Die Finanzkrise hat das Land stärker betroffen als andere - Plötzlich sind die eingefleischten EU-Gegner bekehrt.
Die neue isländische Übergangsregierung will durch eine Verfassungsänderung den Beitritt des von der Finanzkrise erschütterten Landes zur EU beschleunigen. Die Verfassung soll - wenn es nach den Sozialdemokraten geht - geändert werden, damit Island in der nächsten Legislaturperiode ohne Verzögerung der EU beitreten kann.
Für eine Verfassungsänderung müssten das Parlament aufgelöst und Neuwahlen angekündigt werden. Die Minderheitsregierung unter Regierungschefin Johanna Sigurdardottir hat beides für den 25. April angekündigt.
Fast alle Voraussetzungen
Die Linksgrünen, der Koalitionspartner
der Sozialdemokraten, stehen einem EU-Beitritt skeptisch gegenüber. Sie
fürchten um die nationale Eigenständigkeit und eine Einschränkung der
isländischen Fischereirechte. Island ist schon Mitglied des Europäischen
Wirtschaftsraums und erfüllt die meisten Bedingungen für den EU-Beitritt.
Laut EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn könnte das Land in einem
beschleunigten Verfahren bereits 2011 in die Union aufgenommen werden.
Einführung des Euro?
Die Minderheitsregierung der beiden
isländischen Linksparteien ist seit Sonntag im Amt, sie löste die
Mitte-links-Koalition von Ministerpräsident Geird Haarde ab. Diese war nach
heftigen Protesten gegen ihr Versagen in der Finanzkrise zurückgetreten. Die
Sozialdemokraten hoffen, dass ein EU-Beitritt und möglicherweise die
Einführung des Euro der angeschlagenen Wirtschaft der Inselrepublik mit
320.000 Einwohnern helfen könnte.
Notenbank wird umgekrempelt
Sigurdardottir hat Montag Abend die
drei Mitglieder des Notenbankvorstands zum Rücktritt aufgefordert. Jetzt
soll die Notenbank per Gesetz neu organisiert werden. Das ist Teil des
Sieben-Punkte-Koalitionspakets des rot-grünen Minderheitskabinetts.
Druck von der Straße
Der Rücktritt von
Nationalbankpräsident David Oddsson war eine der Forderungen der
Bürgerproteste, die seit dem Zusammenbruch des Bankenwesens und der
folgenden Wirtschaftskrise seit November regelmäßig stattgefunden haben. Die
isländische Krone hatte bis zum Herbst gegenüber dem Euro bis zu zwei
Drittel ihres Wertes eingebüßt und ist seither strengen Devisenrestriktionen
unterworfen.
Foto der Notenbank: (co) Reuters