Das deutsche Gericht verzichtete aber auf eine Sicherheitsverwahrung.
Der Geiselnehmer und Vergewaltiger einer schwangeren Schülerin in Solingen muss für zwölfeinhalb Jahre hinter Gitter. Das damals 16-jährige Mädchen war im vergangenen Mai auf dem Schulweg verschleppt und vier Tage lang gefangen gehalten worden, bis ihr die Flucht gelang. Mit dem Urteil ging das Wuppertaler Landgericht am Freitag über die Strafforderung der Staatsanwaltschaft von elf Jahren deutlich hinaus, sah aber rechtlich keine Möglichkeit, die Sicherungsverwahrung gegen den als sehr gefährlich eingestuften Sexualverbrecher anzuordnen.
Viermal stundenlang vergewaltigt
Das "unfasslich anmutende
Tatgeschehen" müsse rechtlich als eine Tat gewertet werden, sagte der
Vorsitzende Richter Ulrich Krege. Auch wenn dies vom Gesetzgeber sicher
nicht beabsichtigt gewesen sei, könne die Sicherungsverwahrung in diesem
Fall nicht verhängt werden. Der arbeitslose Verkäufer hatte die Schülerin
mindestens viermal
stundenlang vergewaltigt. Obwohl die Schülerin ihrem Peiniger sagte, im
vierten Monat schwanger zu sein, hatte der 29-Jährige nicht von ihr
abgelassen. Immer wieder hatte er gedroht, sie umzubringen, wenn sie nicht
leise sei. Sie gehöre ihm und er werde sie nie wieder gehen lassen.
Der psychiatrische Gutachter hatte vor dem Solinger eindringlich gewarnt und für die Sicherungsverwahrung plädiert: Er habe die Tat genossen und sich ihm gegenüber sehr erschreckend geäußert. "Hätte ich gewusst, wie toll das ist, hätte ich so etwas schon viel früher getan", habe er gesagt- Der Mann sei ein voll schuldfähiger, schizoider Einzelgänger, der keine Reue zeige und sehr geplant handle. In seiner Wohnung im Haus seiner Eltern fanden die Ermittler ein "Drehbuch" für die Geiselnahme: Ein Porno-Film mit ähnlicher Handlung hat dem 29-Jährigen möglicherweise als Vorlage gedient.
"Justiz-Skandal"
Die Vertreterin der Nebenklage
kündigte an, den Fall vor den Bundesgerichtshof zu bringen und die
Sicherungsverwahrung dort erneut prüfen zu lassen. Die Deutsche Kinderhilfe
nannte das Urteil am Freitag in Berlin einen "Justiz-Skandal". Die Regeln
über die Sicherungsverwahrung müssten dringend reformiert werden. Auch bei
Ersttätern, von denen eine solche Gefährlichkeit ausgehe, müsse künftig die
Sicherungsverwahrung angeordnet werden können.
Der Verteidiger hatte eine Strafe von unter zehn Jahren Haft beantragt. Sein Mandant hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Seine Eltern einen Stock tiefer hatten von dem grausamen Geschehen nichts mitbekommen. Aus dem Fenster hatte der Vergewaltiger die Polizisten bei der Suche nach dem vermissten Mädchen beobachtet.
Während Konfirmationsfeier festgenommen
Weil seine Mutter
überraschend an seine Tür klopfte, um ihn zu einer Konfirmationsfeier
mitzunehmen, hatte der Arbeitslose das Mädchen nicht wie zuvor sorgfältig
mit Handschellen und Kabelbindern gefesselt, bevor er das Haus verließ. Die
Schülerin hatte sich deshalb in ihr 300 Meter entferntes Elternhaus retten
können. Ihr Peiniger wurde noch während der Feier festgenommen. Laut
Anklage hatte er der 16-Jährigen mehrfach gedroht, sie umzubringen und ihr
eröffnet: "Du gehörst mir - Du und dein Kind. Wird es ein Bub, dann töte ich
ihn. Wird es ein Mädchen, missbrauche ich auch das." Im Gericht sagte der
Vergewaltiger, er habe den Buben nicht töten, sondern in eine Baby-Klappe
legen wollen.
Eine Psychologin hatte berichtet, dass das Opfer seit der Tat betreut wird und stark traumatisiert ist. Nach wie vor könne die heute 17-Jährige nicht über Einzelheiten der Tat reden. Der 29-Jährige nahm das Urteil stoisch hin und blickte wie fast während des gesamten Prozesses starr vor sich hin.