8 Jahre nach Kursk

Unfall auf russischem Atom-U-Boot mit gut 20 Toten

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8 Jahre nach der Katastrophe auf der "Kursk" mit 120 Toten gibt es ein ähnliches Szenario auf der "Nerpa".

Bei einer schweren Havarie auf einem russischen Atom-U-Boot sind am Samstag im Japanischen Meer mindestens 20 Marineangehörige und Zivilisten ums Leben gekommen. Sie starben auf einer Testfahrt an einer Gasvergiftung, nachdem an Bord des Jagd-U-Bootes "Nerpa" (Seerobbe) das Feuerlöschsystem angesprungen war und das tödliche Gas Freon ausströmte.

Schlimmster Unfall seit der Kursk
Bei dem Unfall wurden außerdem 21 Menschen schwer verletzt. Unter den Todesopfern auf der Nerpa, die zur atomar betriebenen Jagd-U-Boot-Klasse "Hecht" (NATO-Bezeichnung "Akula-II") gehört, waren drei Marineoffiziere und 17 Zivilisten, darunter auch Konstrukteure und Techniker. Es war das schwerste Unglück seit den Torpedo-Explosionen an Bord der "Kursk", als im August 2000 alle 118 Insassen starben.

Kein Austritt von Radioaktivität
Radioaktivität soll nicht ausgetreten sein. Es ist auch keine erhöhte Radioaktivität festgestellt worden. Der Reaktor an Bord funktioniert angeblich weiterhin normal. Das Unglück ereignete sich im Bug des Bootes, nicht im Heckteil, wo die Atomanlagen sind.

Untersuchung läuft an
Das Atom-U-Boot sollte von nächstem Jahr an für zehn Jahre mit einem Leasing-Vertrag der indischen Marine zur Verfügung gestellt werden. Es legte Sonntagfrüh im Gebiet Primorje am Stützpunkt Bolschoi Kamen rund 130 Kilometer von der Basis der russischen Pazifikflotte in Wladiwostok an, um untersucht zu werden.

Rettung durch zweites U-Boot
An Bord waren insgesamt 208 Menschen gewesen, darunter 81 Marineangehörige. Bei dem Gas Freon handelt es sich um einen Kunstnamen für Difluordichlormethan, eine Kohlenwasserstoff-Verbindung, die u.a. als Kältemittel in Kühlschränken verwendet wurde. Als Feuerlöschmittel soll es den Flammen den Sauerstoff entziehen. Die Verletzten wurden mit dem U-Boot "Admiral Tribuz" in Krankenhäuser an der Küste gebracht.

Unfallsursache völlig unklar
Unklar istnoch, was das Feuerlöschsystem ausgelöst hat. In der Anlage wird ein Schaum aus verschiedenen Chemikalien eingesetzt. Sie schaltet sich im Fall von Feuer oder Rauch automatisch ein. Der Defekt könnte auf einen Programmierungsfehler oder auf falsche Bedienung zurückzuführen sein. Die Ermittler sollen auch klären, warum die Insassen die Atemschutzgeräte nicht getragen haben. An Bord waren über 220 tragbare Atemgeräte.

Schiffsbauer verantwortlich?
Experten wiesen darauf hin, dass das Atom-U-Boot noch in der Herstellung war und die Verantwortung daher beim Schiffsbauwerk Amur in der Stadt Komsomolsk-am-Amur liege. Die Fertigstellung soll sich mehrfach verzögert haben. Russland und Indien hatten im Juni einen Leasingvertrag über zwei Atom-U-Boote dieses Typs für einen Zeitraum von zehn Jahren abgeschlossen. Der Auftrag hatte einen Umfang von 650 Millionen US-Dollar (510 Mio. Euro).

Erinnerungen an die Kursk

  • Vor acht Jahren waren bei einer Explosion im russischen Atom-U-Boot "Kursk" alle 118 Mann an Bord umgekommen. Auslöser war ein schadhafter Torpedo. Der damalige Präsident Wladimir Putin musste sich in seinen ersten Amtsmonaten den Vorwurf gefallen lassen, die russische Führung habe das Ausmaß der Katastrophe über Tage verschleiert. Das Unglück auf der Nerpa erinnert an den 12. August 2000, erst am 14. August erfuhr die Öffentlichkeit von einer "Panne".
  • Neun Tage vergingen, ehe die Marine nach dramatischen Rettungsversuchen in 108 Metern Tiefe mitteilte, dass die gesamte Besatzung tot war. Es dauerte zwei weitere Jahre, bis der Bericht einer Regierungskommission vorgelegt wurde. Danach waren Explosionen defekter Torpedos an Bord die Ursache.
  • Zunächst hatte Moskau die Zerstörungen am 154 langen Rumpf als Folge einer Kollision mit einem ausländischen U-Boot gedeutet. Der Abschiedsbrief eines im Oktober 2000 tot geborgenen Soldaten bewies, dass mindestens 23 Männer im Heck des Schiffes zunächst überlebt hatten.
  • Nach der Bergung mehrerer Leichen wurden die russisch-norwegische Taucharbeiten am 7. November 2000 eingestellt. Als das 18.000-Tonnen-Wrack selbst im Oktober 2001 von dem holländischen Dockschiff "Giant 4" mit Winden aus der Tiefe gezogen wurde, fand man darin noch 94 tote Seeleute.

Foto der Kursk: (c) EPA

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