Einigung im Streit um Migranten

Nach Seuchen-Alarm: Flüchtlinge haben Schiff verlassen

Teilen

Albanien und Irland wollen Migranten aufnehmen.

Nach Tagen auf dem Mittelmeer und im Hafen von Catania haben 137 Migranten das Rettungsschiff "Diciotti" verlassen. Einer nach dem anderen ging Sonntagnacht von Bord. Anschließend wurden die aus Seenot Geretteten nach Messina gebracht. Von dort aus sollen um die 100 von ihnen in die Obhut der katholischen Kirche in Italien gegeben werden.

Nach Seuchen-Alarm: Flüchtlinge haben Schiff verlassen
© EPA

Albanien hat sich bereit erklärt, 20 Migranten aufzunehmen. Zwischen 20 und 25 sollen nach Irland kommen.

Nach Seuchen-Alarm: Flüchtlinge haben Schiff verlassen
© EPA
Insgesamt hatte die italienische Küstenwache am 16. August 190 Migranten im Mittelmeer gerettet. Einige wurden schon kurz nach dem Einsatz zur medizinischen Versorgung nach Lampedusa gebracht. Erst am Montag konnte das Schiff mit den übrigen Migranten in Catania einlaufen.
 
Nach Seuchen-Alarm: Flüchtlinge haben Schiff verlassen
© EPA
 
Nach Seuchen-Alarm: Flüchtlinge haben Schiff verlassen
© EPA
 
Der rechte Innenminister Matteo Salvini wollte erst wissen, wie die Menschen auf andere Staaten verteilt werden, bevor er sie von Bord gehen ließ. Verhandlungen in Brüssel in dem Fall brachten keinen Durchbruch. Am Samstag wurde fast zeitgleich mit der Aufhebung der Blockade bekannt, dass gegen den Minister und Vize-Premier unter anderem wegen Freiheitsberaubung ermittelt wird.
 

Tagelang verboten, von Bord zu gehen

Die Regierung hatte den Migranten an Bord des seit Montag in der sizilianischen Hafenstadt Catania liegenden Küstenwachenschiffs "Diciotti" tagelang verboten, an Land zu gehen, solange keine Aufnahmezusagen anderer EU-Staaten vorlagen.
 
Von der Opposition und Bürgerrechtlern gab es dafür massive Kritik. Der für eine scharfe Einwanderungspolitik stehende Salvini blieb zunächst hart und erklärte, er betrachte die Angriffe gegen sich als "Ehrenauszeichnung".
 

Italiens Justiz ermittelt gegen Innenminister Salvini

Die Staatsanwaltschaft der sizilianischen Stadt Agrigent hat Ermittlungen gegen Italiens Innenminister Matteo Salvini in Zusammenhang mit den Migranten, die sich seit Tagen an Bord des Schiffes „Diciotti“ in Catania aufhalten, eingeleitet. Der Vorwurf lautet: Freiheitsberaubung. „Ich erwarte mir, dass die Staatsanwälte gegen Schlepper nicht gegen den Innenminister ermitteln“, so Salvini.

Salvini
© APA
× Salvini

 

Vilimsky: "Verständnis für die harte Haltung Italiens"

ÖSTERREICH: Italien lässt die Flüchtlinge nicht von Bord des Rettungsschiffes. Richtig?

Harald Vilimsky: „Ich habe großes Verständnis für die harte Haltung von Italiens Innenminister Matteo Salvini. Weil es nicht sein kann, dass eine Frau Merkel und namenhafte Politiker in Brüssel zuerst Einladungen aussprechen an Arabien und Afrika, nach Europa zu kommen, und dann andere dafür die Suppe auslöffeln sollen. So kann es nicht sein. Wenn die Italiener sagen, ihr Boot ist voll, muss das in Europa akzeptiert werden.

ÖSTERREICH: Hier geht es um Menschenleben ...

Vilimsky: „Die Menschen sind ja freiwillig nach Libyen gegangen, um von dort ihre gefährliche Reise über das Mittelmeer anzutreten. Es liegt somit kein akuter Asylgrund vor. Auch ist das Problem ein anderes: Heute sind es 100 oder 200 Leute, die man hereinlässt. Am nächsten Tag sind es dann Tausende. Das, was die Australier mit „no way“ betitelt haben, sollte auch in Europa verankert werden.

ÖSTERREICH: Was werfen Sie den Flüchtlingen vor?

Vilimsky: Da geht es nicht um Schutz nach der Genfer Konvention, sondern um eine Flucht in ein besseres Leben. Das kann ich niemandem verwehren, aber es muss Regeln geben.

Vilimsky
© APA/ Punz
× Vilimsky

 

Karas: "Europa will keine gemeinsame Lösung"

ÖSTERREICH: Die EU konnte sich bisher zu keiner Lösung für die Flüchtlinge auf der „Diciotti“ durchringen. Selbst Österreich stimmte dagegen.

Othmar Karas: Das ist eine politisch und menschlich sehr traurige und beklemmende Situation. Ein neuer­licher Beweis dafür, dass die Mitgliedstaaten der EU nicht fähig sind zu einer gemeinsamen Lösung. Sie haben auch nicht den politischen Willen, eine gemeinsame Migrations­politik zu entwickeln. Sie sind auch nicht willens, einen europäischen Solidaritätsmechanismus in der Flüchtlingsfrage zu schaffen. Daher wird der Druck auf den österreichischen Migrationsgipfel am 20. September auch immer größer. Dieser Gipfel kommt aber für die Flüchtlinge auf der „Diciotti“ deutlich zu spät.

ÖSTERREICH: Woran scheitert eine gemeinsame Lösung?

Karas: Was mich am meisten bedrückt, ist die Tatsache, dass parteipolitische und innenpolitische Taktik höher gewertet wird als Menschenleben. Ohne eine gemeinsame europäische Lösung ist diese Herausforderung einfach nicht zu bewältigen.

Othmar Karas
© APA

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.