Equal Pay Day

Ab heute arbeiten Frauen "gratis"

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Männer haben mit heute, statistisch gesehen, jenes Einkommen erreicht, für das Frauen noch bis zum Jahresende arbeiten müssen. 

Wien. Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund und die Wiener Frauenstadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) haben am Montag mit einer Medienaktion in Wien auf den österreichweiten Equal Pay Day und die ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern aufmerksam gemacht. Sie forderten unter anderem mehr Lohntransparenz in Betrieben sowie einen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen.

Bei einem Infostand auf der Mariahilfer Straße erhielten Passanten einen Haushaltsplan zum Ausfüllen, der helfen soll, Hausarbeit fair zu organisieren. AK-Präsidentin Renate Anderl sprach sich gegenüber der APA außerdem für mehr Lohntransparenz auf betrieblicher Ebene aus. Hier müsse "nachjustiert" werden. Aktuell sind nur Unternehmen mit mehr als 150 Mitarbeitern verpflichtet, einen Einkommensbericht zu erstellen. Zur Kontrolle dieser Berichte brauche es zudem eine unabhängige Kommission, forderte Anderl.

Für ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann muss vor allem bei der Kinderbetreuung angesetzt werden, um die Lohnschere zu schließen. "Für mich ist der Knackpunkt die sogenannte 'unbezahlte Arbeit' - sprich Kindererziehung, Pflege und Haushalt", sagte Schumann. Sie pochte auf den österreichweiten, flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. "Wir müssen so früh wie möglich ansetzen", betonte Gaal. Mädchen müsse schon früh das Selbstbewusstsein mitgegeben werden, dass sie sich alles zutrauen können und sie müssten auch für technische und wissenschaftliche Berufe begeistert werden.
 
Am Equal Pay Day haben Männer statistisch gesehen bereits jenes Einkommen erreicht, für das Frauen noch bis zum Jahresende arbeiten müssen. In diesem Jahr arbeiten Frauen im Verhältnis zu den Männern 72 Tage "gratis". In Österreich werden seit Jahren zwei Tage der Einkommensgerechtigkeit begangen, was auf die Berechnungsmethode zurückzuführen ist. Neben dem Herbsttermin gibt es somit auch einen Equal Pay Day im Frühling.
 

Einkommensschere öffnet sich schon im Studium

Die Einkommensschere öffnet sich bereits während des Studiums: Laut einer Studie, die am Montag anlässlich des Equal Pay Days veröffentlicht wurde, rechnen Studentinnen mit einem deutlich geringeren Einstiegsgehalt als ihre männlichen Kollegen. Demnach geben sich Frauen aller Studienrichtungen im Schnitt mit rund 6.000 Euro weniger Jahresgehalt zufrieden als ihre männlichen Kollegen.
 
Besonders ausgeprägt ist der Unterschied in den Naturwissenschaften. Für die Erhebung des Recruiting-Unternehmens StepStone und der Beratungsfirma Universum wurden von Oktober 2018 bis März 2019 österreichweit mehr als 10.000 Studierende befragt. Frauen fordern außerdem viel seltener eine Gehaltserhöhung. Während gut ein Viertel aller Männer (26 Prozent) jedes Jahr nach einer Gehaltserhöhung fragt, hat laut dem Stepstone-Gehaltsreport mehr als jede dritte Frau (42 Prozent) noch nie um mehr Geld gebeten.
 
Um die Einkommensschere zu schließen, forderten die Grünen am Montag einen Nationalen Aktionsplan. "Österreich ist hier ein frauenpolitisches Rückschrittsland, dabei könnten wir Vorbild sein", kritisierte die designierte Nationalratsabgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic in einer Aussendung. Sie sprach sich für eine deutliche Anhebung der Gehälter in Dienstleistungsbereichen wie Gesundheit, Pflege und Soziales aus.
 
Auch für die Gewerkschaft GPA-djp ist die wichtigste Maßnahme zur Schließung der Lohnschere die Anhebung von Gehältern in frauendominierten Branchen. "Nicht zuletzt deshalb fordern wir im Handel eine saftige Gehaltserhöhung, 100 Euro mehr auf Vollzeitbasis", sagte Bundesvorsitzende Barbara Teiber laut einer Aussendung.
 
"Diese skandalöse Schieflage muss endlich ein Ende finden", forderte auch Monika Vana, Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im EU-Parlament. "Wir brauchen mehr Einkommenstransparenz, bessere Sanktionen bei Lohndiskriminierung und die Koppelung von Auftragsvergaben an Gleichstellungspläne in Unternehmen."
 
Der Seniorenbund wies in einer Aussendung darauf hin, dass die Minderbezahlung von Frauen "weitreichende und langfristige Konsequenzen" hat. "Aus Lohnungleichheit entsteht Altersarmut", warnte Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec.
 
Auch die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) machte auf die "immer noch gravierenden Benachteiligungen von Frauen bei den Löhnen" aufmerksam. In einer männlich dominierten Berufswelt würden fehlende Vorbilder und Netzwerke insbesondere marginalisierte - so auch muslimische - Frauen treffen.
 
Die Jugendorganisationen der SPÖ veranstalteten Montagfrüh eine Protestaktion vor dem Parlament unter dem Motto "Frauen, legt die Arbeit nieder!". Sie fordern eine gesetzliche Regelung nach dem Vorbild Islands, wo Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeitern belegen müssten, dass sie weibliche und männliche Angestellte gleich entlohnen.
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