Ban Ki Moon ist mittlerweile in Port-au-Prince eingetroffen. Bill Clinton folgt am Montag.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon hat am Sonntag die vom Erdbeben verwüstete haitianische Hauptstadt Port-au-Prince besucht. Erste Station war das eingestürzte Hauptquartier der UN-Friedensmission in Haiti. In den Trümmern kamen zahlreiche Mitarbeiter der Weltorganisation ums Leben, darunter der Chef der Friedensmission, der Tunesier Hedi Annabi. Ein dänischer UN-Diplomat konnte am Sonntag lebend aus dem zerstörten Gebäude geborgen werden, nur wenige Minuten nachdem Ban den Ort wieder verlassen hatte.
Vor dem ebenfalls zerstörten Präsidentenpalast in Port-au-Prince sprach Ban mit Überlebenden der Erdbebenkatastrophe, deren Lage trotz der angelaufenen internationalen Hilfe immer verzweifelter wird. Ban rief die Menschen auf, nicht den Mut zu verlieren. "Ich bin hier mit einer Botschaft der Hoffnung", sagte der Generalsekretär zu einer Gruppe von Männern und Jungen vor dem Präsidentenpalast. Die Hilfe sei unterwegs.
Bill Clinton am Montag erwartet
Im Mittelpunkt seines Aufenthalts
in Haiti stünden drei Themen: So viele Leben wie möglich zu retten, die
humanitäre Unterstützung zu verstärken und die Koordination der Hilfe
sicherzustellen, hatte Ban vor seiner Abreise in New York gesagt. Seinen
Angaben zufolge versorgen die Vereinten Nationen derzeit 40.000 Menschen mit
Lebensmitteln, in einem Monat sollen es zwei Millionen sein. Das Erdbeben
sei eine Tragödie für die UN, die hunderte ihrer Mitarbeiter vermissten,
sagte Ban weiter.
Der ehemalige US-Präsident Bill Clinton wird in seiner Funktion als UN-Sonderbeauftragter für Haiti am Montag in den teilweise verwüsteten Karibikstaat reisen. Als Sondergesandter fühle er sich dem haitianischen Volk besonders verpflichtet sicherzustellen, dass die Hilfe "koordiniert und effizient bleibt", erklärte Clinton am Sonntag.
200.000 Tote?
Nach Angaben seiner Stiftung wird der ehemalige
US-Präsident in seinem Flugzeug Hilfsgüter wie Wasser, Lebensmittel,
Medikamente und Stromgeneratoren mitbringen. Neben Gesprächen mit dem
haitianischen Staatschef René Preval und Vertretern der Regierung und der
internationalen Gemeinschaft seien auch Besuche bei den Helfern vor Ort
geplant. US-Präsident Barack Obama hatte am Wochenende seine Amtsvorgänger
Clinton und George W. Bush mit dem Sammeln von Spenden für Haiti beauftragt.
Der für die militärischen Hilfsgüter-Transporte zuständige US-General Ken Keen hält es für möglich, dass beim Erdbeben 200 000 Menschen ums Leben gekommen sind. In einem Interview des Senders CNN sagte Keen am Sonntag: "Wir werden uns auf das Schlimmste gefasst machen müssen."
EU-Gesandte gestorben
Auf die Frage, wie realistisch Schätzungen
seien, nach denen es zwischen 150 000 und 200 000 Tote gegeben haben könnte,
antwortete der General: "Ich denke, dass die internationale Gemeinschaft
derartige Zahlen in Betracht zieht, und ich denke, das ist ein
(realistischer) Ausgangspunkt." Keen fügte hinzu, dass es noch zu früh
für einen klaren Überblick sei. Fest stehe, dass es sich um eine Tragödie
epischen Ausmaßes handle.
Bei der Erdbebenkatastrophe ist auch die EU-Gesandte in Haiti ums Leben gekommen. Sie habe am Samstagabend die Bestätigung für den Tod von Pilar Juarez erhalten, sagte die EU-Außenpolitikchefin Catherine Ashton am Sonntag in Brüssel. Sie bezeichnete den Tod der 53-Jährigen als tragischen Verlust für deren Familie, Freunde und Kollegen. Sie habe den Angehörigen ihr Beileid ausgesprochen. Zwei haitianische Mitarbeiter der EU-Delegation in Port-au-Prince würden noch vermisst.
Blauhelmsoldat hat überlebt
Doch es gab auch gute
Nachrichten zu vermelden. Am Sonntag ist ein dänischer Blauhelmsoldat lebend
geborgen worden. Nach Angaben des Feuerwehrchefs der UN-Friedensmission
(MINUSTAH) war der Mann beim Einsturz des UN-Hauptquartiers in der
Hauptstadt Port-au-Prince unter den Trümmern begraben worden. Er sei wohlauf.
Zuvor hatten Rettungskräfte bereits drei Haitianer lebend aus den Trümmern eines Supermarkts gezogen, darunter ein siebenjähriges Mädchen. Bei dem Erdbeben am vergangenen Dienstag starben in dem Karibikstaat zehntausende Menschen, 1,5 Millionen sind seitdem obdachlos.