Georgien

Südossetien will über Unabhängigkeit abstimmen

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Die Bewohner Südossetiens sind schon 1992 zur Zugehörigkeit zu Georgien befragt worden. 98 Prozent sagten damals Ja zur Unabhängigkeit.

Jetzt, wo die Spannungen zwischen Tifilis (Tbilisi) und Moskau vor dem Hintergrund der Konflikte um Südossetien und der anderen von Georgien abtrünnigen Region Abchasien einen neuen Höhepunkt erreicht haben, sollen sie erneut über die Frage abstimmen.

Volksabstimmung angesetzt
Per Dekret setzte Eduard Kokoity, " Präsident" der international nicht anerkannten "Republik Südossetien", für den kommenden Sonntag (12. November) eine Volksabstimmung an. Warum dies nötig sei, ließ er offen. Freilich geht die an die Stimmberechtigten gerichtete Frage davon aus, dass die Unabhängigkeit bereits besteht. Sie lautet: "Sind Sie damit einverstanden, dass die Republik Südossetien ihren gegenwärtigen Status eines unabhängigen Staates behält und die Anerkennung der internationalen Gemeinschaft sucht?"

EU will Abstimmung nicht anerkennen
Der Europarat lehnt das Unabhängigkeitsreferendum und die internationale Anerkennung Südossetiens ab. Der scheidende Leiter der Delegation der EU-Kommission in Georgien, Torben Holtze, wiederum erklärte vor einer Woche, die Europäische Union werde die so bezeichnete Präsidentenwahl in Südossetien nicht anerkennen. Sie soll gleichzeitig mit dem Referendum stattfinden.

Ehemaliger Türsteher
Separatistenführer Kokoity (42), ehemals Freistilringer und Türsteher, strebt die Vereinigung Südossetiens mit der russischen Teilrepublik Nordossetien an. Auch die anderen drei Kandidaten bei der "Präsidentenwahl" würden dies tun, zitierte die russische Nachrichtenagentur "Regnum" Kokoitys " generalbevollmächtigten Gesandten" in Moskau, Dimitrij Medojew.

Explosive Situation
Tiflis steht Moskau hinter den Abspaltungsbestrebungen, da es bereits während der kriegerischen Auseinandersetzungen zu Beginn der 90er Jahre die Osseten unterstützte. Kokoitys Gegenspieler auf Seiten Georgiens ist Präsident Michail Saakaschwili (38). Er kam Anfang 2004 nach der so genannten Rosenrevolution an die Macht. Mit seiner Freundschaft zu Washington und seinen Ambitionen, Georgien an EU und NATO heranzuführen, zog er sich den Unmut Russlands zu.

Wirtschaftssanktionen
Moskau verhängte seit dem Vorjahr immer weitere Wirtschaftssanktionen gegen Tiflis. Heuer im September eskalierte die Krise: Georgien nahm russische Offiziere unter dem Vorwurf der Spionage fest und wies sie aus. Russland verhängte daraufhin eine Post-, Luft- und Seeblockade gegen das Nachbarland. Außerdem wurden zahlreiche Georgier aus Russland abgeschoben und eine anti-georgische Stimmung in Russland geschürt. Zuletzt kündigte der russische Staatsmonopolist Gazprom an, die Gaspreise für Georgien ab 2007 mehr als zu verdoppeln. Ein Krisentreffen Anfang des Monats zwischen den Außenministern Russlands und Georgiens brachte keine Annäherung.

Das Unabhängigkeitsreferendum 1992 fand während des Bürgerkriegs statt. Er brach 1990 aus, als der nationalistische georgische Präsident Swiad Gamsachurdia das Parlament Südossetien den Autonomiestatus entziehen ließ; 1.500 Menschen wurden damals getötet. Zehntausende Osseten flohen nach Russland; Georgier flohen zumeist in die Hauptstadt Tiflis. Mit russischer Hilfe wehrte Südossetien die Rückeroberung durch Georgien ab. Moskau und Tiflis einigten sich auf eine georgisch-russisch-ossetische Friedenstruppe - heute ein Zankapfel zwischen den beiden.

Hohe Arbeitslosenrate und Schmuggel
Südossetien ist so groß wie das Burgenland, schätzungsweise 70.000 Menschen leben dort heute noch. Die Osseten haben so gut wie alle russische Pässe. Russland zahlt Gehälter und Pensionen. Bei hoher Arbeitslosenrate blüht der Schmuggel in der Region. Der russische Präsident Wladimir Putin hat gefordert, im Fall einer Unabhängigkeit des Kosovo von Serbien die gleichen Maßstäbe für die nach Unabhängigkeit strebenden georgischen Regionen anzulegen: "Man kann nicht die eine Regel im Bezug auf Kosovo und eine andere in Bezug auf Abchasien und Südossetien anwenden", meinte er jüngst.

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