Wende im Streit

Versteckt gehaltenes Mädchen gefunden

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Wende im diplomatischen Streit zwischen Italien und Weißrussland: Die italienische Polizei hat das zehnjährige Mädchen aus Tschernobyl gefunden, das seit drei Wochen von seiner italienischen Gastfamilie versteckt gehalten wurde.

Die Familie Giusto aus der Nähe von Genua, die das Kind seit 2003 in den Sommermonaten betreut, hatte sich bisher hartnäckig geweigert, bekannt zu geben, wo sich das Mädchen aufhielt. Nachdem die italienische Polizei die Bilder der beiden Adoptivgroßmütter des Mädchens veröffentlichte, die das Kind in einer Ortschaft in der norditalienischen Bergregion Aostatal versteckt hielten, konnte Maria aufgespürt werden.

Gastfamilie will Maria adoptieren
Das Mädchen zählt zu einer Gruppe von Minderjährigen mit Gesundheitsproblemen aus Tschernobyl, die ihre Ferien in Italien verbringen. Seit Jahren will die Gastfamilie das Kind adoptieren, das in einer Waisenanstalt im weißrussischen Vileika lebt. Maria hätte vor drei Wochen in ihre Heimat zurückreisen sollen, das ligurische Ehepaar weigerte sich jedoch, sie heraus zu geben.

Sexuelle Misshandlungen im Heim
Das Kind habe Maria Chiara Giusto erzählt, dass sie in der Waisenanstalt von Vileika sexuell misshandelt worden sei. Wegen der Misshandlungen sei Maria psychisch stark belastet, sie habe sogar einen Selbstmordversuch unternommen, so die Familie, die von der Staatsanwaltschaft wegen Kindesentführung angezeigt worden ist.

Marias Bericht über die Misshandlungen wurde von anderen Kindern bestätigt, die aus demselben Waisenhaus kommen und sich in Italien aufgehalten haben. Der Beschluss des Ehepaares Giusto, Maria zu verstecken, löste eine empörte Reaktion der weißrussischen Regierung aus. Das Kabinett in Minsk bemühte sich über Interpol um einen internationalen Haftbefehl gegen die Eltern, die nach Ansicht der Regierung das Kind gekidnappt hätten.

Muss sie jetzt wieder zurück?
Die weißrussische Regierung hatte mit einem Stopp bei internationalen Adoptionen gedroht, sollte Maria nicht sofort in ihre Heimat zurückkehren. Vergebens versuchte die Staatssekretärin im italienischen Justizministerium, Daniela Melchiorre, das Ehepaar Giusto zu überreden, das Kind wieder zurückkehren zu lassen. Nur dank ausgedehnter Ermittlungen konnte das Kind aufgespürt werden.

Jetzt könnte Maria bald zur Rückkehr nach Weissrussland gezwungen werden. Vorerst befindet sie sich in einer katholischen Kinderanstalt. Die Kirche erklärte sich bereit, eine Vermittlerrolle zu übernehmen. Das Mädchen könnte einstweilen der Kirche anvertraut werden, hieß es. "Wir sind verzweifelt, wir verlieren eine Tochter", sagte Maria Chiara Giusto.

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