Um die Luftqualität in den Städten zu verbessern, hat Deutschland bereits 2008 in 33 Städten Umweltzonen eingeführt. Solche Fahrverbote könnte es in Österreich 2010 erstmals in Graz geben.
Während man in Berlin erste Erfolge feiert, arbeitet man hierzulande noch an der rechtlichen Umsetzung. Im Herbst soll die Novelle des Immissionsschutzgesetzes Luft (IG-Luft) in Begutachtung gehen. Die Diskussion über die Effizienz von Fahrverboten geht indessen weiter, wie ein Lokalaugenschein in Berlin zeigte.
Weniger Verkehr bewirkt eine Verbesserung der Luft, "das ist evident", meinte Bernd Lehming vom Umweltsenat Berlin bei einem gemeinsamen Pressegespräch mit den Autofahrerclubs ÖAMTC und ADAC.
In der deutschen Bundeshauptstadt müssen alle Dieselfahrzeuge mit einer Plakette gekennzeichnet sein, die die Umweltschädlichkeit des Fahrzeuges ausweist. Besonders abgasarme und neue Fahrzeuge sind mit grün gekennzeichnet, schlechtere mit gelb oder rot, Autos mit besonders viel Emissionen erhalten gar keine.
Je nach Plakette dürfen die Autos in die Umweltzonen einfahren oder eben nicht. Bei Verstößen gibt es eine Geldstrafe von 40 Euro und einen Punkt im deutschen Verkehrszentralregister in Flensburg.
Unterschiedliche Sichtweisen
Über die Wirksamkeit der Maßnahme streitet man in Deutschland: Während der ADAC in einer Vergleichsstudie von Städten mit und ohne Umweltzonen keine nennenswerten Verbesserungen der Luftqualität nachgewiesen haben will, feiern Vertreter der Stadt Berlin erste Erfolge.
Seit Einführung der Fahrverbote 2008 seien die Schadstoffbelastungen gesunken. Hauptsächlich sei das aber durch die Erneuerung der Fahrzeugflotte passiert. Im Jahresschnitt ist die Feinstaubbelastung in Berlin um drei Prozent gesunken, es hat um 4 Grenzwert-Überschreitungstage weniger gegeben, Stickstoffdioxidemissionen sind um 5 bis 12 Prozent zurückgegangen und die Rußbelastung um 14 bis 22 Prozent.
Beim ÖAMTC sieht man die Erfolge erwartungsgemäß kritisch: "Der größte Effekt der messbar ist, ist jener durch die Erneuerung des Fuhrparks", sagte Max Lang, Cheftechniker des Clubs. Für den ÖAMTC sind die Maßnahmen, wie man sie derzeit in Deutschland umsetzt, "höchst intransparent und schwer zu kommunizieren", kritisierte etwa Jurist Martin Hoffer.
Kategorien fehlen noch in Österreich
Fahrverbote verhängen konnten in Österreich auch bisher schon die Landeshauptleute. Was derzeit noch fehlt, ist "die Möglichkeit, Fahrzeuge zu kategorisieren", sagte Hoffer. Das ist notwendig, um klar kennzeichnen zu können, wer in ein Gebiet einfahren darf und wer nicht. Außerdem brauche es eine klare Beschreibung wie eine Verbotszone auszusehen hat, für wen Ausnahmeregelungen gelten können etc. Auch die Kennzeichnung von Fahrzeugen mit Plaketten, die Auskunft über die Abgasnorm des Wagens geben, müsse einheitlich geregelt sein.
Zuständig dafür ist das Umweltministerium. Ländervertreter, die der Idee etwas abgewinnen können, wie der steirische Umweltlandesrat Manfred Wegscheider (S) warten derzeit auf die Novelle des Immissionsschutzgesetzes Luft (IG-Luft), das laut Wegscheiders Büro Ende Oktober in Begutachtung geschickt werden soll.
Österreich mit "zu hoher" Dieseldichte
Was die Situation in Österreich im Vergleich zu den deutschen Nachbarn noch einmal verschärft, ist die Tatsache, dass hierzulande - laut ÖAMTC - rund 53 % der Autofahrer einen Diesel-Pkw fahren. In Deutschland beträgt der Anteil etwa die Hälfte.
Von Fahrverboten, die für Autos ab der Abgasnorm Euro-3 (etwa ein VW Golf IV Baujahr 1998 bis 2003 oder ein Audi A4 B6 Baujahr 2000 bis 2004) und älter gelten (so ist es derzeit in Berlin vorgeschrieben), wären in Österreich 1,7 Mio. Autofahrer betroffen (40 % des Diesel-Bestandes).
Beim ÖAMTC ist man überzeugt, dass man allein durch Optimierungen in der Verkehrsplanung wie etwa dem Ausbau von "Grünen Wellen" und der Verkehrstelematik könnten ähnlich gute Erfolge bei Schadstoffreduktionen erzielen könne. Fahrverbote sind inakzeptabel, solange keine geeigneten Begleitmaßnahmen im öffentlichen Verkehr gesetzt werden, hieß es.