Unglücksmine in Chile

Kumpel: "Ich war mir sicher, dass ich sterbe"

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Der gerettete Bergmann Segovia schrieb ein Tagebuch.

Die 33 in Chile nach mehr als zwei Monaten unter Tage geretteten Kumpel wollen ihre Geschichte meistbietend verkaufen. Sie würden mit dem Medium sprechen, das "uns am meisten dafür bietet, damit wir zumindest einen kleinen Vorteil aus dem erlittenen Leiden ziehen können", zitierte die Zeitung "El Mercurio" den Bergmann Omar Reygadas am Donnerstag.

Reygadas war zusammen mit 32 Leidensgenossen 69 Tage in mehr als 600 Meter Tiefe in einer Kupfer- und Goldmine eingeschlossen und am 13. Oktober in einer spektakulären Rettungsaktion befreit worden. "Wir müssen das ausnutzen", sagte der Kumpel im Hinblick auf das riesige Medieninteresse. "Wir haben keinen Schweigepakt, sondern werden sprechen, sobald irgendjemand sagt, wie viel er bietet. Dann werden wir 33 die Wahrheit erzählen", fügte Reygadas hinzu.

Tagebuch
Der Bergmann Víctor Segovia schilderte dem "Stern" schon Einzelheiten des Martyriums unter Tage. "Ich habe fest daran geglaubt, dass ich sterben werde. Und ich habe mir gewünscht, dass es einfach so im Schlaf passiert", sagte Segovia in einem Interview mit dem Magazin. Auch andere Medien veröffentlichten bereits Schilderungen der Ereignisse unter Tage. Ob dafür Geld gezahlt wurde, war unbekannt.

Über die ersten Momente nach dem Einsturz des Stollens sagte Segovia dem "Stern": "Die ersten Minuten hat keiner von uns ein Wort gesagt. Die Jungen, weil sie ja gar nicht wussten, was ihnen drohte. Und wir Älteren, weil wir niemandem Angst machen wollten". Nach zwei Tagen hätten die Männer die Mine erkundet und nach einem Ausgang gesucht. "Es war aussichtslos. Irgendwann stand man wieder vor einer Wand aus Fels."

Hierarchie
Schnell sei eine Hierarchie entstanden, Mario Sepulveda habe die Chefrolle übernommen - der "Journalist" im Stollen moderierte Videos unter Tage. Schichtleiter Luis Urzua habe die meiste Zeit geschwiegen. "Wir alle waren froh, dass da überhaupt jemand die Initiative übernommen hat", sagte Segovia dem Magazin. Viele Bergleute seien mit der "Situation überhaupt nicht zurecht" gekommen. "Immer wieder hat irgendeiner geweint. Auch ich. Die Jungen haben sich noch besser gehalten als wir Alten. Vielleicht auch, weil wir ja besser wussten, was uns drohen könnte."

In seinem Tagebuch notierte Segovia, wie nach einer Woche die Thunfischreserven zu Ende gingen. Von dem abgestandenen Wasser hätten die meisten Kumpel Durchfall bekommen. Die Männer litten unter Pickeln und Ausschlägen. Dazu die psychischen Qualen. Ob er seine Aufzeichnungen veröffentlichen will, darüber ist sich Segovia noch "nicht sicher". Fast hätte er keine Wahl gehabt: Seine Notizen vergaß der Bergmann zunächst im Stollen - ein Kumpel brachte sie ihm mit.

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