wichtig ist, dass Deutschland seine Souveränität behält, Migration zu steuern und zu begrenzen."
 
Nach den USA und Ungarn hatte am Mittwoch auch die türkis-blaue österreichische Regierung angekündigt, den Migrationspakt nicht unterschreiben zu wollen. Dies rief auch in Deutschland eine intensive Debatte um das Abkommen hervor. In Österreich musste die Regierung massive Kritik für ihren Schritt von Experten, Zivilgesellschaft, Opposition, aber auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seinem Vorgänger Heinz Fischer einstecken.
 

Warnung vor Fake-News

Das deutsche Außenministerium warnte vor Falschinformationen und stellte am Freitag klar, dass der UNO-Migrationspakt kein völkerrechtlicher Vertrag sei. Der Pakt formuliere lediglich Ziele, die Kriterien und Höhe von Zuwanderung blieben "souveräne Entscheidungen der Staaten", sagte ein Ministeriumssprecher und kritisierte, dass in der Debatte über den Migrationspakt "Ängste geschürt werden".
 
Der von der UNO initiierte erste "weltweite Pakt für sichere, geordnete und regulierte Migration" soll bei einer Konferenz in Marrakesch am 10. und 11. Dezember offiziell angenommen werden. Er umfasst eine Reihe von Leitlinien und Maßnahmen, deren Umsetzung allerdings rechtlich nicht bindend ist. Es geht um eine bessere internationale Zusammenarbeit in der Migrationspolitik und um Standards im Umgang mit Flüchtlingen.
 
Spahn verwies im Interview mit der "Welt am Sonntag" darauf, dass es im Migrationspakt nicht nur um die Aufnahmeländer gehe, sondern auch um die Verantwortung der Herkunftsländer. "Dort liegt doch der eigentliche Schlüssel. Und auch der Teil der Debatte muss eine Rolle spielen."
 
Der Minister sprach sich zudem dagegen aus, die Flüchtlingsdebatte zu beenden. "Verdrängen hilft nicht", sagte er. So lange die mit der Migration verbundenen Probleme nicht wahrnehmbar gelöst seien, werde "das Thema immer wieder zurückkommen und alles überlagern". "Wir sind doch bei der Bundestagswahl in unseren Hochburgen in Baden-Württemberg und Sachsen nicht wegen der Pflegepolitik oder der Forschungspolitik eingebrochen", sagte Spahn. In der Debatte dürfe es keine Tabus geben.
 
Der als Kritiker von Kanzlerin Angela Merkel geltende Politiker sagte mit Blick auf aktuelle Umfragewerte, die die Unionsparteien bei 24 Prozent sehen, Ziel müssten 40 Prozent der Stimmen sein. "Dafür brauchen wir eine personelle und inhaltliche Erneuerung." Seine Kandidatur um den CDU-Vorsitz sei ein "Angebot für einen Generations- und Stilwechsel", forderte er breite und offene Debatten in der Partei, gefolgt von klaren Entscheidungen. Einer am Sonntag veröffentlichten Umfrage zufolge ist Spahn der am wenigsten beliebte der drei bisher deklarierten Kandidaten für die Nachfolge Merkels als CDU-Chefin. Von den Unionsanhängern wollen nur neun Prozent ihn als Parteivorsitzenden haben, 44 Prozent sind für Ex-Fraktionschef Friedrich Merz, 39 Prozent für CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer.
 
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