Hofburg-Wahl

Autor Turrini: Das Land ist längst geteilt

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"Es gibt Leute mit vielen Chancen und Leute mit sehr wenig Chancen."

Auch Architekt Wolf D. Prix zeigte sich am Dienstagabend im Gespräch mit der APA erleichtert über die Wahl Alexander Van der Bellens - obwohl das Kulturverständnis der Grünen "ungefähr so hoch ist wie Birkenstock-Sandalen. Ich denke aber, dass Van der Bellen auch auf diesem Gebiet lernfähig ist. Aber Hofer hat ein Kulturverständnis, das bei der Militärmusikkapelle aufhört."

"Bedenklich"
Prix fand es allerdings "bedenklich, wenn ich mir überlegen muss, dass jeder Zweite in diesem Land für Hofer gestimmt hat, den man ja zu den Rechtspopulisten zählen muss". Dass "jene, die Hofer gewählt haben, nicht erkennen, dass das ein autoritärer Staat geworden wäre, wenn er das gemacht hätte, was er so großmundig verkündet hat", zeige das eklatante Ausbleiben jeglicher Bildungsreformen: "Wie blöd muss man sein, dass man in Kauf nimmt, dass ein totalitäres, reaktionäres Regime etabliert wird - nur aus unwissender Angst vor Fremden? Da frage ich mich, wo die Bildung in Österreich bleibt."

"Erfreuliche Lösung" für Turrini
Ganz anders der Autor Peter Turrini: "Ich glaube nicht, dass es Hofer gelungen wäre, als Präsident eine andere Republik herbeizuführen. Ich glaube aber, dass es eine Tendenz markiert hätte: Nämlich dass in dieser Republik früher oder später eine generelle Machtübernahme stattfindet." Van der Bellen ist für Turrini "sicher eine erfreuliche Lösung, weil er vermutlich in der Tradition von Heinz Fischer agieren und das sein wird, dem er in Wahrheit immer schon entsprochen hat: Er hat ja etwas von einem freundlichen Opa an sich, und das ist genau die richtige Voraussetzung für einen Bundespräsidenten."

Man dürfe jedoch nicht verkennen, dass die Regierung vor schweren Aufgaben stünde: "Vielen Leuten geht es immer schlechter, wenigen geht es extrem besser. Dass man in so einer Situation nach Haltegriffen greift, wenn auch nach den falschen aus meiner Sicht, ist ja nicht ganz unverständlich. Es ist hart für viele Menschen heutzutage, weil der Boden unter ihren Füßen schwankt. Es geht jetzt nicht darum, ob die Regierung hart arbeitet, sondern ob sie Antworten findet oder nicht", so Turrini zur APA.

National Antworten finden
"Was so gefährlich an einem FPÖ-Bundespräsidenten gewesen wäre, wäre die Illusion gewesen, man könnte solche Antworten national finden, mit einem Rückzug in den Nationalstaat. Das halte ich für die völlig falsche Perspektive. Ich glaube, dass man Probleme der Arbeitslosigkeit, der Wirtschaft und Finanzwirtschaft oder auch der Flüchtlingsfragen längst nur auf europäischer und internationaler Ebene finden kann. Die entscheidende Frage ist: Was wird die Regierung verändern wollen und können?" Wenn das nicht gelänge, drohten in ganz Europa rechte Regierungen.

"Land ist geteilt"
"Ich staune, dass jetzt bei der Bundespräsidenten-Wahl auf einmal ein leichtes Erschrecken über eine sogenannte Teilung des Landes geherrscht hat", so Turrini weiter. "Das Land ist geteilt. Wer sich ein bisschen mit der Frage von Besitz beschäftigt, damit, wer hat die Allmacht und wem bleibt die Ohnmacht, weiß, dass dieses Land längst aufgeteilt ist. Es gibt Leute mit vielen Chancen und Leute mit sehr wenig Chancen. Das ist eine Realität, die Teilung genug ist, und es ist in den letzten Jahren immer aufgeteilter geworden."

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