Italien

Weiter schwere Krawalle wegen Müllkrise in Neapel

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In Neapel spitzt sich die Müllkrise zu. Die Regierung ernannte einen Sonderkommissar zur Bewältigung der Probleme.

Vor der Deponie im neapolitanischen Vorort Pianura, die wegen der chronischen Müllkrise in Neapel wieder eröffnet werden soll, ist es in der Nacht auf Mittwoch erneut zu Krawallen gekommen. Wütende Bürger setzten Berge von Unrat in Brand. Die Feuerwehr und die Polizei griffen ein, um die Brände zu löschen und Straßenblockaden zu räumen. Gruppen vermummter Jugendlicher bewarfen den Sitz der Feuerwehr mit Molotowcocktails und schleuderten Steine gegen ein Auto von TV-Journalisten. Einige Pkw wurden angezündet.

Ruf als Tourismusstadt leidet
Da die Müllkrise auch dem Ruf Neapels als Touristenstadt schadet, fordert Hotelierverband der Metropole von der Region Kampanien 15 Millionen Euro Entschädigung für die Einnahmeverluste, die durch die Notlage entstanden sind. "Wir haben wegen der Müllkrise riesige Schäden erlitten", sagte ein Sprecher des Verbands.

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© REUTERS/Giovanni Pane/Agnfoto

Demonstranten wollen die Wiedereröffnung der Deponie verhindern (Foto: REUTERS/Giovanni Pane/Agnfoto)

Inzwischen arbeitet die Regierung Prodi an der Umsetzung des neuen Plans zur Bewältigung der Krise. Die Regierung sandte Ex-Polizeichef Gianni De Gennaro nach Neapel. Als "Sonderkommissar" soll er in den kommenden vier Monaten über das Abfallproblem wachen. Neue Müllverbrennungsanlagen, Deponien und die zeitweilige Übernahme der Abfälle durch andere Kommunen und Regionen sollen das Problem entschärfen.

Keine ausländische Hilfe bei Müllentsorgung
Es gehe darum, dass Italien bei der Entsorgung seines Mülls nicht mehr auf ausländische Hilfe angewiesen sei, erklärte Regierungschef Romano Prodi. Doch zunächst soll dem Notstand durch die Verteilung der Abfälle innerhalb Italiens begegnet werden, denn neue Deponien oder Verbrennungsanlagen können nicht so schnell errichtet werden. Langfristig müsse die Region die Entsorgung aber selbst in den Griff kriegen, ermahnte Prodi die Lokalpolitiker. Zunächst war unklar, wo neue Deponien - vielfach gegen den Widerstand von Anrainern - entstehen sollten.

Seit 21. Dezember wird kein Müll mehr abgeholt
Der Müll in der süditalienischen Metropole wird seit dem 21. Dezember nicht mehr entsorgt, da auf den städtischen Deponien kein Platz mehr zur Verfügung steht. Die Bewohner verbrennen ihren Müll selbst, so dass ständig dichter, stinkender Rauch über der Stadt hängt.

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© AP Photo/Salvatore Laporta

Die Feuerwehr versucht die Brände auf den Müllhalden in den Griff zu bekommen (Foto: AP Photo/Salvatore Laporta)

Am Montag hatten Soldaten mit Bulldozern im Großraum Neapel zum Teil das Abfallräumen übernommen. Heeres-Pioniere begannen vor Morgengrauen damit, den sich türmenden Müll in den Straßen wegzubringen. Schwerpunkt waren Schulen, wo nach den Weihnachtsferien der Unterricht wieder begonnen hat.

Müllkrise seit 14 Jahren
Die Müllkrise im Großraum Neapel dauert schon seit etwa 14 Jahren an. Die bestehenden Deponien sind überfüllt, betroffene Gemeinden blockieren die Errichtung neuer. Mitglieder der Camorra unterwanderten nach Angaben der Behörden die Stadtreinigung. Außerdem soll eine chaotische Bürokratie für die Krise mitverantwortlich sein.

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