Der Halbleiterkonzern Infineon will im Geschäft mit Mobilfunkchips in die Weltspitze aufrücken. In den beiden anderen Kerngeschäftsfeldern stehe das Unternehmen dort schon, sagte Vorstandschef Peter Bauer in einem Agentur-Interview. "Bis auf den Mobilfunkbereich sind wir unter den Top drei. Auch für den Mobilfunk gilt: Das ist ein Muss! Wir wollen auch dort mittelfristig zweistellige Margen erwirtschaften." Bisher rangiere Infineon in dem Segment auf Platz 4 und konkurriere dort etwa mit dem US-Hersteller Broadcom.
Spekulationen, Infineon könnte sich von dem Mobilfunksektor zugunsten der beiden anderen Sparten Energiesteuerungshalbleiter und Sicherheitschips trennen, trat Bauer entgegen. Sein Unternehmen entwickle mit einem Kunden bereits Chips für die kommende vierte Mobilfunkgeneration LTE, die ab 2013 Fahrt aufnehmen dürfte. "Wir werden diesen Weg weiter gehen."
Nach verlustreichen Jahren und einem dramatischen Überlebenskampf, der rund 3.500 Arbeitsplätze kostete, sieht Bauer sein Haus auf dem Weg der Besserung. "Das abgelaufene Jahr hat Infineon wesentlich stärker gemacht. Diese existenzielle Krise hat die Leute zusammengeschweißt", sagte Bauer. "Unser Augenmerk liegt nun vor allem auf der Verbesserung der Ertragskraft." Infineon sei durch die harten Einschnitte der Vergangenheit gut für einen Aufschwung gerüstet. "Durch die veränderte Kostenstruktur und die Unterauslastung des vergangenen Jahres wird der geplante zusätzliche Umsatz des laufenden Jahres nahezu vollständig im operativen Ergebnis ankommen", kündigte der Infineon-Chef an.
Die langersehnte Konzernmarge von einem Zehntel rücke langsam näher. "Wann wir die Marke von zehn Prozent bei der operativen Rendite überspringen, hängt von der Marktentwicklung ab. Wenn sich der Markt weiter positiv entwickelt, wird dies nicht lange auf sich warten lassen. Für das laufende Geschäftsjahr haben wir unsere Erwartung ja bereits abgegeben." Nach langer Durststrecke erwartet Infineon nun seinen ersten Jahresgewinn seit dem Geschäftsjahr 2003/04. Auch beim Umsatz sehe es für 2009/10 gut aus: "Wir rechnen im laufenden Jahr mit einem Wachstum unseres Geschäftes vor Währungseffekten von mehr als 15 Prozent." Das laufende Quartal bestätige Bauers Einschätzung. "Im laufenden Quartal haben wir eine stabile Entwicklung. Ich kann unsere Prognose bestätigen. Das Geschäft läuft zufriedenstellend."
Auch wenn der schwache Dollar Infineon derzeit belaste, werde der Effekt in den kommenden Jahren abnehmen, da der Produktionsanteil in Asien steige. Allerdings seien keine Standortverlegungen geplant. "Eine Fabrikverlagerung von Europa nach Asien steht derzeit nicht zur Debatte. Mit zusätzlichem Geschäft bekommen wir mehr Marge als mit langwierigen Fabrikverlagerungen, die sehr viele Entwicklungsressourcen erfordern." Die Infineon-Mitarbeiter können sich auf etwas Ruhe einstellen. "Wir geben keine Beschäftigungsgarantie auf unbestimmte Zeit, aber es stehen aktuell keine Fabrikschließungen auf dem Programm." Der jüngste Aufschwung im Halbleitersegment habe Infineon hohe Auslastungen beschert. "Nach dem Personalabbau im vergangenen Jahr haben wir zuletzt die Zahl der Leiharbeiter wieder aufgestockt."
Keine Zukäufe geplant
Auf Einkaufstour will Bauer für Infineon zunächst nicht gehen. "Wir gehen Akquisitionen derzeit nicht aktiv an. In unseren Geschäftsbereichen sehen wir die Möglichkeiten recht zurückhaltend. Wir setzen auf organisches Wachstum. Sollten sich durch die Konsolidierung Nachteile für uns ergeben, würden wir handeln." Als Opfer einer Übernahmeattacke sieht Bauer seinen Konzern derzeit nicht: "Es gibt keine Avancen, die mich erröten ließen." Er wolle auch sein Haus nicht als ein solches Objekt sehen. "Wir würden gerne unabhängig bleiben", betonte der Vorstandschef. Er wies auch Spekulationen zurück, wonach Großaktionäre Stimmung gegen den designierten Aufsichtsratschef Klaus Wucherer machen würden. "Es gibt keine Investoren, die sich zusammengetan haben und gegen Herrn Wucherer sind. Solche Berichte sind barer Unsinn", sagte Bauer. "Herr Wucherer ist als neuer Aufsichtsratsvorsitzender nominiert und das bleibt auch so."
Dem am Markt kursierenden Gerücht, Infineon drohe beim US-Computerkonzern Apple den Auftrag für Komponenten für das Handy "iPhone" zu verlieren, trat Bauer entgegen: "Wir haben in den USA keinen Kunden verloren und stehen auch nicht davor." Der Gesamtkonzern Infineon Technologies AG erzielte mit weltweit rund 25.650 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2008/09 einen Umsatz von 3,03 Milliarden Euro. In Österreich hat die Tochtergesellschaft Infineon Technologies Austria AG im abgelaufenen Geschäftsjahr 903 Millionen Euro Umsatz erzielt.