Euthanasie-Debatte

Fall Eluana: Berlusconi kämpft gegen die Zeit

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Ministerpräsident Berlusconi kämpft gegen die Zeit, damit die künstliche Ernährung für die Koma-Patientin Eluana nicht beendet wird.

Nachdem sein Ministerrat am Freitag einstimmig eine Eilverordnung verabschiedet hatte, der zufolge die künstliche Ernährung für die Koma-Patientin nicht unterbrochen werden darf, legte die Regierung dem Senat (zweite Parlamentskammer) einen Gesetzesentwurf vor, über den bereits am kommenden Montag abgestimmt werden soll. Damit will Berlusconi der Familie Englaro verbieten, die künstliche Ernährung für die 38-jährige Patientin einzustellen. "Das Parlament könnte in kürzester Zeit, in maximal zwei oder drei Tagen, über diesen Gesetzesentwurf abstimmen", sagte Berlusconi.

Massiver Konflikt zwischen Institutionen
Die Initiative der Regierung droht nun zu einem massiven Konflikt zwischen den Institutionen zu führen. Regierungschef Berlusconi stellt sich mit seinem in aller Eile verabschiedeten Gesetzesentwurf frontal gegen das Justizsystem. Die Familie Englaro hatte im November 2008 vom Höchstgericht in Rom das Recht zugesprochen bekommen, die künstliche Ernährung für die Patientin zu beenden. Staatspräsident Giorgio Napolitano hatte sich am Freitag geweigert, die von der Regierung Berlusconi erlassene Eilverordnung zu unterzeichnen, da sie nicht verfassungskonform sei. Sie widerspreche dem Urteil des Höchstgerichts.

Menschenleben retten
Berlusconi verteidigte am Samstag seine Intervention. "In diesem Fall stehen einander zwei unterschiedliche Kulturen gegenüber: Einerseits die Kultur der Wahrheit und des Lebens, andererseits die Kultur des Etatismus und des Todes. Wir sind für Wahrheit und Leben", sagte Berlusconi. Er habe die Eilverordnung verabschiedet, um "ein Menschenleben zu retten".

"Ärzte sollen Menschenleben retten, ich verstehe nicht, wie sie eine Grausamkeit begehen können, wie einem menschlichen Organismus Wasser und Nahrung zu entziehen. Ich begreife nicht, warum man es so eilig hat. Ich bin wirklich überrascht", sagte der Ministerpräsident. Er kritisierte Napolitano, der die Eilverordnung nicht unterzeichnet habe. Der Staatschef könne nicht ignorieren, dass Eluanas Tod ein Präzedenzfall von Euthanasie in Italien bedeuten würde.

Katholische Kirche für Berlusconi
Berlusconis Initiative wurde von der katholischen Kirche begrüßt. Der Chef der italienischen Bischofskonferenz CEI, Kardinal Angelo Bagnasco, warnte davor, dass die Beendigung der künstlichen Ernährung für die italienische Koma-Patientin Eluana Englaro einer "Tötung" gleichkommen würde. Dies würde in Italien die Tore der Euthanasie öffnen. "Italien erlebt eine dunkle Zeit", schrieb Bagnasco in einem Kommentar für die katholische Tageszeitung "L'Avvenire" am Samstag.

Vittorio Angiolini, Rechtsanwalt der Familie Englaro, betonte, dass die Familie trotz des politischen Konflikts um Eluanas Schicksal auf ihrem Weg beharre. Am Samstag wurde Ernährung und die Flüssigkeitsversorgung der Patientin ganz eingestellt, nachdem sie am Freitag reduziert worden war. Eluana, die seit einem Autounfall vor 17 Jahren im Koma liegt, befindet sich seit Montag in einer Klinik in der nordostitalienischen Stadt Udine, die ihr ein ärztliches Team zur Verfügung gestellt hat, um sie in den Tod zu begleiten. Der Vater der Frau, der aus Udine stammende Beppino Englaro, kämpft seit zehn Jahren für das Sterberecht seiner Tochter.

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