Auf neutralem Boden

Kurz will Trump und Putin nach Österreich holen

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Der Außenminister will einen Gipfel mit dem US-amerikanischen und russischen Präsidenten vorschlagen. 

Welche Frage wollen die Spitzenkandidaten der NR-Wahl US-Präsident Donald Trump in ihrem ersten Telefonat als Bundeskanzler stellen? Christian Kern und Ulrike Lunacek interessiert das Klimaabkommen, Heinz-Christian Strache die diplomatischen Beziehungen und Matthias Strolz das US-Gefängnissystem. Sebastian Kurz wiederum will Trump einen Gipfel mit Wladimir Putin in Österreich vorschlagen.
 
Die außenpolitische Redaktion der APA hat die Spitzenkandidaten der fünf Parlamentsparteien um Antworten auf eine Reihe von Fragen aus dem Bereich der internationalen Politik gebeten. Die Antworten sollten sich in etwa auf Tweet-Länge (140 Zeichen) beschränken, was Kurz und Strolz nicht immer einhielten. Ihre Antworten mussten daher gekürzt werden.
 
ÖVP-Chef Kurz (ÖVP) schreibt in seiner schriftlichen Antwort, er möchte "Trump mit Russlands Präsidenten Putin gerne aktiv anbieten in einem Gipfeltreffen die großen Herausforderungen der int. Politik im neutralen Österreich zu besprechen". "Wann nehmen Sie Ihre Entscheidung zurück, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen?", will dagegen Bundeskanzler Kern (SPÖ) vom US-Präsidenten wissen. Fast wortgleich äußert sich die grüne Spitzenkandidatin Lunacek. FPÖ-Chef Strache hat dagegen die bilateralen Beziehungen zwischen Wien und Washington im Blick: "Wie werden wir gemeinsam unsere diplomatischen Beziehungen verbessern?" NEOS-Chef Strolz würde fragen, was Trump zur Senkung der Gefangenenrate und der Reform des US-Gefängniswesens zu tun gedenke.
 
Eine klare Tendenz erkennen lassen die Spitzenkandidaten bei der Frage, ob Trump oder der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un in der aktuellen Krise um Nordkorea unberechenbarer sind. "Das nordkoreanische Atomprogramm ist der einzige Garant, den Kim Jong-un für das Überleben seines Regimes hat. Das macht ihn gefährlicher", schreibt Strolz. Lunacek optiert ebenso für "Kim Jong-un und sein diktatorisches Regime", aber auch "Trumps Eskalationsstrategie" sei besorgniserregend. Kern und Kurz verweisen auf die Rechtsbrüche durch Kim, Strache prangert dessen "Politik der Abschottung und militärischen Zuspitzung" an.
 
Bei der Frage, ob Klimawandel oder Migrationskrise das drängendere globale Problem sind, wollen nur Blau und Grün eine Entscheidung treffen. "Die anhaltende Migrationskrise in Europa sowohl aus Asien als auch aus Afrika", antwortet Strache. "Klimawandel ist drängendstes globales Problem und eine bedeutende Fluchtursache", meint dagegen Lunacek. Für Kurz sind beides drängende globale Fragen, und es brauche jeweils "einen dringenden Systemwechsel". Kern und Strolz betonen, dass die beiden Probleme "eng" zusammenhängen. "Beides sind gewaltige Herausforderungen für die nächsten Jahrzehnte", sagt der Kanzler. Nachsatz: "Illegale Migration stoppen ist kurzfristig erreichbar."
 
Auf die Frage, ob Österreich die Annexion der Krim anerkennen solle, verweisen Kern, Kurz und Lunacek auf die Völkerrechtswidrigkeit des Moskauer Vorgehens. Strolz meint hingegen, dass man sich wohl damit arrangieren müsse, "dass die Krim nicht zur Ukraine zurückkommen wird". Wenig überraschend die Position Straches: "Die Krim ist realpolitisch ein Teil Russlands. Das ist zu akzeptieren." Der FPÖ-Chef ist auch der Einzige, der sich ohne Bedingungen für eine Aufhebung der Russland-Sanktionen ausspricht. "Sie schaden unserer Wirtschaft und sind völlig sinnlos." Lunacek fordert eine Umsetzung des Minsker Abkommens, Strolz "klare Schritte" Russlands in Richtung Demokratie. Kern und Kurz wollen eine schrittweise Aufhebung schon bei teilweiser Umsetzung des Minsker Abkommens. Er wolle "von einem System der Bestrafung zu einem System des Ansporns übergehen", formuliert der amtierende OSZE-Vorsitzende.
 
Beim UNO-Entwicklungshilfeziel von 0,7 Prozent des BIP wollen sich nur Lunacek und Strolz konkret festlegen. Die Grünen-Spitzenkandidatin will das Ziel "in kommender Legislatur umsetzen" und auch inländische Flüchtlingskosten herausrechnen, der pinke Spitzenkandidat ist für eine gesetzliche Verankerung des Stufenplans zur Erreichung des Ziels. Kern und Kurz "bekennen" sich zu dem Ziel. Wir "müssen das schrittweise erreichen", schreibt der Kanzler. Sein Außenminister rühmt sich der "klaren Trendumkehr" bei der EZA-Quote. Strache will von höheren EZA-Ausgaben derzeit nichts wissen: "Erst gilt es, die Migrationskrise zu lösen und dann die Entwicklungszusammenarbeit auf neue Beine zu stellen."
 
Nicht vorpreschen soll Österreich bei der Anerkennung Palästinas. "Wir werden das nur machen, wenn es dem Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern nützt", schreibt Kern. "Österreich bekennt sich klar zur Zwei-Staaten-Lösung als Ergebnis von Verhandlungen", meint Kurz. Dass die Lösung von den Konfliktparteien verhandelt werden müsse, schreibt auch Strolz. Lunacek tritt für ein "koordiniertes Anerkennen durch EU-Staaten ein". Strache äußert sich nur allgemein befürwortend zur Zwei-Staaten-Lösung.
 
Für die Aufstockung der Auslandseinsätze des Bundesheeres machen sich nur Lunacek und Strolz stark. Die Grünen-Spitzenkandidatin wünscht sich eine Beteiligung an einer diskutierten UNO-Blauhelmtruppe für die Ostukraine zum Schutz der OSZE, der NEOS-Chef will österreichische Soldaten nach Mali, Sudan, Südsudan sowie später in die Zentralafrikanische Republik und die Demokratie Republik Kongo schicken. Strache sieht wegen der schlechten Budgetlage des Heeres "keinen Handlungsspielraum", Kern und Kurz verweisen darauf, dass Österreich derzeit schon 1.000 Soldaten weltweit im Einsatz hat. Wir werden das "Niveau halten", ergänzt der Kanzler.
 
Abschließend sollten die Spitzenkandidaten noch die Frage beantworten, ob sie den Vormarsch rechtspopulistischer Parteien nach den jüngsten Wahlen als gestoppt ansehen und was der Hauptgrund dafür sei. Kurz lässt die Frage aus, Kern antwortet, dass die "Rechtsdemagogen" bei einigen Wahlen nicht so viel gewonnen hätten wie befürchtet, das Problem aber "nicht erledigt" sei. Lunacek spricht von einem "Dämpfer" für die Rechtspopulisten und macht die "klare Pro-EU-Position" als Hauptgrund aus. "Rechtspopulistische Parteien werden immer wieder einmal an Stärke gewinnen und verlieren", schreibt dagegen Strolz. Und Strache fühlt sich angesprochen: "Was verstehen Sie unter 'Vormarsch rechtspopulistischer Parteien'? Die FPÖ? Dann sicher nein."
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