Ausnahmezustand in Hongkong

Peking-kritische Demonstranten stürmten Parlament

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Ausnahmezustand in Hongkong: Hunderte Demonstranten stürmten das Parlament. 

Hunderte Demonstranten in Hongkong haben am Montag den Regierungssitz gestürmt. Sie zerstörten Fensterscheiben des Gebäudes und versuchten so, sich gewaltsam Zugang zum Inneren des Legislativrates zu verschaffen. Dabei setzten sie einen Metallwagen ein, den sie gegen die Glastüren rammten.
 
Peking-kritische Demonstranten stürmten Parlament
© APA/AFP/Philip FONG
 
Dabei gingen Fensterscheiben zu Bruch. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken. Auch im Inneren des Gebäudes waren Polizeikräfte zu sehen. Einige demokratische Abgeordnete versuchten einzuschreiten und die Demonstranten von einer Erstürmung des Gebäudes abzuhalten.
 
"Dies ist nicht das, was wir wollen, aber die Regierung hat uns gezwungen, uns so auszudrücken", sagte der 20-jährige Demonstrant Benny.
 
Viele der Demonstranten trugen Schutzbrille und Masken. Auch nutzten sie aufgespannte Regenschirme - das Symbol der Hongkonger Demokratiebewegung-, um sich vor dem Pfefferspray der Polizei zu schützen. Nach Angaben der Regierung wurden 25 Menschen bei den Zusammenstößen verletzt.
 
Peking-kritische Demonstranten stürmten Parlament
© APA/AFP/Philip FONG
 
Am Nachmittag war zum Jahrestag der Rückgabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China eine weitere große Demonstration geplant. Der jährliche Protestmarsch dürfte wegen der ohnehin aufgeheizten Stimmung in der Finanzmetropole in diesem Jahr besonders groß ausfallen.
 
In Hongkong gibt es seit Wochen heftige Proteste, die sich zunächst vor allem gegen ein geplantes Auslieferungsgesetz der politischen Führung richtete. Dieses sollte auch Auslieferungen an Festland-China ermöglichen. Inzwischen richten sich die Proteste auch generell gegen den Peking-treuen Legislativrat.
 
Die Bevölkerung Hongkongs genießt seit der Übergabe an China im Jahr 1997 unter dem Motto "ein Land, zwei Systeme" Freiheiten wie zum Beispiel die der Meinungsäußerungen, die sonst in der Volksrepublik tabu sind.
 
Peking-kritische Demonstranten stürmten Parlament
© APA/AFP/Philip FONG
 
Anders als sonst üblich verfolgten Hongkongs Regierungschefin Carrie Lam und geladene Gäste die Fahnenzeremonie nicht im Freien, sondern auf einem Bildschirm in einem nahe gelegenen Kongresszentrum, was mit schlechtem Wetter begründet wurde. Lam steht wegen des Gesetzesvorhabens unter Druck. Ihr Versuch, auf die Demonstranten zuzugehen, indem sie das Vorhaben bis auf Weiteres auf Eis legte, half nicht. China sicherte Lam die Unterstützung zu.
 
In einer Rede anlässlich der Feierlichkeiten entschuldigte sich Lam am Montag erneut für ihr Vorgehen, betonte aber, in guter Absicht gehandelt zu haben: "Ich werde meine Lektion lernen und sicherstellen, dass die zukünftige Arbeit der Regierung enger und besser auf die Bestrebungen, Gefühle und Meinungen der Gemeinschaft eingeht", sagte Lam. Die Hongkonger Führung müsse dringend ihren Regierungsstil reformieren, was von ihr selbst ausgehen werde. Weiter versprach Lam, sich um mehr Wohnraum zu kümmern und das Bildungs- und Gesundheitssystem zu stärken.
 
Lams Rede wurde von der pro-demokratischen Abgeordneten Helena Wong Pik-wan unterbrochen, die wiederholt rief: "Carrie Lam tritt zurück, zieh das böse Gesetz zurück", bevor sie von Sicherheitsleuten aus dem Raum gebracht wurde.
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