Getöteter Missionar

Mutter verzeiht den Ureinwohnern

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27-Jähriger wollte missionieren: 'Ihr werdet mich für verrückt halten, aber ich denke, dass es sich lohnt'

Ein von Ureinwohnern auf den indischen Andamanen-Inseln getöteter US-Bürger wollte das Volk der Sentinelesen missionieren. Als er auf der Insel North Sentinel ankam, habe der 27-jährige John Allen Chau gerufen: "Mein Name ist John. Ich liebe euch und Jesus liebt euch", berichteten Medien am Donnerstag. Die in selbst gewählter Isolation lebenden Bewohner beschossen den Eindringling mit Pfeilen.
 

Zwei Versuche

Chau hatte sich den Berichten zufolge zuvor entschlossen gezeigt, das Inselvolk zum Christentum zu bekehren. "Ihr werdet mich für verrückt halten, aber ich denke, dass es sich lohnt", schrieb Chau demnach in einem Brief an seine Eltern. "Bitte seid nicht wütend auf sie oder auf Gott, wenn ich getötet werde." Der 27-Jährige fügte jedoch hinzu: "Gott, ich will nicht sterben."
 
Als er mit seinem Kanu auf der Insel anlegte, habe Chau eine Bibel dabei gehabt sowie Fisch und Fußbälle als Geschenke. Die Bewohner hätten ihn mit Pfeilen beschossen und seine Bibel getroffen. Anschließend sei der Missionar zu einem Fischerboot zurückgekehrt, habe seine Eindrücke aufgeschrieben und auf dem Boot übernachtet.
 
Am nächsten Tag sei er trotz der Vorwarnung noch einmal zur Insel gefahren - und nicht mehr zurückgekommen. Die Fischer, die Chau zu der Insel gebracht hatten, sagten den Medienberichten zufolge, nach dem Beschuss mit Pfeilen hätten die Inselbewohner ein Seil um den Hals gelegt und ihn hinter sich hergezogen. Die "Washington Post" berichtete, ein anderer Missionar habe seiner Mutter geschrieben, die Sentinelesen hätten Chaus Leiche am nächsten Tag auf der Insel begraben.
 
 Auf Chaus Instagram-Seite wurde im Namen der Familie eine Erklärung veröffentlicht. Darin wurde versichert, der 27-Jährige habe "nichts als Liebe für das Volk der Sentinelesen gehabt." "Wir verzeihen denjenigen, die Berichten zufolge für seinen Tod verantwortlich sind", hieß es weiter.

 

Schwierige Bergung

Behördenvertreter auf den Andamanen hatten am Mittwoch von der Pfeil-Attacke berichtet. Die nur 150 noch lebenden Sentinelesen zählen zu den letzten sogenannten unkontaktierten Völkern. Sie wollen nichts mit der Außenwelt zu tun haben, Fremde müssen fünf Kilometer Abstand zu ihren Wohngebieten einhalten, haben indische Behörden verfügt. Dadurch sollen sie ihre Kultur pflegen können und vor der Ansteckung mit Zivilisationskrankheiten bewahrt werden. 2006 hatte das Inselvolk Berichten zufolge zwei Fischer getötet, deren Boot auf die Insel getrieben war.
 
Die Bergung von Chaus Leiche gestaltete sich mithin schwierig. Die indische Polizei bezog in ihre Bemühungen Anthropologen, Forstbeamte und auf Ureinwohner spezialisierte Sozialarbeiter ein. "Wir müssen aufpassen, dass wir sie nicht stören", sagte der örtliche Polizeichef Dependra Pathak. Ein Schiff und ein Hubschrauber seien losgeschickt worden. Sie hätten den Abstand zur Insel eingehalten und die Leiche noch nicht entdeckt.
 
Weil auch indische Behördenvertreter die Insel nicht betreten, ist zudem unklar, ob die Tötung rechtliche Konsequenzen hat. Die indische Polizei leitete Ermittlungen gegen Unbekannt ein. Mehrere Fischer wurden festgenommen, weil sie Chau in die Nähe der Insel gebracht haben sollen.
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