Libro-Prozess

Vierter Verhandlungstag vorzeitig beendet

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Der Anwalt des mitangeklagten Christian Nowotny war verhindert.

Der vierte Verhandlungstag im Libro-Prozess wurde nach Befragung des ehemaligen Libro-Aufsichtsratschefs Kurt Stiassny überraschend beendet. Der Anwalt des mitangeklagten ehemaligen stellvertretenden Libro-Aufsichtsratschefs und Universitätsprofessors Christian Nowotny, der Strafrechtler Wolfgang Brandstetter, wolle bei den Aussagen seines Mandaten dabei sein und sei heute, Donnerstag, verhindert, begründete Richterin Birgit Borns.

Verhandlungstag um 12:30 Uhr zu Ende
Nowotny wäre als vierter Angeklagter dran gewesen. Der fünfte Angeklagte, Wirtschaftsprüfer Bernhard Huppmann, wollte nicht vor Nowotny aussagen. Damit war der Verhandlungstag am heutigen Dienstag kurz nach 12:30 Uhr zu Ende.

Kurt Stiassny befragt
Zuvor wurde Stiassny noch zum Downstream-Merger von Libro und der Zwischengesellschaft UDAG im Jahr 1999 befragt. Damals übernahm Libro die Mutter UDAG, was laut den damaligen Ansichten der Libro-Spitze unabdingbar für den Börsegang war. Die Zusammenführung der beiden Gesellschaften war ein schleifender Prozess, so Stiassny.

An der Zwischengesellschaft UDAG, bei der Stiassny im Vorstand gesessen ist, waren neben der UIAG (25 Prozent) und einer deutschen Beteiligungsgesellschaft (25 Prozent) mehrere Investoren und Privatstiftungen beteiligt. Unter den Gesellschaftern waren auch die angeklagten Ex-Libro-Vorstände Andre Rettberg und Johann Knöbl.

Aus der Verschmelzung der zwei Gesellschaften resultierte laut Anklageschrift für die Libro eine Erhöhung ihrer Passiva um 440 Mio. Schilling (32 Mio. Euro). Kurz vorher wurde eine Sonderdividende in gleicher Höhe an die UDAG ausgeschüttet. Damit wurden im Wesentlichen die Verbindlichkeiten der UDAG, die sie für den Erwerb der Libro aufgenommen hatte, getilgt und der Erwerb des Buch- und Papierhändlers aus der Karl Walschek Stiftung im Nachhinein finanziert, heißt es in der Anklage.

War Nowotny involviert?
Richterin Borns wollte von Stiassny wissen, ob Nowotny in die Problematik der Verschmelzung involviert war. Stiassny zufolge wurde Nowotny gefragt, ob das so gehe. Dass Nowotny in den Aufsichtsrat der Libro einziehe, war für Stiassny logisch, da er bereits im Aufsichtsrat der UIAG saß. In diesen zog er vor allem auf Wunsch der damaligen Creditanstalt ein, einem der damaligen Eigentümer der UIAG. Darüber hinaus habe es positive Erfahrungen mit Nowotny bei einzelnen Projekten gegeben.

Der geplante Downstream-Merger wurde durch Nowotny aktuell, so Stiassny weiter. "Ein Downstream-Merger war für mich wie ein Upstream-Merger." Auch ein Upstream-Merger hätte durchgeführt werden könnte, hätte aber länger gedauert. Es hätte aber kein Zeitdruck für die UIAG bestanden, die Libro zu verkaufen, sagte Stiassny.

Richterin ortet Zeitdruck
Da hakte die Richterin nach und meinte, dass sehr wohl Zeitdruck bestanden habe, wenn man wie zunächst geplant im Frühsommer 1999 an die Börse gegangen wäre. "Wir waren natürlich operativ in Zeitdruck", so Stiassny, "aber nicht im Zeitdruck, Libro zu verkaufen". Als es von einer Investmentbank geheißen habe, dass Libro zu seriös für den Neuen Markt in Frankfurt wäre, sei absehbar gewesen, dass sich der Börsegang verschieben werde, so Stiassny. Statt des zunächst angepeilten Börsegangs im Frühsommer 1999 ging das Unternehmen letztendlich im November 1999 an die Börse. Kurz darauf musste Libro in die Insolvenz und meldete 2001 Ausgleich und ein Jahr später Konkurs an.

Borns zufolge hatte Nowotny in einem Brief vor einem Verschmelzungsverlust der beiden Gesellschaften von 145 Mio. Schilling gewarnt. Der Rat Nowotnys war, mit dem Firmenbuchgericht zu reden, ob der Downstream-Merger so eingetragen werden könnte, geht aus einem Brief des WU-Professors vom April 1999 hervor.

Auf Anraten von externen Beratern wurde dies wirtschaftlich gelöst, schilderte Stiassny. Der Plan sei gewesen, stille Reserven zu suchen, die vorhanden waren, um diesen Verlust auf Null zu bringen. Auf die Frage, ob der Libro-Vorstand über den befürchteten Verschmelzungsverlust informiert wurde, meinte Stiassny: "Davon gehe ich aus."

Der Brief von Nowonty ist auf den 19. April 1999 datiert, ein Gutachten eines externen Beraters, in dem die Suche nach stillen Reserven empfohlen wird, ist mit 15. April 1999 datiert. "Wieso hat man vier Tage vorher schon ein Bewertungsgutachten? Ich verstehe die Datierung nicht", so Borns. "Ich kann dazu nichts sagen", meinte Stiassny. Außerdem sei er mit dem Jahresabschluss nicht beschäftigt gewesen.

"Was hat die Verschmelzung mit der UDAG der Libro gebracht?", wollte Borns wissen. Stiassny zufolge hat die Verschmelzung Libro nur einen geringen Beitrag gebracht, ohne diesen zu beziffern. Dass Libro durch die Verschmelzung eine Bankverbindlichkeit von 440 Millionen Schilling bekommen habe, könne man so nicht sagen, konterte Stiassny. Auch ohne Verschmelzung hätte Libro nach Ansicht von Stiassny die umstrittene kreditfinanzierte Ausschüttung der Sonderdividende vornehmen können, etwa in zwei Raten.

Morgen, Freitag, wird ab 9 Uhr der Libro-Prozess mit den Aussagen von WU-Professor Nowonty fortgesetzt.

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