Über den kroatischen General dürfte Untersuchungshaft verhängt werden. Noch ist unklar, ob der Ex-Vize-Verteidigungsminister auspacken wird.
Der von Österreich an seine Heimat ausgelieferte kroatische General und Ex-Vize-Verteidigungsminister Vladimir Zagorec (44) ist am heutigen Freitag erstmals vor einem Gericht in Zagreb erschienen. Zagorec, der Edelsteine im Wert von fünf Millionen Dollar (3,42 Mio. Euro) veruntreut haben soll, schwieg bei dem 20-minütigen Gerichtstermin. Sein Anwalt schloss aber laut kroatischen Medien nicht aus, dass Zagorec sein Schweigen brechen wird. Kroatien wartet mit Spannung darauf, ob der langjährige Waffenbeschaffer der Armee im Verfahren "auspacken" und hochrangige Politiker wie Premier Ivo Sanader belasten wird.
Nach der Anhörung durch Richterin Erna Drazancic wurde Zagorec in Handschellen abgeführt und ins Zagreber Gefängnis "Remetinec" gebracht, wo er den Prozessbeginn abwarten soll. Zagorec wurde in Untersuchungshaft genommen, um zu verhindern, dass er Belastungszeugen zu beeinflussen versucht, hieß es nach kroatischen Medienberichten.
"Fürs Erste" geschwiegen
Sein Mandant habe "fürs
Erste" geschwiegen, betonte Zagorec' Anwalt Zvonimir Hodak nach dem
Gerichtsauftritt vor Jouranlisten. "Er verteidigte sich mit Schweigen, denn
es ist an der Staatsanwaltschaft, seine Schuld zu beweisen. Die Anklage ist
eine reine Fiktion, und sie sollen sie jetzt einmal beweisen, wenn sie das
können", sagte Hodak. Zagorec beteuert, dass es die Edelsteine, die er
veruntreut haben soll, nie gegeben habe.
Eine frühere Sekretärin im Verteidigungsministerium hatte ausgesagt, dass der Vizeminister die Preziosen kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt im Jahr 2000 aus einem Ministeriumstresor genommen habe. Zagorec, für den die Unschuldsvermutung gilt, soll die Juwelen im Jahr 1993 von einem deutschen Waffenhändler als Sicherheit für Rüstungseinkäufe erhalten haben.
Für die Beschaffung von Waffen zuständig
Während des
Kroatien-Krieges (1991-95) war der frühere enge Vertraute des ersten
kroatischen Präsidenten Franjo Tudjman für die Beschaffung von Waffen
zuständig gewesen, und umging dabei das für Ex-Jugoslawien geltende
UNO-Waffenembargo. Später stieg Zagorec zum zweiten Mann im
Verteidigungsministerium auf, musste diesen Posten aber nach der Abwahl der
langjährigen Staatspartei HDZ im Jahr 2000 räumen. Mit einem geschätzten
Vermögen von mehr als 26 Mio. Euro gilt er heute als einer der reichsten
Kroaten überhaupt.
Zagorec war im Vorjahr nach Österreich geflüchtet und hatte das kroatische Gerichtsverfahren gegen ihn als politisch motiviert bezeichnet. Außerdem machte er geltend, dass er bei einer Überstellung an seine Heimat um sein Leben fürchten müsse. Die österreichischen Justizbehörden schenkten dieser Argumentation jedoch keinen Glauben. Nachdem am Mittwoch auch der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Auslieferung gutgeheißen hatte, wurde Zagorec am Donnerstag in der Früh von Spezialpolizisten am Wiener Flughafen in einen Linienflug nach Zagreb gesetzt.
Großes Medieninteresse
Das kroatische Medieninteresse am
Schicksal des pensionierten Generals war am Freitag unvermindert hoch. So
veröffentlichte die Tageszeitung "Jutarnji list" Exklusivfotos über seinen
"Flug im Gewahrsam der Interpol-Polizisten". Zagorec sei beim Landeanflug
auf seine Heimatstadt "immer ruhiger und kaltblütiger geworden", er habe
sich laut seinem Anwalt "auf die neue Situation eingestellt". Zur
Verteidigungsstrategie seines Mandanten hatte Hodak bereits am Donnerstag
betont, dass Zagorec vorerst schweigen werde.
Das Insiderwissen von Zagorec könnte vor allem Politikern der seit 2003 wieder regierenden "Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft" (HDZ) unangenehm werden. So wurde voriges Jahr ein angebliches Dokument von Zagorec bekannt, in dem es hieß, dass der kroatische Premier und HDZ-Chef Ivo Sanader 20 Tonnen Gold auf den Britischen Jungfern-Inseln in der Karibik deponiert habe. Die Echtheit des Dokuments wurde jedoch von Experten stark bezweifelt.
Zagorec sei erstaunt über die scharfen Sicherheitsvorkehrungen, unter denen seine Auslieferung durchgeführt worden sei, sagte Hodak gegenüber "Jutarnji list". Tatsächlich wurde er von mehreren vermummten Spezialpolizisten in gepanzerten Autos ins Zagreber Gefängnis gebracht. Über dem hermetisch abgeriegelten Gebäude sei am Donnerstag ständig ein Polizeihubschrauber gekreist. Die Tageszeitung "Vecernji list" berichtete von einer "Luxuszelle" für Zagorec. Es handle sich um eine zehn Quadratmeter große Einzelzelle, wie sie für "Häftlinge mit klingenden Namen oder besonderem Status" vorgesehen sei.