Alarmstufe Rot

Ungarn: Todes-Gift im Schlamm

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Schock nach der Analyse des Schlamms in Ungarn: Er ist hochgiftig. 

Es ist noch viel schlimmer als bisher alle dachten: Als gestern früh der 4-seitige "Prüfbericht Nr. 1010/431“ aus den Labors des Umweltbundesamtes in Wien geliefert wurde, trauten selbst die Greenpeace-Chemiker zunächst kaum ihren Augen.

Die Details der Daten, die die ungarische Regierung bisher unter Verschluss gehalten hatte:

  • 50 Tonnen hochgiftiges Arsen sind mit dem roten Schlamm in Ungarn ausgetreten – weit mehr als befürchtet. Das Problem: Arsen könnte ins Trinkwasser gelangen und dort freigesetzt werden. Die Folgen sind für Umwelt und Mensch kaum absehbar.
     
  • Zudem gelangte eine halbe Tonne Quecksilber mit dem Schlamm in die Umwelt – ebenfalls hochgiftig. Das Schwermetall könnte sich über Jahre in Fischen und anderen Tieren absetzen.
     
  • Bei der Analyse einer Greenpeace-Wasserprobe aus einem kleinen Kanal in Kolontar wurde durch ein ungarisches Labor ein Arsen-Gehalt von 0,25 Milligramm pro Liter festgestellt, das ist das 25-fache des üblichen Trinkwassergrenzwertes.

Fest steht damit: Das Gift-Schlamm-Unglück ist schon jetzt die "schlimmste Umweltkatastrophe, die Ungarn je heimgesucht hat“, so die Regierung in Budapest.

Bereits sieben Tote
Die Situation in den betroffenen Gebieten rund um den gebrochenen Damm ist verheerend. Die Zahl der Toten ist bereits auf sieben gestiegen, viele Häuser werden für immer unbewohnbar sein. Ministerpräsident Viktor Orban sagte bei einem Besuch in Kolontar: "Es ist schwierig, die richtigen Worte zu finden. Wäre das bei Nacht passiert, wären nun alle tot. Hier kann man nicht mehr leben.“

Hunderte Tote Fische
Unterdessen breitet sich das Gift nach Norden aus. Im Fluss Raab wurden bei Messungen bereits erhöhte Säure-Werte festgestellt. Am völlig verseuchten Fluss Marcal liegt ein stechender Verwesungs-Geruch in der Luft, obwohl der Unglücksort 50 Kilometer entfernt liegt. In Metallcontainern am Flussufer verwesen Hunderte Kilo toter Fische, die verzweifelte Anwohner aus dem Wasser ziehen. Kein Wunder, dass Ungarn bei einem Telefonat mit Umweltminister Niki Berlakovich ein Hilfsangebot sofort angenommen hat. Österreich schickt Experten und Know-How. Im Ministerium laufen die Telefone heiß, eine eigene Task-Force "Gift-GAU“ wurde eingerichtet. Auch das Land Niederösterreich entsendet zwei Experten, die vor Ort helfen sollen.

Im Osten Österreichs wurden die Messungen ausgeweitet. Die Gefahr: Wenn der Schlamm trocknet, droht der Wind das rote Gift-Gemisch auch zu uns zu treiben ...

"Task-Force Gift-GAU ist schon im Einsatz"

Umweltminister Niki Berlakovich im ÖSTERREICH-Interview

 

ÖSTERREICH: Was unternimmt Österreich jetzt gegen die Katastrophe?

Niki Berlakovich: Wir haben eine Task-Force „Gift-GAU“ im Ministerium eingerichtet und ich habe heute mit dem ungarischen Umweltminister telefoniert und unsere Hilfe angeboten. Er ist geschockt vom Ausmaß des Unglücks. Konkret stellt Österreich Experten und fachliches Wissen zur Verfügung. Unsere Nachbarn klären derzeit ab, welche Hilfe tatsächlich vonnöten ist.

ÖSTERREICH: Wird Österreich Ungarn auch finanziell unterstützen?

Berlakovich: Jetzt geht es um Soforthilfe, das Schadensausmaß für die Umwelt in Ungarn muss geprüft werden.

ÖSTERREICH: Der Gift-Staub könnte auch Ost-Österreich erreichen ...

Berlakovich: Wir haben diese Gefahr mit Meteorologen besprochen und bereits Schritte eingeleitet. Im Osten wird jetzt die Luftgüte jeden Tag gemessen, auch das Wasser wird verstärkt überprüft. Es besteht aber kein Grund zur Panik.

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Schwerer Chemie-Unfall in Ungarn

In einer Aluminiumfabrik MAL AG in Westungarn kam es am Montag zu einem folgenschweren Unfall.

Mehrere hundert Kubikmeter Giftschlamm traten aus.

Der Schlamm durchbrach einen Damm, ergoss sich in einen Bach und vermengte sich mit dem derzeit herrschenden Hochwasser.

Die Ortschaft Kolontar und 5 benachbarte Gemeinden wurden teils meterhoch von dem rotbraunen Giftmix überflutet.

An die 400 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden.

Mindestens vier Menschen wurden getötet, unter ihnen ein Säugling.

Sieben weitere Bewohner von Kolontar gelten als vermisst.

113 Bewohner wurden verletzt.

Wieviele Tiere dem Unfall zum Opfer fielen, kann nicht einmal annähernd abgeschätzt werden.

Der Schaden und die Folgen für die Umwelt dürften enorm sein.

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