Die "Moskwa" war nach einer Explosion offenbar nicht mehr zu retten
Russland hat im Ukraine-Krieg sein wichtigstes Kriegsschiff verloren. Der Raketenkreuzer "Moskwa" sei untergegangen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Donnerstagabend mit. Das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte habe bei starkem Seegang seine "Stabilität" verloren, während man es abschleppte. Moskau hatte zuvor eine Explosion auf dem Schiff bestätigt. Die Ukraine behauptete, die "Moskwa" am Donnerstag mit zwei Anti-Schiff-Raketen getroffen zu haben.
Russland hatte die Treffer dementiert und stattdessen von der Detonation von Munition an Bord gesprochen. Das Schiff hat eine Besatzung von rund 500 Mann und spielte eine wichtige Rolle für seegestützte Raketenangriffe auf die Ukraine. Noch am Donnerstagvormittag hatte die russische Armee betont, dass das Feuer eingedämmt werden konnte und das Kriegsschiff zum Hafen zurückgeschleppt werde. Die Besatzung sei vollständig auf andere Schiffe in der Gegend evakuiert worden. Die wichtigsten Waffen der "Moskwa" seien nicht beschädigt worden, das Schiff laufe auch nicht Gefahr zu sinken, hieß es. Das Schiff hat eine Tonnage von 12.500. Seit dem Zweiten Weltkrieg ist kein so großes Kriegsschiff mehr untergegangen.
Symbolische Wirkung
Das Kommandoschiff ist für Russland von großer symbolischer Bedeutung, da es neben seinem militärischen Nutzen immer wieder auch für diplomatische Zwecke genutzt wurde. Entworfen wurde der Raketenkreuzer der Atlant-Klasse als Zerstörer von Flugzeugträgern. 1983 wurde er zu Sowjetzeiten unter dem Namen "Slawa" (Ruhm) in Betrieb genommen. Das 186 Meter lange Kriegsschiff, das im Mai 1995 in "Moskwa" (Moskau) umbenannt wurde, war mit 16 Seezielflugkörpern vom Typ Basalt/Wulkan - der Marineversion der Langstreckenraketen vom Typ S-300 - und Osa-Kurzstreckenraketen ausgerüstet. Es verfügte zudem über Raketenwerfer und Torpedos.
Erstmals in einem bewaffneten Konflikt kam das Schiff in Georgien im August 2008 zum Einsatz. Nachdem sich Russland auf der Seite des Machthabers Bashar al-Assad in den Syrien-Krieg einschaltete, wurde die "Moskwa" zwischen September 2015 und Jänner 2016 im östlichen Mittelmeer eingesetzt. Dort sicherte sie nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums den russischen Luftwaffenstützpunkt Hmeimim in Syrien ab.
Seit dem 24. Februar war der Raketenkreuzer auch an der russischen Offensive gegen die Ukraine beteiligt. Zu Beginn des Konflikts hatte das Schiff die nahe der rumänischen Grenze gelegene ukrainische Schlangeninsel attackiert. Der Funkverkehr mit den ukrainischen Grenzschützern auf der Insel ging viral: Auf die Aufforderung, sich zu ergeben, antworteten die Grenzwächter, "Fickt euch!". Kurz darauf beschossen die "Moskwa" und das Schiff "Wassili Bykow" die Insel, die ukrainischen Soldaten wurden gefangen genommen.
Ukraine meldet Erfolge
Die Ukraine berichtete am Donnerstag von weiteren Erfolgen gegen die Invasoren. So seien acht russische Angriffe in den östlichen Regionen Donezk und Luhansk abgewehrt worden. Zudem sei es gelungen, die Verteidigung der südukrainischen Stadt Krywyj Rih zu festigen. Die Front sei um 40 bis 50 Kilometer von der Großstadt weggedrängt worden, teilte der regionale Militärchef Olexander Wilkul laut der Agentur Ukrinform mit. Die Ukraine meldete zudem die Befreiung von mehreren Orten in der Südukraine. Fallschirmjäger aus Lwiw hätten dem Gegner "bedeutende Verluste" zugefügt, woraufhin sich die Besatzer zurückgezogen hätten, meldete Ukrinform am Donnerstag unter Berufung auf die Armee.
Russland zerstörte laut der Nachrichtenagentur Interfax in den vergangenen 24 Stunden sieben Militäreinrichtungen in der Ukraine. Dazu gehöre ein Depot für Raketenartillerie, hieß es unter Berufung auf das russische Verteidigungsministerium. Eigenen Angaben zufolge beschossen die russischen Truppen auch einen Flugplatz der ostukrainischen Millionenstadt Dnipro beschossen. Dabei seien in der Nacht ein Kampfflieger vom Typ MiG-29, ein Hubschrauber Mil Mi-8 sowie eine Kampfdrohne vom Typ Bayraktar zerstört worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow, am Donnerstagvormittag. Darüber hinaus seien zwei Waffenlager in den Gebieten Odessa und Donezk attackiert worden.
Konaschenkow erklärte außerdem, dass sich in der schwer umkämpften Hafenstadt Mariupol mittlerweile 1.160 ukrainische Soldaten ergeben und in russische Gefangenschaft begeben hätten. Die Ukraine wies dies zurück und gab sich aller Evidenz zum Trotz siegessicher. "Mariupol war, ist und bleibt eine ukrainische Stadt", sagte Bürgermeister Wadym Bojtschenko am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Die angebliche Kapitulation der ukrainischen Kämpfer nannte er "Falschnachrichten". Der Politiker ist selbst nicht in der Stadt, soll aber noch in der Ukraine sein.
Russische Behörden meldeten indes mehrere Angriffe der Ukraine auf ihr Staatsgebiet. Zwei Kampfhubschrauber hätten aus geringer Höhe Wohngebäude in dem Dorf Klimowo in der Region Brjansk beschossen, hieß es in einer Erklärung des russischen Investigativkomitees. Dabei seien sieben Personen verletzt worden. Der Gouverneur der Region Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow, schrieb seinerseits auf Telegram, das Dorf Spodarjuschino sei beschossen worden. Es habe keine Verletzten gegeben. Später berichtete er von einem weiteren Angriff auf das Dorf Schurawljowka. Dabei sein Wohngebäude attackiert worden. Ob es Verletzte gegeben habe, sei zunächst unklar. Kiew wies die Angaben zurück. Moskau inszeniere solche "Terroranschläge", um eine "anti-ukrainische Hysterie" im Land zu schüren.
Bei einem erneuten Gefangenenaustausch mit Russland sind nach Angaben Kiews 30 ukrainische Kriegsgefangene freigelassen worden. "Fünf Offiziere und 17 Militärangehörige wurden ausgetauscht. Auch acht Zivilisten, darunter eine Frau, wurden freigelassen", erklärte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Donnerstag. Am Abend berichtete Wereschtschuk zudem, dass am Donnerstag 2.557 Menschen über humanitäre Korridore aus belagerten Orten evakuiert werden konnten, darunter 289 aus Mariupol.
Während der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, am Donnerstag den Erhalt von Berichten über weitere Verbrechen in der Ukraine verkündete, veröffentlichte der Regionalgouverneur von Charkiw, Oleg Synegubow, eine neue Bilanz über die getöteten Zivilisten in der umkämpften Grenzregion zu Russland. Demnach wurden seit 24. Februar 503 Zivilisten in der Region getötet, darunter 24 Kinder. Allein in den vergangenen 24 Stunden habe es 34 Angriffe in der Region um die gleichnamige zweitgrößte Stadt der Ukraine gegeben, sagte Synegubow in einem Video. Dabei sei ein Mensch getötet und acht weitere verletzt worden.