LIBRO-Prozess

Ernst&Young: Schon damals Ungereimtheiten

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Trotz der Ergebnisse der Due Diligence gab es offenbar keine Konsequenzen.

Als zweites Großthema beim heutigen Libro-Prozess ist die nachträgliche Prüfung von Libro durch Ernst & Young im Auftrag der Telekom Austria auf der Tagesordnung gestanden.

Prüfungsergebnis ohne Konsequenzen
Nach dem 25-prozentigen Einstieg der Telekom beim Buch- und Papierhändler wurde die Due Diligence aufgrund des Zeitdrucks nach der Vertragsunterzeichnung durchgeführt. Bei der Prüfung kamen zahlreiche Probleme zutage, dennoch gab es keine offenbaren Konsequenzen.

Libro wollte Prüfung einschränken
Markus Jandl, Wirtschaftsprüfer und Geschäftsführer von Ernst & Young, erinnerte sich heute im Zeugenstand, dass die "Post-Due-Diligence" im März 2000 nur schleppend verlief, weil viele Unterlagen bei Libro immer wieder urgiert werden mussten. Er habe den Bericht zwar mitunterschrieben, vor Ort war aber sein Kollege Karl Rab, ebenfalls ein Geschäftsführer von Ernst & Young. Libro wollte den Zeitraum und die Intensität der Prüfung einschränken, die Gründe dafür kannte er nicht, so Jandl heute.

Als ein Problem wurde in dem Bericht Libro Deutschland thematisiert. Demnach hätte das Geschäftsmodell und die Entwicklung der deutschen Filialen bzw. die Perspektive die man dabei gesehen hatte, nicht gepasst. Für den Wert der drei Filialen kann nicht der Zukunftswert von über 50 geplanten Filialen herangezogen werden, brachte es Jandl auf den Punkt. Deshalb wurde im Bericht an die Telekom festgehalten, dass "der Wert auf Grundlage dieses Gutachtens (Anm. von seiten der KPMG) nicht nachgewiesen" wurde.

Hypo-Chef erstellte Gutachten
Der Kärntner Hypo-Chef Gottwald Kranebitter hatte als damaliger KPMG-Geschäftsführer im Auftrag der Libro ein Gutachten über den Unternehmenswert der deutschen Tochter erstellt. Demnach war sie zwischen 140 und 160 Mio. S wert. Daraufhin wurde Libro Deutschland in der Libro-Bilanz 1998/99 auf 140 Mio. S aufgewertet. In weiterer Folge konnte eine Sonderdividende in Höhe von 440 Mio. S ausgeschüttet werden.

Jandl zufolge war auch der Betrachtrungszeitraum für die Post-Due-Diligence seitens des Buch- und Papierhändlers mit 31. August 1999 eingeschränkt worden. Unterlagen nach diesem Datum wurden nicht zur Verfügung gestellt. Der Auftrag der Telekom Austria sah vor, mögliche Risiken für die Libro-Bilanz per 29. 2. 2000 zu prüfen. Das war damit laut Jandl unmöglich.

Auch Rab berichtete von Hürden
Auch sein Kollege Rab berichtete im Anschluss von zahlreichen Hürden bei der Post-Due-Diligence. So wurden etwa der Internetbereich und Interviews mit dem Libro-Vorstand ausgeschlossen - später dann doch wieder zugelassen. "Libro konnte aufgrund unserer Prüfung nur verlieren, daher wurden wir nicht mit offenen Armen empfangen", erklärte Rab heute die damalige Situation, denn der Vertrag mit der Telekom war ja schon unterschrieben.

Die Bewertung von Libro Deutschland hielt Rab für nicht stichhaltig, weil die KPMG die zugrunde gelegten Zahlen nicht verplausibilisiert hatte - worauf die KPMG ausdrücklich in ihrem Gutachten hinwies.

"Firmenwert aus Plan ableiten halte ich für unzulässig"
Für Rab war die Deutschland-Expansion eine bloße Absichtserklärung, die nicht überprüfbar sei. Dazu zitierte er aus einem mitgebrachten Artikel des "WirtschaftsBlatts" vom 9. Februar 2000, in dem der damalige Libro-Chef Andre Rettberg 200 Geschäfte für den "riesigen Buchmarkt Deutschland" in Aussicht stellt. In einer Presseaussendung damals sprach Rettberg laut dem "Standard" von 100 Filialen. "Den Firmenwert aus einem Plan abzuleiten, halte ich für unzulässig", so Rab heute.

Real gab es hingegen die drei bestehenden verlustbringenden Filialen. Er habe mit der damaligen Geschäftsführerin von Libro Deutschland telefoniert. Auch sie hielt die Planzahlen für die Expansion für nicht nachvollziehbar.

Unterlagen bis zum Schluss vorenthalten
Bei der Bewertung der Vorräte erhielt Rab die Unterlagen bis zum Schluss des Gutachtens nicht. Probleme gab es auch mit dem sofort verbuchten Mietzuschuss in Höhe von 9,6 Mio. S, den Libro für seine Amadeus-Filiale im Kaufhaus Steffl erhielt. "Dieser Betrag ist nicht geflossen", so Rab. Hintergrund war laut seiner Aussage, dass ein langfristiger Mietvertrag geschlossen wurden, darauf ein monatlicher Nachlass gewährt wurde. Dieser Rabatt wurde aber auf einmal gebucht. Darüber hinaus wurden die notwendigen Aufwertungen bei einem Schweizer Franken-Kredit im Ausmaß von 9,3 Mio. S nicht vorgenommen.

Den Bericht hat Rab nach eignen Aussagen der Telekom am 9. Mai 2000 samt einem Begleitbrief in zehnfacher Ausführung übergeben. Was die Telekom damit gemacht habe, wisse er nicht.

Morgen Fortsetzung
Das Verfahren wird morgen, Donnerstag, um 8 Uhr mit der weiteren Zeugenaussage von Chef der Kärntner Hypo, Gottwald Kranebitter, als damaliger KPMG-Gutachter fortgesetzt. Sein Aussage konnte am 2. März aufgrund intensiver Befragung durch den Verteidiger des angeklagten Ex-Librochefs Andre Rettberg, Werner Sporn, nicht zu Ende gebracht werden.

Auf der Anklagebank im Libro-Strafprozess sitzen insgesamt fünf Beschuldigte - neben Rettberg auch Ex-Finanzvorstand Johann Knöbl, Ex-Aufsichtsratschef Kurt Stiassny, dessen Stellvertreter WU-Professor Christian Nowotny sowie den Wirtschaftsprüfer Bernhard Huppmann. Ihnen wird Untreue, Betrug und Bilanzfälschung vorgeworfen. Ihnen drohen bis zu zehn Jahre Haft. Sie weisen die Vorwürfe zurück.

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