Arme Kinder bekommen in Madrid eine warme Mahlzeit - den Zuschlag bekamen dafür ausgerechnet Fast-Food-Ketten.
Für Zigtausende spanische Kinder aus sozial schwachen Familien ist die tägliche warme Mahlzeit nur eine Selbstverständlichkeit, weil sie in den Schulkantinen Mittagessen bekommen. Doch seit Mitte März sind in Spanien wegen der Coronakrise sämtliche Schulen und Kindergärten geschlossen und werden bis zum kommenden Schuljahr im Herbst wohl auch nicht mehr öffnen.
Wie viele andere spanische Regionen versprach auch die Madrider Regionalregierung den sozial benachteiligten Familien in diesen schweren Zeiten Unterstützung und tägliche Gratisessen für die Kleinen. Alleine in Madrid sind 11.500 Kinder im Alter zwischen 6 und 13 Jahren auf diese Essensspenden angewiesen, um ein Mal pro Tag etwas Warmes essen zu können. Die Eltern sind dankbar. Dennoch wollten viele ihren Augen nicht trauen, als sie den Speiseplan für die kommenden Wochen zugeschickt bekamen: Pizza, Hamburger, Sandwiches, Pommes frites, Tiefkühl-Kroketten. Dazu gab es wahlweise Limonade oder Cola - und das in einem Land, welches so stolz auf seine gesunde Küche und mediterrane Diät ist.
Eltern entsetzt
Die Kinder waren natürlich begeistert, die Eltern hingegen entsetzt. Was war passiert? Bei der öffentlichen Ausschreibung für die Produktion und Verteilung der Menüs hatten die drei spanischen Fastfood-Ketten Telepizza, Viena Capellanes und der Sandwich-Hersteller Rodilla die günstigsten Angebote gemacht und den Zuschlag der Regionalregierung erhalten. "Die verteilten Fertigprodukte verfügen über viel Salz, Zucker und Fette und über so gut wie keine Mineralien oder Vitamine, welche vor allem Kinder in diesem Alter dringend brauchen", warte die spanische Ernährungsexpertin Laura Zurita schon zu Beginn der Aktion.
Tatsächlich ließen die gesundheitlichen Folgen nicht auf sich warten. Erste Studien zeigen, dass einige der betroffenen Kinder durch die einseitige, ungesunde Speisekarte und den Bewegungsmangel in der sechs Wochen langen totalen Ausgangssperre bereits bis zu sechs Kilo zugelegt haben.
Experten schlagen Alarm
Elternverbände und renommierte Ernährungswissenschaftler schlugen Alarm. Auch spanische Prominente wie der NBA-Basketballstar Pau Gasol äußerten sich entsetzt über das ungesunde Gratisessen für Kinder aus sozial benachteiligen Familien. Als nun auch noch bekannt wurde, dass ein spanischer Bananenproduzent von den Kanaren drei Mal wöchentlich 12.000 Bananen kostenlos für die Kinder zur Verfügung gestellt hatte, um das Menü etwas gehaltvoller zu machen, diese aber nicht von der Regionalregierung und den drei Fastfood-Ketten aus den Madrider Lagerhallen abgeholt und mit ins Essenpäckchen gelegt wurde, war der Aufschrei enorm. Die linke Opposition in Madrid machte das Thema zum Politikum. Sogar das spanische Gesundheitsministerium bat die Madrider Regionalregierung, den Speiseplan für die Kinder zu ändern.
Am Donnerstag wurde der politische und soziale Druck nun so groß, dass Madrids Regionalpräsidentin Isabel Diaz Ayuso zurückruderte und ankündigte, die Verträge mit den drei Fastfood-Herstellern werden nicht verlängert. Ab dem 18. Mai würden die betroffenen Kinder altersgerechtere und vor allem gesündere Menüs erhalten.