Nach monatelangem Zögern wegen der Ausladung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier will der deutsche Kanzler Olaf Scholz noch im Juni nach Kiew reisen.
Dies berichtet die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf italienische und französische Regierungskreise. Scholz werde mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Premier Mario Draghi in die Hauptstadt der Ukraine fahren. Offizielle Bestätigung gab es zunächst keine.
Ein Sprecher der deutschen Bundesregierung wollte den Bericht am Samstagabend nicht kommentieren. Aus Macrons Elyseé Palast in Paris hieß es: "Nein, wir bestätigen diese Information nicht." Aus dem Élyséepalast hieß es bereits am Freitag, Macron stehe für einen Besuch in der Ukraine zwar zur Verfügung, konkrete Reisepläne und Daten gebe es aber noch nicht.
Die Reise sei vor dem G7-Gipfel (26. bis 28. Juni) geplant, hieß es in dem Zeitungsbericht. Demnach sollen Paris und Berlin schon länger über einen gemeinsamen Kiew-Besuch verhandelt haben. Macron habe aber erst nach den französischen Parlamentswahlen am 12. und 19. Juni fahren wollen. Als Dritten im Bunde den italienischen Regierungschef mitzunehmen, soll eine Idee aus Frankreich gewesen sein. Scholz, Macron und Draghi wollen mit ihrer Reise ein Zeichen der europäischen Einigkeit setzen. Die Ukraine hofft, dass die EU sie bei ihrem Gipfeltreffen am 23. und 24. Juni zum EU-Beitrittskandidaten erklärt.
Zahlreiche EU-Regierungschefs, darunter Anfang April auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), haben der Ukraine bereits Besuche abgestattet. Scholz ließ den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj demonstrativ warten, nachdem er im April den deutschen Präsidenten Steinmeier ausgeladen hatte. Somit waren Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Außenministerin Annalena Baerbock die beiden höchsten deutschen Staatsvertreterinnen in Kiew.
Nachdem die Irritationen um Steinmeier ausgeräumt wurden, verwies Scholz darauf, dass es ihm bei einer Ukraine-Reise nicht um Symbole, sondern um Inhalte gehe. "Ich werde nicht mich einreihen in eine Gruppe von Leuten, die für ein kurzes Rein und Raus mit einem Fototermin was machen. Sondern wenn, dann geht es immer um ganz konkrete Dinge."
Scholz schloss am Samstag eine Tour durch fünf Balkanländer in Sofia ab. Dort warb er für eine raschere Annäherung der Staaten der Region an die Europäische Union. Positiv äußerte er sich zu den jüngsten Kiew-Reisen unter anderem der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie der deutschen Minister Karl Lauterbach und Cem Özdemir. "Diese Reisen begrüße ich alle." Auf die Frage, ob und wann er selbst die Ukraine besuchen werde, antwortete er nicht.
Deutschland spielt eine Schlüsselrolle für die militärische und wirtschaftliche Unterstützung der Ukraine gegen die russische Aggression. In Kiew wird beklagt, dass Unterstützungsankündigungen aus Berlin bisher kaum Taten gefolgt sind.