Amazons E-Book-Reader "Kindle" nun in Österreich

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Die internationalen Kindle-Kunden müssen vorerst aber einige Einschränkungen akzeptieren.

Mit dem Kindle will Amazon das für die E-Books schaffen, was Apple mit iPod und iTunes für den digitalen Musikvertrieb kreiert hat: nicht nur ein Gerät zu verkaufen, sondern eine Gesamt-Plattform zu erstellen. Den Kindle, dessen Display wie bei anderen E-Book-Readern durch "E-Ink"-Technologie bedrucktem Papier ähnelt, kann man nur aus dem Amazon-Bestand mit Büchern beladen.

Eine Taktik mit zunehmendem Erfolg: 360.000 Buchtitel verkauft Amazon in den USA sowohl als Papierbuch als auch als E-Book. Und bei diesen steigt der Anteil der digital verkauften Bücher rasant: Im Juni 2008 wurden pro 100 verkauften Papierbüchern 15 E-Books verkauft. Im Mai 2009 war das Verhältnis 100 zu 35, derzeit ist es schon 100 zu 48, sprich es werden knapp halb so viele E-Books wie herkömmliche Bücher desselben Titels verkauft.

Der Kindle selbst, also das Gerät, auf dem diese E-Books dann gelesen werden, ist der Bestseller im gesamten Amazon-Angebot, sagt Ian Freed, der Vizepräsident für "Digitale Services" bei Amazon.com. Der Kindle soll die "besten Features des Buches" bieten und dieses an entscheidenden Stellen weiterentwickeln. "Es geht nicht um das Buch, sondern um das Lesen", so Freed. Ein E-Book-Reader sei nur dann gelungen, "wenn er verschwindet: Die Kunden sollen beim Lesen nicht abgelenkt werden."

Irritationen könnte es jedoch für die potenziellen Leser beim Kaufentscheid geben: Bestellen kann man den Kindle für einen Gerätepreis von 279 Dollar (rund 188 Euro) nur in den USA, von wo die Geräte ab heute, Montag, versandt werden - den anfallenden Zoll muss der Kunde bezahlen. Das Ladegerät des Kindle ist mit einem US-Stromstecker ausgestattet - den Adapter für österreichische Steckdosen kann man "beim Kindle-Kauf für weniger als 10 Dollar gleich mitbestellen", so Freed. Das Buch-Angebot ist derzeit auf englischsprachige Literatur beschränkt, und nicht alle dieser Bücher stehen in jedem Land zur Verfügung.

Für Österreicher teurer als für US-Kunden

Am gravierendsten aber sind wohl zwei Punkte: Es gibt weniger Bücher im Angebot, und diese sind für Österreicher teurer als für US-Kunden. Und da die Übertragung der Bücher auf den Kindle per Roaming weiter über den US-Betreiber AT&T und nicht über Handynetz-Anbieter im jeweiligen Land des Käufers vonstattengeht, ist der Datentransfer für internationale Kunden eingeschränkt.

So können diese zwar auch Zeitungen wie die "New York Times" und die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" abonnieren, die sich jeden Morgen automatisch am Kindle aktualisieren; die Bilder zu den Artikeln, die US-Kunden sehen, fehlen jedoch. Und auch die Möglichkeit, Blogs zu abonnieren, entfällt.

"Es ist okay für uns, wenn die Kunden mit dem Kauf noch warten", antwortet Freed auf die Aufzählung dieser Liste. "Aber viele Kunden werden den Komfort des Gerätes schon jetzt schätzen. Wir haben viele internationale Bestellungen, auch aus Österreich." Amazon werde aber "das Angebot natürlich weiterentwickeln". So soll 2010 auch der Kindle DX (mit weit größerem Display) international verfügbar sein - auf welchem Vertriebsweg, darüber wollte Freed keine Auskunft geben.

Jedes Buch in 60 Sekunden abrufbar

Die über den Kindle gekauften Bücher seien auch für internationale Kunden "immer noch billiger als gedruckte Bücher", so Freed. Der erhöhte Preis ergebe sich nicht nur aus den vermehrten Kosten für die Datenübertragung, sondern u.a. auch aus "Mehrwertsteuern und anderen Kosten". Derzeit konzentriere sich Amazon darauf, englischsprachige Literatur weltweit verfügbar zu machen. Wann es ein deutschsprachiges Angebot geben wird, wisse er noch nicht.

"Unser Ziel ist: Jedes Buch in jeder Sprache weltweit in 60 Sekunden abrufbar zu machen." Mit Regelungen wie der Buchpreisbindung im deutschsprachigen Bereich "werden wir uns dann auseinandersetzen". Dass deutschsprachige Verlage dann ihre Werke am Kindle verfügbar machen wollen, daran hat Freed wenig Zweifel. In den USA brauchte es am Anfang "viel Überredungskunst", die Verlage zu motivieren. "Jetzt, wo klar ist, wie beliebt der Kindle ist, wollen die Verleger so rasch wie möglich mehr Bücher auf den Kindle bringen. Das wird in allen Sprachen passieren."

Löschung von Orwells "1984" war "Fehler"

Amazon sei beim Kindle "laufend am Weiterentwickeln. Vor zwei Jahren haben wir erstmals ein elektronisches Gerät selbst verkauft. Nun gibt es den Kindle in 100 Ländern." Bei derartigen Entwicklungen "passieren auch manchmal Fehler", gesteht Freed zu. So hat Amazon in den USA nach Rechteproblemen ausgerechnet George Orwells Buch "1984" von den Kindles mancher Kunden gelöscht. "Dafür haben wir uns entschuldigt."

Die breite Diskussion zu E-Book-Lesegeräten ist nach wie vor von Unbehagen geprägt: Viele sehen in derartigen Geräten fast so etwas wie den Untergang des Abendlandes. Derartige Geräte seien aber kein Schaden für die Literatur, sondern vielmehr wichtig für die Zukunft des Lesens, so Freed: "Es muss attraktiv sein, ein elektronisches Buch zu lesen", so Freed, denn derartige Geräte müssen bei den Kindern und Jugendlichen mit tragbaren Spielekonsolen und Mp3-Spielern konkurrieren.

Er hege auch angesichts der anhaltenden Abwehrhaltung vieler Leser keinen Zweifeld daran, dass E-Book-Reader wie der Kindle "die Zukunft" sind. "Die Zeit für E-Books ist gekommen. Irgendwann werden die Menschen wohl mehr auf solchen Geräten lesen als in herkömmlichen Büchern", so Freed. "Ob das aber in drei oder 30 Jahren sein wird, wissen wir nicht."

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