Machtkampf bei Continental eskaliert

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Continental-Chef Karl-Thomas Neumann hat den Machtkampf mit Großaktionär Schaeffler verloren und geht. Wer ihm nachfolgt ist noch nicht ganz klar, zuletzt kristallisierte sich der Schaeffler-Manager Elmar Degenhart heraus. Der Schaeffler-Konzern schweigt bisher. Seinen Plan, dem unter hohen Schulden ächzenden Autozulieferer durch eine Kapitalerhöhung Luft zu verschaffen, brachte der scheidende Konzernchef Neumann noch durch: Conti will neue Aktien für bis zu 1,5 Milliarden Euro verkaufen.

Mit der eigentlich geplanten sofortigen Absetzung Neumanns scheiterte das Herzogenauracher Familienunternehmen Schaeffler am Widerstand der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat. Das vereitelte auch den Plan der Franken, sofort einen Nachfolger einzusetzen und den Beschluss über die Kapitalerhöhung zu vertagen, die zu den größten in diesem Jahr in Deutschland zählt. Neben der Ausgabe neuer Aktien will der Konzern angesichts einer Mitte 2010 fällig werdenden Kredittranche über 3,5 Mrd. Euro neue Darlehensverhandlungen mit den Banken aufnehmen. Analysten lobten die Maßnahmen zwar, Conti-Aktien verloren am Freitagvormittag (31. Juli) dennoch sechs Prozent.

Conti steht nach der Übernahme der Siemens-Autoelektroniksparte VDO noch mit zehn Milliarden Euro in der Kreide und hat wegen der lahmenden Autokonjunktur Probleme mit der Bedienung der Schulden. "Wenn Conti von einem starken finanziellen Fundament aus operieren kann, dann nutzt das auch Schaeffler", resümierte Neumann. Da der Schaeffler-Anteil im Zuge der Kapitalerhöhung allerdings von 90 auf 66 Prozent sinken würde, hatten die Franken die Maßnahme skeptisch beäugt. Schaeffler lehnte eine Stellungnahme am Freitag ab.

"Ein guter Mann geht von Bord"

Neumann machte seinen Frust über das Vorgehen des Großaktionärs deutlich. Im Vorfeld der Entscheidung habe es "ungewöhnliche und sehr enttäuschende Entwicklungen" gegeben. "Diese machen es mir aber sehr schwer, auf Dauer vertrauensvoll mit unserem Großaktionär zusammen zu arbeiten", sagte Neumann. "Ein guter Mann geht von Bord", klagte Vize-Aufsichtsratschef Werner Bischoff.

"Der designierte Nachfolger konnte sich noch nie in einer vergleichbaren Funktion beweisen, was gerade angesichts der anstehenden großen Kapitalerhöhung ein Nachteil sein könnte", sagte ein anderes Gremiumsmitglied. Es sei zudem schwer, an die Qualitäten des eloquenten und gut vernetzten Managers Neumann heran zu kommen. Mit Neumann geht bereits der vierte Topmanager seit der Übernahmeattacke durch Schaeffler.

Zuvor hatten bereits sein Vorgänger Manfred Wennemer, Finanzchef Alan Hippe sowie Aufsichtsratschef Hubertus von Grünberg den Konzern verlassen. Manche Beobachter werten Neumanns Abgang auch vor dem Hintergrund eines längerfristigen Machtkampfs zwischen Neumann und Schaeffler-Geschäftsführer Jürgen Geißinger. "Entweder man wird Neumann jetzt los oder gar nicht mehr", sagte ein Conti-Aufsichtsrat. "Wenn Neumann seine Sache gut macht, würde es bei einer Fusion von Conti und Schaeffler in vielleicht einem Jahr wohl keinen Weg mehr an ihm vorbei geben." Auch Geißinger werden Ambitionen auf den Chefsessel in einem integrierten Konzern nachgesagt.

Zur langfristigen gemeinsamen Strategie traf der Conti-Aufsichtsrat am Donnerstag (30. Juli) keine Entscheidungen. Schaeffler ächzt seit der Conti-Übernahme unter einer elf Milliarden Euro schweren Schuldenlast, die auch durch eine Fusion seines Geschäfts mit Conti gemindert werden könnte. "Weiterhin gilt als Marschroute, dass das operative Geschäft von Schaeffler bei Conti eingebracht werden soll", sagte ein Conti-Aufsichtsrat. "Man ist sich grundsätzlich einig darüber, wie der Konzern künftig aussehen soll und wie man dahin kommen kann", hieß es auch in Kreisen der Gläubigerbanken.

Detailfragen bremsen den Fortschritt

Wegen zahlreicher Detailfragen - etwa den Steuerproblemen der Schaeffler-Eigner - benötige dieser Prozess aber noch Zeit. "Vorher muss dringend etwas zur Sanierung der Finanzen getan werden." Ob dazu bereits der Verkauf der Conti-Gummisparte beitragen kann, ist noch ungewiss. "Sobald sich der Markt erholt hat, wird Schaeffler den Bereich zum Verkauf stellen", sagte ein Conti-Aufsichtsrat jedoch. Dass Schaeffler den Bereich nicht zum Kerngeschäft zähle, habe das Unternehmen auch auf der Sitzung am Donnerstag deutlich gemacht. Die Frage, wo der fusionierte Konzern seinen Sitz haben soll, ist zwar weiter offen. Geißinger sehe sie aber eher in Herzogenaurach als in Hannover.

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