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Frankreich-Wahl: Macron siegt deutlich vor Le Pen

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Emmanuel Macron setzt sich bei der Präsidentenwahl deutlich gegen die rechte Herausforderin Le Pen durch.

In einer für Europa entscheidenden Richtungswahl ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für eine zweite Amtszeit gewählt worden. Nach ersten Hochrechnungen setzte sich Macron bei der Stichwahl am Sonntag mit 57,6 bis 58,2 Prozent gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen durch. Der Abstand der beiden Kandidaten ist deutlich knapper als vor fünf Jahren. Damals gewann Macron mit 66 Prozent. Brüssel und zahlreiche europäische Regierungschefs reagierten mit Erleichterung.

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Macron kündigte für seine kommende Amtszeit einen Umgang mit den Franzosen auf Augenhöhe an. "Wir müssen auch wohlwollend und respektvoll sein", sagte Macron am Sonntagabend vor Hunderten Anhängern in Paris. "Denn unser Land steckt tief in Zweifeln und Spaltung. Wir müssen stark sein, aber niemand wird am Wegesrand zurückgelassen."

Der liberale Macron erhielt in der Stichwahl auch Stimmen von Menschen, die seine Politik nicht unterstützen, aber einen rechten Wahlsieg verhindern wollten. Ihnen dankte er in seiner Rede explizit. Macron sieht sich immer wieder dem Vorwurf ausgesetzt, den Franzosen gegenüber arrogant und herablassend aufzutreten. Im Wahlkampf versuchte er, dieses Image abzuschütteln.

"Ich bin der Präsident von allen"

Der 44-Jährige versprach den Wählern seiner rechtspopulistischen Herausforderin Marine Le Pen Rücksichtnahme. Auf ihre "Wut und ihre abweichenden Meinungen" müsse es "Antworten geben", sagte Macron in seiner ersten Ansprache nach der Wiederwahl. "Ich bin der Präsident von allen", betonte Macron.

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© APA/AFP/THOMAS COEX
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Die zum dritten Mal bei einer Präsidentschaftswahl unterlegene Le Pen zeigt sich trotz ihrer Wahlniederlage kämpferisch. "Die Partie ist noch nicht gelaufen, es stehen noch Parlamentswahlen an", sagte sie am Abend vor ihren Anhängern in Paris.

Mit 41,8 bis 42,4 Prozent sei ihr Wahlergebnis ein "durchschlagender Sieg", sagte Le Pen in Anspielung auf das Ergebnis vor fünf Jahren. Damals hatte sie mit knapp 34 Prozent gegen Macron verloren.

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© Getty Images
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Macron versprach im Wahlkampf Reformen und eine stärkere EU-Integration, nachdem seine erste Amtszeit von Gelbwesten-Protesten, Corona-Pandemie und zuletzt vom Ukraine-Krieg überschattet wurde. Angesichts des Krieges und einer galoppierenden Inflation steht Macron vor enormen Herausforderungen in seiner zweiten fünfjährigen Amtszeit.

Aufatmen in Europa

Für viele gemäßigte Franzosen und Europäer bedeutet der Sieg des pro-europäischen Politikers eine Erleichterung. Ein Wahlsieg Le Pens hätte die deutsch-französische Zusammenarbeit erheblich gefährdet und in der EU ein ähnliches politisches Erdbeben ausgelöst wie der Brexit.

Zahlreiche Reaktionen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen gratulierte Macron via Twitter. "Für unsere gemeinsame europäische Zukunft in Frieden und Einigkeit - meine herzlichen Glückwünsche an @EmmanuelMacron zu seiner Wiederwahl als Präsident Frankreichs!" Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) twitterte: "Herzliche Gratulation @EmmanuelMacron zur Wiederwahl! Diese ist ein starkes pro-europäisches Signal. Ich freue mich auf die Fortsetzung unserer guten Zusammenarbeit, insbesondere im Rahmen der französischen Ratspräsidentschaft! #EU2022FR".

Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) gratulierte Macron und schrieb in einem Statement gegenüber der APA: "Die Wahl in Frankreich ist ein positives Signal für die Zukunftsfähigkeit der EU und zugleich Auftrag. Gerade jetzt müssen wir in wichtigen europäischen Fragen - von der Sicherheits- und Energiepolitik bis zur Westbalkanerweiterung - vorankommen und intensiv zusammenarbeiten."

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner schrieb: "Ich bin froh, #Frankreich weiter an der Seite Europas zu wissen, wenn es darum geht, die großen Zukunftsaufgaben zu meistern. Ein auch für uns wichtiges Votum heute in Frankreich. Europa atmet auf." Hocherfreut zeigt sich auch NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger. "Der Sieg von Emmanuel Macron ist ein Sieg für die Freiheit und für Europa", schrieb sie. NEOS-Nationalratsabgeordneter Helmut Brandstätter twitterte: "Soulagé: Also erleichtert. Aber 42 Prozent der Wähler_innen in Frankreich haben eine Rechtsextreme gewählt, die gemeinsam mit dem Kriegsdiktator Putin Europa zerstören will. Da hat Macron einiges zu tun."

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz gratulierte Macron und erklärte auf Twitter, die Franzosen hätten "ein starkes Bekenntnis zu Europa gesendet". In einem ungewöhnlichen Schritt hatte Scholz zusammen mit den Regierungschefs Spaniens und Portugals die Franzosen zur Wiederwahl opa gesendet". In einem ungewöhnlichen Schritt hatte Scholz zusammen mit den Regierungschefs Spaniens und Portugals die Franzosen zur Wiederwahl Macrons aufgerufen.

Auch EU-Ratspräsident Charles Michel gratulierte Macron. "In diesen stürmischen Zeiten brauchen wir ein starkes Europa und ein Frankreich, das sich voll und ganz für eine souveränere und strategischere Europäische Union einsetzt", schrieb Michel. Die EU könne nun fünf weitere Jahre auf Frankreich zählen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Europaparlaments-Präsidentin Roberta Metsola gratulierten ebenso.

Es ist das erste Mal seit der Wiederwahl von Jacques Chirac 2002, dass ein französischer Präsident im Amt bestätigt wurde. Chiracs Nachfolger Nicolas Sarkozy und François Hollande waren nur für eine Amtszeit gewählt worden.

Mélonchon: "Gute Nachricht"

Der französische Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon bezeichnete die Wahlniederlage Le Pens als eine "gute Nachricht für die Einheit unseres Landes". Macron sei jedoch "der Präsident mit dem schlechtesten Ergebnis der fünften Republik", sagte Mélenchon. "Er surft auf einem Meer von Nichtwählern und Enthaltungen", betonte er.

Mélenchon galt in der Stichwahl als Königsmacher, nachdem er in der ersten Runde mit 22 Prozent auf den dritten Platz gekommen war. Er hatte dazu aufgerufen, keine Stimme für Le Pen abzugeben, aber auch nicht explizit zur Wahl von Macron aufgerufen.

"Koalition der Nationalisten"

Der rechtsextreme Ex-Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour rief zu einer Koalition der Nationalisten auf. "Wir müssen die Streitereien vergessen und uns zusammenschließen", sagte er in Paris. Dabei sehe er die führende Rolle bei seiner Partei Reconquête! (Wiedereroberung). Zemmour hatte Le Pen im Wahlkampf zeitweise überholt, landete im ersten Wahlgang jedoch mit sieben Prozent auf dem vierten Platz.

In der Stichwahl waren knapp 49 Millionen Wähler aufgerufen, zwischen Macron und Le Pen zu entscheiden. Der 44-jährige Macron und seine Frau Brigitte gingen in Le Touquet am Ärmelkanal zur Wahl. Die 53-jährige Le Pen gab in ihrer nordfranzösischen Hochburg Henin-Beaumont ihre Stimme ab.
 

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