Laut Prognose

Polen-Wahl: Opposition liegt vorn

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Bei der Parlamentswahl in Polen hat sich am Sonntag ein Sieg der Opposition abgezeichnet.

Die Bürgerkoalition (KO) von Ex-Regierungschef Donald Tusk und zwei kleinere Oppositionsparteien lagen zusammen vor dem rechten Lager um die regierende PiS, wie aus einer Nachwahlbefragung am Sonntagabend hervorging. Tusk erklärte sich umgehend zum Wahlsieger. Der polnische Präsident wird wahrscheinlich zunächst die PiS als stimmenstärkste Partei mit der Regierungsbildung beauftragen.

Tusk: "Polen hat gesiegt"

"Polen hat gesiegt. Die Demokratie hat gesiegt. Wir haben sie (die PiS) von der Macht entfernt", rief Tusk aus. "Noch nie in meinem Leben war ich so glücklich, Zweiter zu sein", sagte der frühere EU-Ratspräsident in einer ersten Reaktion.

PiS-Chef Jaroslaw Kaczynsky sagte in einer ersten Reaktion, es sei "noch nicht klar", ob seine Partei eine weitere Legislaturperiode regieren könne. Es gelte, den Verlauf des Wahlabends abzuwarten. Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wollte die Flinte am Wahlabend noch nicht ins Korn werfen. Sollte Präsident Andrzej Duda ihm die "Chance" dazu geben, "werden wir versuchen, eine stabile Regierung zu bilden", sagte Morawiecki.

Duda werde höchstwahrscheinlich der Partei, die die meisten Stimmen erhalten hat, also der regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), den Zuschlag für die Regierungsbildung geben, sagte seine Beraterin Malgorzata Paprocka am späten Sonntagabend. Auf die Frage eines Privatsenders, ob die PiS mit der Regierungsbildung beauftragt werde, sagte sie: "So sieht es heute aus, wenn man sich die Artikel der Verfassung und die Tradition ansieht."

Tusk war bereits polnischer Regierungschef

Tusk war bereits von 2007 bis 2014 polnischer Regierungschef, ehe er EU-Ratspräsident wurde. Unter der Nachfolgeregierung der rechtskonservativen PiS hat sich das Verhältnis zwischen Polen und der Europäischen Union massiv verschlechtert. Kritiker werfen der PiS vor, seit der Amtsübernahme 2015 die Unabhängigkeit von Gerichten und Medien untergraben zu haben. Deswegen hat die EU für Polen bestimmte Mittel im Umfang von rund 110 Milliarden Euro eingefroren. Tusk hat eine Normalisierung des Verhältnisses zu Brüssel angekündigt und will auch das von der PiS verschärfte Abtreibungsrecht liberalisieren.

Laut der Prognose entfallen 248 der 460 Parlamentssitze auf die Bürgerkoalition (KO), die Mitte-Rechts-Partei "Dritter Weg" sowie die sozialdemokratische Linke. Die bisher mit absoluter Mehrheit regierende PiS und die rechtsextreme Konföderationspartei kommen demnach zusammen nur auf 212 Mandate.

Mit 200 Mandaten bleibt die PiS stärkste Kraft im polnischen Parlament (Sejm), doch kommt für sie nur die ultrarechte Konfederacja mit zwölf Sitzen infrage. Diese blieb unter ihren Erwartungen, nachdem sie im Wahlkampf versucht hatte, den wachsenden Unmut von Polen über die Ukraine-Politik auszuschlachten. Tusks KO wird der Prognose zufolge 163 Mandate im neuen Parlament haben, der "Dritte Weg" 55 und die Linke 30.

Wahl-Beteiligung in Rekordhöhe

Bei der Wahl zeichnete sich auch eine Beteiligung in Rekordhöhe ab Sie dürfte über 70 Prozent liegen, wobei der Zulauf in urbanen Zentren und unter den Auslandspolen ungewöhnlich hoch war. Wie die polnische Wahlbehörde mitteilte, war die Beteiligung wahrscheinlich die höchste bei einer Wahl seit dem Ende des Kommunismus im Jahr 1989.

Die Prognose zeigte auch, dass die Polen dem manipulativen Vierer-Referendum der PiS-Regierung die rote Karte zeigten. Die Beteiligung an der Volksabstimmung, bei der unter anderem eine Suggestivfrage über die Aufnahme von Migranten durch Polen "beantwortet" werden sollte, scheiterte klar am Beteiligungsquorum von 50 Prozent und war damit ungültig. Nur rund 40 Prozent der Stimmberechtigten machten bei dieser Farce mit.

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