Die Landwirtschaftskammer hat das jüngste AK-Preismonitoring, in dem es heißt, Österreich sei im Europa-Vergleich teuer, unter die Lupe genommen und ihn als "Mogelpackung" bezeichnet. Was als Länder-Vergleich dargestellt werde, sei in Wahrheit ein Städte-Vergleich, wobei deren Auswahl sehr selektiv erfolgte. Mehrwertsteuer-Differenzen würden ebenso wenig berücksichtigt wie Kaufkraft oder Qualitätsunterschiede. Die Berechnung erfolgte jeweils auf Basis des Auslands, damit die Preisdifferenz umso größer ausfällt und Österreich umso schlechter abschneidet.
Unter dem Titel "Österreich im Europa-Vergleich teuer" hat die AK Ende Juli ein Preismonitoring veröffentlicht. Kaufe man jeweils das preiswerteste Produkt seiner Klasse, so liege Österreich bei einem Europa-Ranking im untersten Mittelfeld. So koste der große Einkaufskorb in Wien um gut ein Drittel (34,1 %) mehr als etwa im polnischen Stettin. Nur in Holland, Luxemburg und der Schweiz müsse mehr dafür gezahlt werden. Dies gehe aus einem Testkauf von 39 preisgünstigsten Lebens- und Reinigungsmitteln in neun Ländern hervor, behauptet die AK.
Vergleichs-Aussagen sind nicht repräsentativ
Die bäuerliche Interessenvertretung ist dabei auf zahlreiche Ungereimtheiten gestoßen: Was auf den ersten Blick als Länder-Vergleich wahrgenommen wird, entpuppt sich als reiner Städte-Testkauf. Die Monitoring-Aussagen sind also nicht repräsentativ für das jeweilige Land. In Belgien wurde von der AK etwa Lüttich herangezogen und nicht die - teurere und größere - Hauptstadt Brüssel. Noch unverständlicher sei, dass wichtige Nachbarländer wie Italien (ein Hochpreisland für Lebensmittel) ebenso fehlen wie bedeutende Staaten wie Großbritannien. Auf der anderen Seite sei Luxemburg einbezogen worden, obwohl es nicht wirklich ein Vergleichsmaßstab sei.
Dafür wurden Polen und Tschechien berücksichtigt, ohne allerdings zu erwähnen, dass auch die Einkommensverhältnisse in diesen beiden Ländern deutlich unter dem österreichischen Niveau liegen. Laut Eurostat erreichte das BIP pro Kopf (ausgedrückt in Kaufkraft-Standards) in Polen 2008 nur 57 % des EU-Durchschnitts, während Österreich auf 123 % kam.
Preisdifferenzen werden überdramatisiert
Als "völlig unlogisch" wird von der Landwirtschaftskammer auch die AK-Methodik kritisiert: Als Basis für die prozentmäßigen Unterschiede werden nämlich die ausländischen Preise herangezogen. So behauptet die AK, dass in Polen dieser Warenkorb mit 39 Produkten 35,94 Euro kostet. In Österreich sei er damit um 34,1 Prozent teurer. Ein österreichischer Konsument stellt sich jedoch die Frage, wie viel er hierzulande für diesen Warenkorb ausgeben muss (48,20 Euro) und erst dann, um wie viel billiger er etwa in Polen wäre. Auf dieser Ausgangsbasis beträgt die Differenz allerdings nur mehr 25,4 Prozent.
Aus der Darstellung der AK gehe weiters nicht hervor, ob es sich um Netto- oder Bruttopreise handelt. Erst im Download-Dokument erfährt man, dass die unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze nicht berücksichtigt wurden. Bemerkenswert ist, dass bei dem Preisvergleich frische Vollmilch herausgenommen wurde, da in Belgien in den Supermärkten nur mehr H-Milch erhältlich war. Dass bei diesem Monitoring jeweils das günstigste Produkt verglichen wurde und die Qualitätsunterschiede keine Rolle spielten, wird von der AK selbst zugegeben.
Laut Eurostat liegt Österreich im EU-Mittelfeld
Aus einer von Eurostat Mitte Juli publizierten Untersuchung, die im Gegensatz zur AK nicht acht, sondern alle 27 EU-Mitgliedstaaten umfasst, geht hervor, dass die Preisniveaus für Verbrauchsgüter und Dienstleistungen in der Union extrem unterschiedlich sind und bis zum Dreifachen variieren. Das höchste Niveau erreichte 2008 Dänemark mit 141 % des EU-Schnitts, das niedrigste wurde in Bulgarien (51 %), Rumänien (62 %) und Polen (69 %) erhoben. Österreich liegt bei dieser repräsentativen Studie mit 105 % im EU-Mittelfeld.
"Die AK ist aufgerufen, bei derartigen Preisvergleichen künftig mehr Sorgfalt und Fairness walten zu lassen. Außerdem findet sich im Monitoring kein Hinweis darauf, dass es zahlreiche Gründe für unterschiedliche Lebensmittelpreise gibt, die in der Struktur der Länder begründet sind, etwa die gesetzlichen Rahmenbedingungen oder unterschiedliche Kostenstrukturen in der Verarbeitung", fordert August Astl, Generalsekretär der Landwirtschaftskammer Österreich, fest. Dass die AK ausgerechnet jetzt, wo die Inflation auf den Nullpunkt gesunken sei und die Arbeitslosigkeit aufgrund der Wirtschaftskrise ständig steige, einer "Geiz ist geil-Mentalität" das Wort rede und indirekt für Importlebensmittel eintrete, sei unverständlich, so Astl.
AK bleibt dabei: Österreich ist im Europa-Vergleich teurer
Für die AK sit die Kritik der Landwirtschaftskammer "an den Haaren herbeigezogen und sachlich falsch". Selbstverständlich, so die AK, habe man die Preise inklusive Mehrwertsteuer verglichen, denn es komme darauf an, was der Konsument letztendlich zahlt. Auch Eurostat vergleiche die Preise mit Mehrwertsteuer. Und die Unterstellung einer "Geiz ist geil-Mentalität" sei zynisch, wenn man bedenke, dass viele Menschen gerade in Krisenzeiten auf jeden Euro schauen müssen.