Stichwahl

Zweite Runde der tschechischen Präsidentenwahl begonnen

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Zeman gegen Schwarzenberg - Ergebnis für Samstagnachmittag erwartet.

In Tschechien beginnt am heutigen Freitagnachmittag (14:00 Uhr) die zweite Runde der Präsidentenwahlen. Zwei starke Persönlichkeiten der tschechischen Politik - der ehemalige sozialdemokratische Regierungschef Milos Zeman und Außenminister Karel Schwarzenberg - treten gegeneinander an. Zeman hatte vor zwei Wochen die erste Runde mit 24,3 Prozent der Stimmen gewonnen, Schwarzenberg folgte überraschend auf dem zweiten Platz mit 23,4 Prozent.

Laut einer Umfrage des Prager Meinungsforschungsinstituts "ppm factum" lag eine Woche vor der Stichwahl Zeman vor Schwarzenberg. Für Zeman würden demnach 53,7 Prozent, für Schwarzenberg 46,3 Prozent stimmen. Später wurden aus gesetzlichen Gründen keine Befragungen mehr durchgeführt bzw. veröffentlicht. Der Chef von "ppm factum", Jan Herzmann, erklärte zu der Umfrage, Zeman sei derzeit Favorit, aber nicht Sieger. Niemand wisse, was für unerwartete Ereignisse bei der Stichwahl eintreten könnten.

Ein zum Teil aggressiver Wahlkampf ging der Abstimmung voran. Dabei war das Thema der Benes-Dekrete und der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg wohl das heißeste Thema. Auch in der letzten TV-Debatte am Donnerstagabend kam diese Frage zur Sprache. Schwarzenberg wiederholte, dass die Aussiedlung "für uns (Tschechen) kein Ruhmesblatt" sei. Seinem Rivalen Zeman warf Schwarzenberg vor, diese Frage im Wahlkampf zur "Aufwiegelung der Menschen in Grenzgebieten genutzt" zu haben.

Zeman wiederum kritisierte den Außenminister, dass er mit seinen jüngsten Aussagen zu den Benes-Dekreten zu einer "Verschlechterung" der Beziehungen Tschechiens mit der Slowakei beigetragen habe. Zeman spielte damit auf ein Interview des slowakischen Regierungschefs Robert Fico mit der tschechischen Tageszeitung "Pravo" an, in dem Fico die Aussagen Schwarzenbergs als "außerordentliche Überraschung" und "destabilisierendes Element" bezeichnet hatte.

Die Tschechen entscheiden erstmals in der Geschichte über ihren Staatschef selbst. Die Wahl des Staatsoberhaupts durch Parlamentsabgeordnete und Senatoren wurde mit einer 2012 verabschiedeten Verfassungsnovelle abgeschafft. Nun sind rund 8,5 Mio. Tschechen aufgerufen, den Staatspräsidenten zu wählen.

Der derzeitige EU-kritische Staatspräsident Vaclav Klaus, dessen Amtszeit am 7. März zu Ende geht, kandidiert nicht mehr, weil er schon zwei fünfjährige Amtsperioden hinter sich hat und laut Verfassung eine dritte nicht zulässig ist. Klaus sorgte noch für Aufregung, indem er laut Medien eine SMS an einen Freund geschickt hat, in der er „an Emigration denken“ würde, wenn Schwarzenberg gewinnt.

Die heimischen Medien stehen mehrheitlich auf der Seite Schwarzenbergs. Die Tageszeitung "Mlada fronta Dnes" schrieb am Freitag, Zeman sei nicht einmal nach zehnjähriger Pause den Stil losgeworden, der auf Egozentrik, Beleidigungen und Erniedrigung von politischen Gegnern basiere. "Deswegen werde ich ihn nicht wählen", schrieb der Chefredakteur des Blattes, Robert Casensky.

Laut der Tageszeitung "Lidove noviny" zeigt sich Schwarzenberg als Kandidat, der die Rolle fortsetzen würde, die Vaclav Havel erfüllt habe. "Ich und die meisten meiner Kollegen werden Karel Schwarzenberg wählen", so der Chefredaktor des Blattes, Dalibor Balsinek.

Laut der Tageszeitung "Pravo" wäre Zeman in der Prager Burg "kein großer Sieg". Schwarzenberg in der Burg könnte jedoch "ein irreparabler Verlust sein", so das Blatt im Kommentar.

Die Stichwahl ist wie andere Wahlen in Tschechien auf zwei Tage verteilt. Die Wahllokale öffnen heute um 14.00 Uhr und werden um 22.00 Uhr wieder vorübergehend geschlossen. Am morgigen Samstag wird die Wahl ab 8.00 Uhr fortgesetzt und die Stimmabgabe um 14.00 Uhr endgültig beendet. Das Ergebnis der Wahl sollte noch im Laufe des Samstagnachmittags bekannt sein.

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