"Wir nehmen keine Bootsflüchtlinge"

Der knallharte Kurz-Brief an Italiens Premier Conte

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Italiens Premier bat EU-Länder, je 50 von 450 Flüchtlingen aufzunehmen. Warum Kurz Nein sagt.

Es geht um 450 Flüchtlinge, die Europa nun entzweien. Menschen, die seit Freitag auf einem Holzboot im Mittelmeer unterwegs waren und per Frontex-Rettungsschiffen am Montag doch in Sizilien anlegen durften. Italiens extrem rechter Innenminister Matteo Salvini hatte die Aufnahme zunächst strikt abgelehnt. Italiens Premierminister Giuseppe Conte wandte sich daraufhin in einem Brief an EU-Premierminister, damit je 50 Flüchtlinge auf andere Länder aufgeteilt werden könnten.

Das Antwortschreiben von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz, das ÖSTERREICH vorliegt, ist freundlich im Ton, aber hart in der Sache: „An einer zusätzlichen Umverteilung wird sich Österreich daher nicht betei­ligen.“ Heißt: Die VP-FP-Koalition lässt Italien abblitzen und nimmt keine 50 Flüchtlinge auf. Die Erklärung des türkisen Regierungschefs: Österreich habe 2015 bereits „über 150.000 Asylanträge angenommen“ und daher bereits „einen der höchsten Solidarbeiträge zur Migrationspolitik in der EU geleistet“.

Hier Auszüge aus dem Kurz-Brief an Conte

Der knallharte Kurz-Brief an Italiens Premier Conte
© oe24

Der knallharte Kurz-Brief an Italiens Premier Conte
© oe24

Merkel nimmt Flüchtlinge auf, Kurz lehnt klar ab

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel hat hingegen die Aufnahme von 50 dieser Bootsflüchtlinge ebenso zugesagt, wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Neben Italien selbst nehmen auch Spanien, Malta und Portugal je 50 auf. Weitere EU-Staaten sollen diesem Beispiel folgen.

Kurz argumentiert in seinem Brief an Conte, dass er für eine „Aufstockung des Mandats von Frontex“ sei, die „eine Ausschiffung von Migranten auch außerhalb der EU“ ermögliche, um Italien zu entlasten.

Das heimische Kanzleramt will die „illegale Migration“ über das Mittelmeer so stoppen und warnt, dass derzeit „über 600.000 Menschen in Libyen auf eine Überfahrt nach Europa warten“ würden. Die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa sei daher kontraproduktiv.

Eine Linie, die von den Vise­grád-Staaten Ungarn, Tschechien, Slowakei und Polen bekanntlich unterstützt wird.

Asylanträge heuer schon um 44 Prozent gesunken

Wie ÖSTERREICH bereits am Sonntag berichtet hatte, werden bis Ende des Jahres 2018 14.000 Asylwerber weniger nach Österreich gekommen sein. So wenige Anträge wurden zuletzt im Jahr 2011 verzeichnet.

  • Anträge. 7.098 Menschen stellten zwischen Anfang Jänner und Ende Juni einen Asylantrag. Das sind 44 Prozent und 12.673 Menschen weniger als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte davon waren Männer, und nur bei 14 % davon handelt es sich um Mehrfachantragssteller.
  • Herkunft. Mit Abstand am meisten Anträge (1.829) wurden von Syrern gestellt, gefolgt von Afghanen (1.062) und Iranern (490).
  • Entscheidungen. 29.000 Ent­scheidungen über Asylanträ­ge wurden im vergangenen halben Jahr gefällt. Weit mehr als die Hälfte, konkret 16.544, fielen rechtskräftig negativ aus.

„Dass die Zahl der Asylanträge weiter sinkt, ist noch lange kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen“, sagt FPÖ-Innenminister Herbert Kickl. Eine Linie, die auch von VP-Kanzler Sebastian Kurz unterstützt wird.

 

1.000 Beamte ab Mittwoch an der bayrischen Grenze

Ab Mittwoch sollen 1.000 statt wie bislang 500 Polizeibeamte die Grenze zwischen Bayern und Österreich kontrollieren.

Zusätzlich zur deutschen Bundespolizei wird dabei auch die bayrische Grenzpolizei tätig werden.

Das deutsche Innenministerium erklärt, dass diese Kontrollen „nicht permanent“, sondern nur zeitweise stattfinden sollen. Innenminister Horst Seehofer hatte mit Rückweisungen von Flüchtlingen gedroht.

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