Wohnen als zentrales Grundbedürfnis und wirtschaftspolitische Herausforderung: In den letzten Wochen und Monaten sorgte das Thema „Wertsicherungsklauseln“ medial für einiges an Aufregung.
Wohnen zählt zu den zentralen Grundbedürfnissen des Menschen. Die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichend leistbarem Wohnraum ist eine der größten wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Aufgaben in Österreich. Ein breiter Konsens besteht darin, dass der Staat sicherstellen muss, dass alle Bevölkerungsschichten Zugang zu geeignetem Wohnraum haben. Besonders gemeinnützige Bauvereinigungen (GBV) spielen hier eine Schlüsselrolle: Rund ein Viertel aller österreichischen Haushalte lebt in einer Wohnung, die von einer GBV vermietet oder verwaltet wird.
Verbandobmann Michael Gehbauer und Obmann-Stellvertreterin Isabella Stickler zum Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz.
Angemessenes Entgelt nach Kostendeckungsprinzip
Der Geschäftsbetrieb gemeinnütziger Bauvereinigungen unterliegt dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG). Für die Überlassung der Wohnungen dürfen sie ein „angemessenes“ Entgelt vereinbaren, das auf dem Kostendeckungsprinzip basiert. Dieses Prinzip stellt sicher, dass die Miete weder zu hoch noch zu niedrig angesetzt wird, um die Aufwendungen für Bewirtschaftung, Verwaltung und Rücklagenbildung zu decken.
Beim Abschluss eines Mietvertrags wird meist ein Finanzierungsbeitrag entrichtet, der dazu dient, den laufenden Wohnaufwand zu verringern. Parallel dazu finanzieren die GBV die Herstellungskosten der Wohnanlage über eigenes oder fremdes Kapital. Das laufende Entgelt umfasst neben den Finanzierungskomponenten auch Beiträge für Erhaltung und Verbesserung der Gebäude, Verwaltungskosten, Betriebskosten, Rücklagen sowie die gesetzlich vorgeschriebene Umsatzsteuer. Zusammen bilden diese Posten das „angemessene“ Entgelt nach § 13 Abs. 1 WGG.
Variabilität des WGG-Entgelts und Entgeltanpassungsrecht
Ein wesentliches Merkmal des WGG-Entgelts ist seine Variabilität. Anders als bei herkömmlichen Mietverträgen kann das Entgelt während der gesamten Mietdauer nach oben oder unten angepasst werden, um Änderungen der Kostenlage zu berücksichtigen. Ohne diese Flexibilität wäre die Kostendeckung nicht gewährleistet. Ein wenig bekannter, aber zentraler Punkt ist das gesetzesunmittelbare Entgeltanpassungsrecht des WGG. Während Mieter bei ABGB- oder MRG-Verträgen nur dann einseitige Anpassungen akzeptieren müssen, wenn eine vertragliche Wertsicherungsvereinbarung existiert, können gemeinnützige Bauvereinigungen nach § 14 Abs. 1 WGG das Entgelt selbstständig anpassen – ohne dass eine gesonderte vertragliche Vereinbarung nötig ist.
Diese Anpassungen betreffen alle Entgeltkomponenten, von Finanzierungskosten über Betriebskosten bis zu Rücklagenbeiträgen. Die GBV ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, das Entgelt anzupassen, wenn sich die zugrunde liegenden Kosten ändern, beispielsweise durch Zinssatzänderungen, Tilgung von Darlehen oder Wegfall von Zuschüssen.
Transparenz: Informationspflicht gegenüber MieternDie Wirksamkeit der einseitigen Anpassung setzt die Einhaltung der Informationspflicht voraus. Mieter müssen schriftlich über jede Änderung informiert werden und haben das Recht, das Entgelt nachzuprüfen. So ist Transparenz gewährleistet, gleichzeitig bleibt die Kostendeckung über die gesamte Mietdauer sichergestellt.Zusammenfassend zeigt das WGG, dass die Anpassung des kostendeckenden Entgelts gesetzlich verankert und essenziell ist, um eine verlässliche Bewirtschaftung gemeinnütziger Wohnanlagen zu gewährleisten. Eine explizite vertragliche Vereinbarung über Anpassungen ist nicht erforderlich, hilfreich ist jedoch ein Hinweis im Mietvertrag, um die typische Veränderbarkeit des Entgelts transparent zu machen. Das gesetzesunmittelbare Entgeltanpassungsrecht stellt sicher, dass die Balance zwischen wirtschaftlicher Tragfähigkeit der GBV und leistbarem Wohnraum für die Mieter jederzeit gewahrt bleibt.