Frankreich

Sozialisten in Vorwahl-Finale versöhnlich

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Parteichefin Aubry will nach "Prügelei" gemeinsam Ergebnis  feiern

Nach einer heftigen Medienschlacht in den vergangenen Tagen herrscht bei den französischen Sozialisten (PS) vor der Stichwahl zur Kür ihres Präsidentschaftskandidaten nun wieder Eintracht. "Die Vorwahl ist ein bisschen wie Rugby: Zuerst prügelt man sich, danach feiert man zusammen", sagte sozialistische Parteichefin Martine Aubry, die am morgigen Sonntag gegen den Favoriten Francois Hollande antritt. Zuvor trifft die französische Nationalmannschaft am Samstag im Rahmen der Rugby-Nationalmannschaft auf Wales. Durch den Sieg könnte sich Frankreich für das Finale qualifizieren.

 "Man muss am Ende dieses Vorwahlkampfs ruhig bleiben. Die Franzosen müssen glücklich wählen gehen, mit ihrem Herzen, ihrem Verstand und ihren Überzeugungen", sagte Aubry in einer versöhnlichen Note, nachdem sie Hollande in den vergangenen Tagen als Vertreter der "laxen Linken" kritisiert und ihm vorgeworfen hatte, den "Wortschatz der Rechten" zu verwenden.

Vor dem Votum wurde mit einem Sieg Hollandes gerechnet. Im ersten Durchgang hatte er 39 Prozent der Stimmen erhalten, neun Prozentpunkte mehr als Aubry. Überdies schlugen sich vier weitere Bewerber, die im ersten Durchgang des parteiinternen Wahlgangs scheiterten, auf die Seite von Holland.

Beobachter attestierten den beiden Kandidaten große Unterschiede in Charakter, Persönlichkeit und Gemüt. Die ehemalige Arbeitsministerin Aubry ist in Frankreich als Erfinderin der 35-Stunden-Woche bekannt. Die 62-Jährige strich vor allem ihre große Erfahrung, ihre Charakterstärke, ihre Treue zu linken Ideen und ihre Verankerung in der Parteibasis hervor.

Ihr 57-jähriger Konkurrent zeigte sich hingegen versöhnlich, kompromissbereit, diplomatisch. Er versuchte, Verweise von Kommentatoren auf seine mangelnde Regierungserfahrung durch das Argument der politischen Erneuerung wettzumachen. So betonte er am Freitag, dass er den ehemaligen PS-Favoriten und ehemaligen IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn, der sich wegen der Anschuldigung sexueller Übergriffe aus dem Rennen zurückziehen musste, nicht in seine Regierungsmannschaft aufnehmen würde.

Abgesehen vom Unterschieden im Stil gelang es Aubry und Hollande allerdings nach Meinung vieler Beobachter nicht, sich politisch voneinander abzugrenzen. Beide gehören derselben Generation an, sie studierten beide in der elitären Kaderschmiede ENA, sie sind beide gemäßigt und überzeugte EU-Befürworter.

Auch können beide Politiker auf die selben Mentoren verweisen, den ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten Jacques Delors, dem Vater von Aubry, sowie den ehemaligen sozialistischen Premierminister Lionel Jospin (1997-2002), der Hollande die Führung der PS anvertraute und Aubry als Nummer zwei und Arbeitsministerin in seine Regierung holte.

Benachteiligt wurde Aubry von Anfang an durch den Umstand, dass sie erst dann in das Rennen um die Präsidentschaft eintrat, als der von ihr unterstützte Kandidat Strauss-Kahn zurücktreten musste. Ihr Widersacher hatte hingegen schon Monaten zuvor seine Absicht einer Kandidatur angekündigt. Daraufhin sah sich die PS-Chefin zu einem beinahe unmöglichen politischen Spagat gezwungen: Sie hatte mit Strauss-Kahn den wirtschaftsliberalen Flügel der PS unterstützt und wollte sich als Konkurrentin Hollandes dann in der Linken der Partei verankert sehen. Die 2,66 Millionen Franzosen, die sich vergangenen Sonntag am ersten Durchgang der Vorwahl beteiligt hatten, schienen nicht von der Aufrichtigkeit dieser politischen Verwandlung überzeugt zu sein.
 

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