ÖSTERREICH-Reporter Herbert Bauernnebel berichtet über die erbarmungswürdigen Zustände in dem zerstörten Land.
Eine Woche lang lebte ich in der Hölle von Port-au-Prince. Nie vergessen werde ich den Überlebenswillen, die Ausdauer, die Geduld der Menschen: Stoisch hockten sie in den Parks, kochten Essensreste, gaben ihren Kindern die letzten Tropfen Flüssigkeit. Im Schutt wühlten sie nach Brauchbarem für den täglichen Überlebenskampf.
Jeden Tag kamen mir die Tränen, als ich auf den Straßen Kinder sah, die nach ihren verschollenen Eltern suchten. Sie werden ihre Familie wahrscheinlich nie wiedersehen.
Rettung
Tagelang warteten die Haitianer vergeblich auf
internationale Hilfe. Doch kein Wort der Beschwerde war zu hören, keine
„Help, Help“-Sprechchöre wie einst beim Wirbelsturm in New Orleans.
Mit einer der korruptesten Regierungen und bitterster Armut haben diese Menschen gelernt: Wir sind auf uns alleine gestellt!
Jetzt spenden
Dennoch können langfristig nur Spenden die neun
Millionen Haitianer retten. Das Ausmaß der Zerstörung wäre selbst für eine
Industrienation überwältigend: 150.000 Tote sind geborgen, vielleicht
100.000 verwesen weiter unter den Ruinen. Mit den wachsenden Müllbergen
sitzt die Zweimillionenstadt auf einer tickenden, hygienischen Zeitbombe.
Jederzeit könnten Seuchen ausbrechen.
Jeden Tag könnten tropische Regenschauer die Camps für die Obdachlosen in einen stinkenden Morast aus Müll und Kot verwandeln. Für die geplanten Zeltstädte in den Vororten sind weitere Millionen nötig. Und dann der Wiederaufbau – mit 60 Prozent zerstörten Gebäuden vielleicht der aufwendigste aller Zeiten.