Mit einem dramatischen Hilfsappell hat sich der palästinensische Ministerpräsident Salam Fayyad auf der Berliner Konferenz an die Welt gewandt.
"Uns geht das Geld aus", warnte er am Dienstag auf der von der deutschen Regierung initiierten "Sicherheitskonferenz Palästina" in Berlin. Daran nehmen mehr als zwanzig Außenminister teil, unter ihnen Tzipi Livni (Israel), Condoleezza Rice (USA) und Sergej Lawrow (Russland). Fayyad forderte Israel auf, den Bau von Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten zu stoppen. Ein unverzügliches Einfrieren des Siedlungsbaus sei entscheidend für den Fortgang der Friedensgespräche. "Die Palästinenser müssen ihre Zukunft sehen können und die Freiheit spüren", betonte der Premier.
Notwendig ist nach den Worten des palästinensischen Regierungschefs, dass das Alltagsleben der Palästinenser verbessert werde; dazu gehöre auch die Sicherheit. Es sei die wichtigste Aufgabe eines Staates, für die Sicherheit seiner Bürger zu sorgen. Auf der Konferenz geht es in erster Linie um den Aufbau der zivilen Polizei und des Justizwesens im Westjordanland. Es werden finanzielle Zusagen der teilnehmenden Länder in Höhe von 118 Millionen Euro erwartet. Israels Außenministerin Livni sagte die grundsätzliche Unterstützung ihres Landes für einen unabhängigen Staat Palästina zu. Allerdings habe Israel ein hohes Interesse an Sicherheit. Der Beschuss des Landes mit Raketen vom Gaza-Streifen aus sei völlig inakzeptabel und müsse deshalb vollständig gestoppt werden.
Rice: "Existenzrecht muss anerkannt werden!"
Im Streit
um die im Gaza-Streifen herrschende radikale Hamas sind US-Außenministerin
Rice und der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amr Moussa, auf der
Berliner Konferenz offen aneinandergeraten. Rice wies Moussas Forderungen
nach einem internationalen Kurswechsel brüsk zurück. Sie unterbrach die
Eröffnungsrede des Ägypters und erklärte: "Es wird
keinen Frieden geben, wenn ein Partner das Existenzrecht des anderen
Partners nicht anerkennt." Moussa bezeichnete die innerpalästinensische
Versöhnung als Voraussetzung für einen Frieden. Die internationale
Gemeinschaft müsse ihr Veto dagegen aufgeben, forderte er. Ohne konkret zu
werden, fügte der Liga-Generalsekretär hinzu: "Dafür sind wir
alle verantwortlich. Die Palästinenser müssen eine gemeinsame Front bilden."
In diesem Moment bat Rice um das Wort, obwohl während der Begrüßungsreden
keine Debatte vorgesehen war.
Der palästinensische Präsident Mahmoud Abbas hatte sich zuletzt zu einem nationalen Dialog mit der Hamas ohne Vorbedingungen bereiterklärt, um die politische Spaltung zwischen dem Westjordanland und dem Gaza-Streifen zu beenden. Die geplanten Versöhnungsgespräche sollen unter der Schirmherrschaft der Arabischen Liga geführt werden. Darauf haben sich König Abdullah von Saudi-Arabien und der palästinensische Präsident geeinigt. Die Hamas, die die Wahlen Anfang 2006 gewonnen hatte, verdrängte im Juni 2007 nach schweren Kämpfen die Fatah von Abbas aus dem Gaza-Streifen. Abbas erklärte daraufhin die Einheitsregierung unter Hamas-Premier Ismail Haniyeh für aufgelöst und setzte im Westjordanland ein Fatah-Notstandskabinett unter Fayyad ein.
Veraeinbarungen als Voraussetzung
Rice sagte, die
Staatengemeinschaft werde eine Versöhnung zwischen den moderaten
Palästinensern im Westjordanland und der Hamas erst dann unterstützen, wenn
als Grundlage dafür zumindest die internationalen Vereinbarungen beachtet
würden, die die Palästinenser unterzeichnet hätten. Die Beteiligten müssten
zudem auf Gewalt verzichten und ihren Pflichten nachkommen. Nach der von
Ägypten vermittelten Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im
Gaza-Streifen ist die Diskussion um den internationalen Umgang mit der Hamas
wiederaufgeflammt. Die islamistische Organisation wird vom Westen
boykottiert, weil sie sich weigert, Israel anzuerkennen und der Gewalt
abzuschwören.
Schweiz sagt Hilfe zu
Die Schweizer Unterstützung für den Aufbau
eines unabhängigen palästinensischen Staates hat Außenministerin Micheline
Calmy-Rey am Dienstag auf der Palästina-Sicherheitskonferenz in Berlin vor
Regierungsvertretern aus über 40 Ländern hervorgehoben. Entwicklung,
humanitäre Hilfe, Diplomatie und Sicherheit müssten auf dem "gesamten
palästinensischen Territorium" Früchte tragen, betonte sie in Anspielung auf
die faktische Trennung von Westjordanland und Gaza-Streifen.