Küssel verhaftet

Polizei-Razzia in Neonazi-Szene

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Bereits 1993 saß Küssel 
in Haft. Diesmal gibt es eine starke Indizienkette.

Es war „der größte Coup gegen die rechte Szene seit vielen Jahren“, sagt ein Verfassungsschützer zu ÖSTERREICH.

In der Nacht auf heute: Dutzende Polizisten, Spezial-Einheiten stürmen sechs Wohnungen in Wien. Das Ergebnis langer Vorbereitungen und diskreter Überwachung. Die Razzien dauern mehrere Stunden.

Hauptziel der Fahnder: Ein Haus in der Unteren Donaustraße in Wien-Leopoldstadt. Von hier aus soll unter anderem Gottfried Küssel seine Fäden ziehen. Er gilt als eine der führenden Persönlichkeiten der Szene. Seit gestern Abend ist er in Haft (zum zweiten Mal).

Seit Monaten ermitteln Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft gegen Küssel in Zusammenhang mit der Neonazi-Seite Alpen-Donau-Info. Gegen den Ex-Vapo-Chef (Volkstreue außerparlamentarische Opposition, eine militante, rechte Gruppe) laufen auch Ermittlungen nach dem NS-Verbotsgesetz und wegen mutmaßlicher Körperverletzung. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Starke Indizien
Vor zwei Wochen waren die Infos komplett: Der Verfassungsschutz verfügte über eine „starke Indizienkette“, so ein Insider. Küssel soll der Hauptakteur der Neonazi-Seite Alpen-Donau-Info sein. Auf der Website wird gegen Minderheiten, Politiker und Journalisten gehetzt.

Gestern wurde von einem (neuen) Richter der Haftbefehl unterschrieben. Es folgten Hausdurchsuchungen bei Küssel (ca. 20.00 Uhr) und Sympathisanten, die auch hinter der Website stecken sollen – sie ist seit 2 Wochen offline. Bekamen die Betreiber Wind von den Ermittlungen gegen die Seite?

Großer Fang
Küssel gilt als mutmaßliche „Führungspersönlichkeit“ der heimischen Szene. Auch der deutsche Verfassungsschutz hat ihn im Visier – Küssel hält immer wieder Reden bei deutschen Neonazi-Events.

Küssel: Anführer der rechten Szene

Gottfried Küssel gründete 1986 die Volkstreue außerparlamentarische Opposition (VAPO). Sie wurde eine der radikalsten und einflussreichsten Gruppen am äußersten rechten Rand in Österreich.

Haftstrafe
1991 wurde gegen Küssel ein Einreiseverbot nach Deutschland verhängt. 1993 wurde er zu zehn Jahren Haft wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt. Diverse Neonazi-Gruppen forderten in „Solidaritätskomitees“ seine Freilassung.

Im Sommer 1999 kam er vorzeitig frei. Ende Oktober 2010 fand im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen die Website Alpen-Donau-Info die größte Polizeiaktion gegen die Neonazi-Szene Österreichs seit den 90er Jahren statt – auch Küssels Haus wurde dabei durchsucht.
Am 1. Mai soll Küssel in Heilbronn eine Rede bei einer geplanten Nazi-Demonstration halten.

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