Oppositionsführer Kasparow wurde nach 5 Tagen Haft wieder freigelassen. Gorbatschow kritisiert das Vorgehen Putins, unterstützt dessen Kurs aber weiter.
Russlands Präsident Putin hat bei einer Fernsehansprache für eine hohe Wahlbeteiligung und zur Unterstützung seiner Partei Geeintes Russland geworben. Die Ansprache wurde mehrfach ausgestrahlt. Er warnte davor, dass Russland im Falle einer Wahlniederlage seiner Partei wieder in Zeiten wirtschaftlichen und politischen Chaos zurückfallen werde.
Putin hofft auf Erdrutsch-Sieg
Ein erdrutschartiger Sieg der
Kreml-Partei würde es Putin erlauben, nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit
an der Spitze des Staates in einer wichtigen Position zu verbleiben. In
seiner Ansprache stellte er die Parlamentswahl als Entscheidung zwischen
einer weiterhin aufblühenden Zukunft Russlands und einem Rückschritt in die
Zeit der 90er Jahre dar.
Kasparow wieder freigelassen
Der russische Oppositionsführer und
frühere Schachweltmeister Garri Kasparow warnt unterdessen vor einem
Abgleiten des Landes in eine Diktatur. Er hoffe, die Welt erkenne, wie
Russland mit seinen Oppositionellen umgehe, sagte Kasparow nach seiner
Entlassung aus fünftägiger Haft am Donnerstag. Kasparow war am vergangenen
Samstag während einer Demonstration gegen Putin festgenommen und im
Schnellverfahren wegen Verletzung des Versammlungsrechts zu fünf Tagen Haft
verurteilt worden. Die russische Regierung stellt Kasparow und seine
Anhänger als gefährliche Radikale dar, die die politische Stabilität
gefährden.
Starkes Ungleichgewicht in den Medien
In der
Wahlkampf-Berichterstattung herrschte ein starkes Ungleichgewicht. Über
Putins Reden wurde in den Nachrichten berichtet, während sich andere
Parteien mit kurzen Wahlkampfspots begnügen mussten. Laut Umfragen könnte
Geeintes Russland am Sonntag zwei Drittel der Stimmen und damit 80 Prozent
der 450 Sitze in der Duma erzielen. Auch die Kommunistische Partei und die
rechtsaußen angesiedelte Liberal-Demokratischen Partei des
Ultranationalisten Wladimir Schirinowski haben Chancen, den Einzug ins
Parlament zu schaffen. Die kleinen liberalen Oppositionsparteien werden die
dafür nötige Sieben-Prozent-Hürde dagegen voraussichtlich nicht
überspringen. Nicht zur Wahl zugelassen wurde das Parteienbündnis Anderes
Russland Kasparows. Auch die oppositionelle Partei Das Volk für Demokratie
und Gerechtigkeit des früheren Regierungschefs Michail Kasjanow tritt nicht
an.
Kritik von Gorbatschow
Der frühere sowjetische Präsident Michail
Gorbatschow kritisierte das Vorgehen der russischen Behörden gegen Kasparow
als unverhältnismäßig. Die Behörden verlören offenbar die Nerven, sagte
Gorbatschow in Moskau laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Interfax.
Der Friedensnobelpreisträger unterstützte gleichzeitig erneut den "Kurs
Putins".