Der Pontifex kritisiert die US-Bischöfe wegen deren Umgang mit pädophilen Priestern. Den Irak-Krieg sprach er nicht an, er forderte mehr Diplomatie.
Papst Benedikt XVI. hat die Bischöfe in den USA wegen ihres Umgangs mit den Pädophilieskandalen der vergangenen Jahrzehnte kritisiert. Sie seien mit dem Problem pädophiler Priester "manchmal sehr schlecht umgegangen", sagte der Papst am Mittwoch bei einem Treffen mit Bischöfen in Washington.
Kritik an Pornographie
Zugleich rief er dazu auf, "die
Sünde des Missbrauchs in den breiteren Kontext sexueller Sitten"
zu stellen. "Wie kann man vom Schutz des Kindes sprechen, wenn
Pornografie und Gewalt über die weit verbreiteten Medien in so vielen
Haushalten gesehen werden", sagte der Pontifex maximus, der am Dienstag
in den USA eingetroffen war. Stattdessen sollten jene Werte aufgewertet
werden, "die die Gesellschaft stärken", sagte Benedikt XVI.
Entschlossene Antwort gegen Kindesmissbrauch gefordert
Der Papst
verurteilte Priester, die Kinder sexuell missbrauchen, als "ernsthaft
unmoralisch", warnte aber auch, dass die Geißel der Pädophilie "nicht
nur in unseren Diözesen, sondern in jedem Gesellschaftsbereich" zu
finden sei. Erforderlich sei "eine entschlossene, gemeinschaftliche
Antwort", sagte das Kirchenoberhaupt. Zu möglichen Strafmaßnahmen des
Vatikans gegen pädophile Priester wie einen Ausschluss aus der Kirche sagte
der Papst jedoch nichts. Stattdessen lobte er die Maßnahmen der Katholischen
Kirche in den USA, die allein im vergangenen Jahr rund 400 Millionen Dollar
(251 Mio. Euro) Entschädigung an Missbrauchsopfer zahlte.
Skandalserie in den USA
Die Skandalserie um Kindesmissbrauch und
kirchliche Vertuschung stürzte die Katholische Kirche in den USA in ihre
bisher tiefste Krise. Bereits auf dem Flug nach Washington am Dienstag
äußerte der Pontifex maximus im Gespräch mit Journalisten "tiefe
Scham" über die Missbrauchsskandale. Der Papst werde sich dem heiklen
Thema stellen, verlautete schon im Vorfeld aus dem Vatikan.
Missbrauchsopfer und Kirchenkritiker sind enttäuscht, dass der Papst nicht die besonders getroffene Diözese Boston besucht. Der dortige Erzbischof hatte 2002 mit dem Geständnis, einen pädophilen Priester trotz Vergehen an Kindern geschützt zu haben, die Skandalwelle losgetreten. Tausende Katholiken meldeten sich überall im Land und berichteten von sexuellem Missbrauch durch Priester. Bischöfe gerieten unter Verdacht, die Täter gedeckt zu haben. Manche Gemeinden mussten seither Kirchen verkaufen, um Schadenersatzklagen zu bewältigen.
Bush empfängt Papst am Flughafen
US-Präsident George W.
Bush, seine Frau Laura und seine Tochter Jenna empfingen den Kirchenführer
am Dienstag auf dem Luftwaffenstützpunkt Andrews nahe Washington. Es war das
erste Mal, dass der Präsident einen ausländischen Gast persönlich am
Flughafen begrüßte. Normalerweise werden Staatsgäste erst im Weißen Haus
empfangen.
Jubel zum 81. Geburtstag
Am Mittwoch, am 81. Geburtstag des
Papstes, empfing Bush den Pontifex im Weißen Haus in Washington. Tausende
jubelnde Gläubige warteten davor auf den Kirchenfürsten. Zu seinen Ehren
wurden 21 Salutschüsse abgefeuert, eine Militärkapelle spielte die Hymne des
Vatikans. Benedikt XVI. ist erst der zweite Papst überhaupt und der erste
seit 29 Jahren, der im Weißen Haus empfangen wird.
9.000 Gäste im Weißen Haus
Der Empfang im Weißen Haus
bildete den ersten Höhepunkt der USA-Reise von Papst Benedikt XVI. Zur
Begrüßung waren auf dem Südrasen (South Lawn) 9.000 Gäste geladen - mehr als
zu jedem anderen Empfang des US-Präsidenten seit dessen Amtsantritt 2001.
Religion als Grundlage für Politik
Benedikt XVI. betonte
Glaube und Religion als Grundlage für politisches Handeln. "Eine
Demokratie ohne Werte kann ihre eigene Seele verlieren", sagte er in
seiner Rede beim Empfang. Der Glaube gebe den Menschen die Kraft, "für
eine immer gerechtere und brüderliche Gesellschaft einzutreten".
Für die Amerikaner sei "der religiöse Glaube dauernde Inspiration
und treibende Kraft gewesen", etwa beim Kampf gegen die Sklaverei und
in der Bürgerrechtsbewegung.
Zugleich rief er eindringlich zur Hilfe für die Dritte Welt auf.
Irak-Invasion kein Thema
Ohne einzelne Konfliktherde wie etwa
den Irak, den Nahen Osten oder Darfur beim Namen zu nennen, rief er die USA
auf, die "geduldigen Bemühungen zur Lösung von Konflikten und zur
Förderung von Fortschritt zu unterstützen". In Washington
hieß es, auch beim anschließenden vertraulichen Gespräch im Oval Office
wolle Benedikt von sich aus das Thema Irak nicht ansprechen.
In den USA leben rund 70 Millionen Katholiken, das entspricht etwa einem Viertel der Bevölkerung. Mehr als 50 Prozent der US-Bürger sind Protestanten. Einer Umfrage der Fakultät für Theologie der Universität Georgetown zufolge sind acht von zehn US-Amerikanern mit Benedikts Amtsführung zufrieden.

Papst kam in seinen Prada-Schuhen
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UNO-Besuch am Freitag
Benedikt XVI. wird als vierter Papst die
UNO besuchen. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon sagte, er hoffe angesichts der "vielen
Herausforderungen" der heutigen Zeit auf eine "starke geistige
Unterstützung" durch den Papst. "Ich freue mich wirklich
darauf, ihn am Freitag zu treffen", so Ban am Dienstag. Bei seinen
Gesprächen mit dem Pontifex werde es unter anderem um Armutsbekämpfung, die
Millenniums-Entwicklungsziele, den Klimawandel und den Dialog zwischen den
Kulturen gehen.
Probe im Papa-Mobil
Für seine Fahrt im Papamobil bereiteten sich
die US-Behörden möglichst authentisch vor. Ein Papst-Double wurde ausgesucht
- wenngleich deutlich dicker, jünger und mit schwarzen Haaren. Am Wegesrand
wurden Beifall spendende Fans postiert, die unter "Live-Bedingungen"
dem Oberhaupt der Katholischen Kirche applaudierten. Was als reine
Trockenübung ein wenig skurril anmutet, hat einen ernsten Hintergrund: Die
Angst vor einem Anschlag auf den Papst ist enorm. Erst kürzlich tauchte ein
Video auf, in dem Osama Bin Laden den Papst bedrohte.
39.000 Cops bewachen Papst
Trotzdem soll es aber den Gläubigen
zumindest möglich sein, ihm bei seinen Fahrten mit dem Papamobil durch die
Straßen von Washington und New York zuwinken zu können. Insgesamt sollen
39.000 Cops im Einsatz sein, um die Sicherheit des Papstes zu gewährleisten
- der größte Einsatz in den USA seit dem 11. September.
Sicherheitsvorkehrungen, die berechtigt sind.