Der vom türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan als "Staatsfeind Nr. 1" angesehene Prediger Fethullah Gülen ist tot.
Der 83-jährige muslimische Geistliche sei am Sonntagabend in einem Krankenhaus im US-Bundesstaat Pennsylvania gestorben, erklärte der Vorsitzende der Berliner Stiftung Dialog und Bildung, Ercan Karakoyun, am Montag. Die Bewegung von Gülen wird von Ankara für den Putschversuch von 2016 verantwortlich gemacht und als Terror-Organisation eingestuft.
Zuvor hatten türkische Medien über den Tod des islamischen Predigers berichtet. Auch der türkische Außenminister Hakan Fidan bestätigte den Tod. "Der Anführer dieser dunklen Organisation ist gestorben", sagte Fidan in Ankara.
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Im Juli 2016 wurden beim Versuch von Teilen des Militärs, die Macht zu ergreifen, rund 250 Menschen getötet. Seither wurde die Hizmet-Bewegung Gülens in der Türkei massiv verfolgt. Gülen, der seit 1999 im selbst gewählten Exil in den USA lebte, hat eine Beteiligung an dem Putschversuch stets bestritten. Auch westliche Geheimdienste wie der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) gingen davon aus, dass Gülen nicht an dem Putsch beteiligt war und seine Bewegung nicht als terroristisch einzustufen ist. In einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" sagte BND-Chef Bruno Kahl 2017, die Türkei habe den deutschen Auslandsnachrichtendienst nicht überzeugen können, dass Gülens Bewegung islamistisch-extremistisch oder gar terroristisch sei. Vielmehr handle es sich um eine "zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung".
Gülens Anhänger streben Verbreitung eines gemäßigten Islams an
Gülens Anhänger streben nach eigenen Angaben die Verbreitung eines gemäßigten Islams an und fördern ein westliches Bildungssystem, freie Märkte und Kommunikation zwischen den Religionen. Kritiker wie die deutsch-türkische Sozialwissenschaftlerin und Islamkritikerin Necla Kelek bescheinigen ihnen indes eine "zutiefst reaktionäre Denkweise" und werfen ihnen vor, nur zum Schein eine liberale Lesart des Islam zu vertreten.
Gülen war einst ein enger Verbündeter Erdogans und dessen konservativer Partei AKP, doch sie zerstritten sich. Die Spannungen zwischen beiden eskalierten im Dezember 2013, als Korruptionsermittlungen gegen Minister und Beamte aus dem Umfeld Erdogans ans Licht kamen. Staatsanwälte und Polizisten aus der Hizmet-Bewegung galten weithin als diejenigen, die hinter den Ermittlungen standen. 2014 wurde ein Haftbefehl gegen Gülen erlassen, zwei Jahre später wurde seine Bewegung als terroristische Vereinigung eingestuft. Die Türkei forderte von den USA mehrfach die Auslieferung des Predigers.
Erdogan bezeichnete Gülens Netzwerk als Verräter
Kurz nach dem Putsch 2016 bezeichnete Erdogan Gülens Netzwerk als Verräter und Krebsgeschwür und schwor, es auszurotten. Hunderte mit Gülen verbundene Schulen, Unternehmen, Medien und Vereine wurden geschlossen und Vermögenswerte beschlagnahmt. Mindestens 77.000 Menschen wurden festgenommen und 150.000 Staatsbedienstete suspendiert, darunter Lehrer, Richter und Soldaten. Gülen selbst verurteilte den Putschversuch auf das Schärfste. "Für jemanden, der in den vergangenen fünf Jahrzehnten unter mehreren Militärputschen gelitten hat, ist es eine besondere Beleidigung, beschuldigt zu werden, in irgendeiner Verbindung zu einem solchen Versuch zu stehen", erklärte er.
Gülen wurde 1941 in einem Dorf in der osttürkischen Provinz Erzurum geboren. Als Sohn eines Imams studierte er seit seiner Kindheit den Koran. 1959 wurde Gülen selbst zum Imam einer Moschee in der nordwestlichen Stadt Edirne ernannt. In den 1960er Jahren erlangte er als Prediger in der westlichen Provinz Izmir Bekanntheit, wo er Studentenwohnheime einrichtete und in Teehäusern predigte. Diese Wohnheime waren der Beginn eines informellen Netzwerks, das sich im Laufe der folgenden Jahrzehnte in Bildungs-, Wirtschafts-, Medien- und Staatsinstitutionen ausbreitete und seinen Anhängern großen Einfluss verlieh.
Gülens Bewegung ist auch in Österreich präsent
Die "Hizmet" (Dienst)-Bewegung Gülens ist auch in Österreich präsent, mit einer Reihe von Institutionen und Einrichtungen wie der "Hizmet-Gemeinschaft" in Wien, dem Wiener Institut für Dialog und Frieden (WIDF) oder dem Linzer Bildungsinstitut "Phönix". Auf ihrer Webseite bekennt sich die "Hizmet-Gemeinschaft" zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und zu Werten wie Dialog und Toleranz. Auch eine Reihe weiterer Schulen, Bildungseinrichtungen und Vereinen an verschiedenen Orten in Österreich sollen zumindest von der Gründungsidee her der Hizmet-Bewegung nahestehen, wobei mehrere dies nicht offen auf ihren Webseiten erwähnen.