Ukriane-Krise

Russische Soldaten im Mariupoler Stahlwerk

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Russische Truppen sind nach Darstellung der Ukraine auf das Gelände des belagerten Asowstal-Stahlwerks in Mariupol vorgedrungen.

 "Mit Unterstützung der Luftwaffe hat der Gegner seinen Angriff mit dem Ziel erneuert, das Fabrikgelände unter seine Kontrolle zu bringen", teilte der ukrainische Generalstab am Donnerstag mit. Man stehe weiter in Kontakt mit den Verteidigern, sagt ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj dem Sender Radio Free Europe.

In dem Stahlwerk haben neben den ukrainischen Kämpfern Schätzungen zufolge auch noch bis zu 200 Zivilisten Zuflucht gesucht. Für die nächsten Tage hat Russland eine tägliche, auf mehrere Stunden begrenzte Feuerpause angekündigt, damit diese Menschen sich in Sicherheit bringen können.

Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte zuvor gesagt, dass die Blockade des Stahlwerks fortgesetzt werde. Präsident Wladimir Putin hatte befohlen, das große Stahlwerksgelände hermetisch abzuriegeln und auf eine Erstürmung zu verzichten. Zuletzt hatte es aber immer wieder Berichte über russische Angriffe auf das Werk gegeben. Am Wochenende ließ der Aggressor erstmals größere Evakuierungen von Zivilisten aus dem Stahlwerk in Richtung ukrainisch gehaltenes Territorium zu. Beobachter sahen darin ein Zeichen, dass Russland eine Erstürmung des Geländes vorbereiten könnte.

Am Mittwochabend kündigte Russland an, am 5., 6. und 7. Mai humanitäre Korridore für die Evakuierung von Zivilisten aus dem Stahlwerk zu öffnen. Parallel dazu sollen jeweils zwischen 8.00 und 18.00 Uhr Moskauer Zeit die Waffen schweigen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hofft auf weitere erfolgreiche Evakuierungsaktionen für Zivilisten aus Mariupol. Die ukrainische Seite werde die dafür notwendigen Feuerpausen einhalten, sagte er am Mittwoch in seiner abendlichen Videobotschaft aus Kiew. "Wir hoffen, weiterhin Menschen aus Asowstal, aus Mariupol retten zu können", sagte Selenskyj. Der Präsident berichtete von einem Telefonat mit UNO-Generalsekretär António Guterres über die Evakuierungen. Sie finden unter Vermittlung der Vereinten Nationen und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz statt.

Gespannt bleibt die Lage auch an anderen Frontabschnitten im Donbass. Demnach stehen die ukrainischen Truppen vor Donezk unter schwerem Beschuss von Artillerie und Luftwaffe. Das russische Militär versucht, weiter Angriffe auf die Städte Liman, Popasna und Sewerodonezk zu initiieren. Eigenen Angaben nach konnten die Ukrainer die Angriffe abwehren.

In der ostukrainischen Region Luhansk sind nach Angaben des dortigen Gouverneurs in den vergangenen 24 Stunden fünf Zivilisten durch russischen Beschuss getötet worden. Der Beschuss habe sich auf vier Ortschaften konzentriert, teilt Serhij Gaidai weiter mit.

Einen Erfolg meldete der Generalstab von der Südfront: Demnach sei es dort gelungen, dem Gegner die Kontrolle über mehrere Ortschaften an der Grenze zwischen den Gebieten Cherson und Mykolajiw zu entreißen. Details und Ortsnamen nannte die Kiewer Militärführung dabei nicht. Von unabhängiger Seite ließen sich die Angaben nicht überprüfen.

Russland soll nach Angaben Kiews am Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland am 9. Mai eine Militärparade im weitgehend eroberten Mariupol planen. Der stellvertretende Leiter der Moskauer Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko, sei in Mariupol eingetroffen, um die Feierlichkeiten vorzubereiten, teilte der ukrainische Militärgeheimdienst am Mittwoch mit. Mariupol solle nach den Plänen Moskaus ein Zentrum der "Feierlichkeiten" am 9. Mai werden. Die zentralen Straßen der Stadt würden derzeit "von Trümmern, Leichen und nicht explodierten Sprengkörpern gesäubert".

"Eine groß angelegte Propagandakampagne ist im Gange", erklärte der ukrainische Militärgeheimdienst weiter. "Den Russen sollen Geschichten über die 'Freude' der Einheimischen über das Zusammentreffen mit den Besatzern gezeigt werden." Am 9. Mai feiert Russland traditionell den Sieg über Nazi-Deutschland mit einer Militärparade und einer Rede von Kreml-Chef Putin auf dem Roten Platz in Moskau.

Der russische Angriffskrieg auf das Nachbarland dauert bereits seit Ende Februar. Große Teile nördlich und nordwestlich der Hauptstadt Kiew waren einen Monat lang von russischen Truppen besetzt. Der Fund von Leichen in Städten wie Butscha - einige der Toten hatten die Hände gefesselt - sorgte weltweit für Entsetzen. Moskau dementiert, dafür verantwortlich zu sein. Die Vereinten Nationen beziffern nach mehr als zwei Monaten Krieg die Gesamtzahl der getöteten Zivilisten auf zumindest 3.200. Sie gehen aber von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus.

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