EZB will Vorschlag für Währungsfonds prüfen

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Die EZB hat sich grundsätzlich bereit gezeigt, die Idee eines Europäischen Währungsfonds (EWF) aufzugreifen. "Zum jetzigen Zeitpunkt hat der EZB-Rat noch keine Meinung dazu, wir müssen uns das anschauen", sagte EZB-Präsident Jean Claude Trichet. Um den Vorschlag bewerten zu können, bedürfe es präziserer Informationen.

"Wir weisen diese Idee zum jetzigen Zeitpunkt nicht zurück." Der deutsche Finanzminister Schäuble hatte sich für die Gründung eines Europäischen Währungsfonds nach IWF-Vorbild ausgesprochen, um eine weitere Krise wie in Griechenland zu verhindern. Die EU-Kommission hatte sich offen dafür gezeigt.

"Ich verstehe diese Idee", sagte Trichet. Die Bezeichnung Währungsfonds halte er jedoch für nicht angemessen, da es mehr um strukturelle Hilfe gehe. Der EZB-Präsident betonte, die von der griechischen Regierung ergriffenen Schritte zur Sanierung des Staatshaushaltes halte die Notenbank für überzeugend.

Noch Tausende Fragen zu EWF offen

Auch Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker sieht in der Diskussion um einen EWF noch massiven Klärungsbedarf. Es seien noch Tausende Fragen offen. Mit dem EWF sei jedenfalls nicht die Umschiffung des Prinzips angedacht, dass niemand in der EU für Zahlungen anderer EU-Länder einspringen muss. Der EWF wäre kein Instrument für "Lösungen a la Griechenland", sondern "es ist ein etwas breiteres Instrument, das die gesamte Euro-Zone schützen sollte, nicht nur ein Land."

Zudem sprach er sich für stärkere Kontrollmöglichkeiten aus. "Ich bin dezidiert der Auffassung, dass wir unsere Überwachungsmechanismen in der Euro-Gruppe ausdehnen und verbreitern müssen", sagte er. Der ehemalige deutsche Finanzminister Theo Waigel forderte in einem Interview mehr Kontrollbefugnisse für EU-Kommission und EZB.

"Wenn wir das gehabt hätten, dann wäre uns einiges, was in Griechenland passierte, erspart geblieben", sagte Waigel. Auch der EU-Stabilitätspakt müsse verbessert werden. "Eine allzu große Flexibilität des Stabilitätspaktes hat nicht genutzt, und das ist die Schuld von Deutschland." Juncker gilt als Verfechter der Idee eines EWF. Auch die deutsche Kanzlerin Merkel ist für die Einrichtung eines solchen Fonds. Sie hatte sich zuletzt trotz der Kritik vonseiten der EZB für einen derartigen Fonds stark gemacht.

Deutschland treibt EWF-Vorschlag voran

Die deutsche Regierung treibt unterdessen ihre Überlegungen für einen EWF als neues Hilfsinstrument für pleitegefährdete Euro-Länder voran. Sie verteidigte den Vorschlag gegen die Kritik von Zentralbankern mit dem Argument, der Fonds könnte eine durch die Griechenland-Krise deutlich gewordene Stabilitätslücke in der Eurozone schließen. "Oberste Priorität ist die Stabilität des Euro", sagte ein Regierungssprecher. Wirtschaftsminister Rainer Brüderle legte erste Vorschläge zur Ausgestaltung des Fonds vor.

Merkel informierte das Kabinett über den EWF-Vorschlag und stieß damit nach den Worten von Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans auf breite Zustimmung. "Insofern können Sie davon ausgehen, dass das die Haltung der gesamten Bundesregierung ist", erklärte er. Der Sprecher des Finanzministeriums, Michael Offer, signalisierte, dass die Ressortchefs der Eurogruppe Anfang nächster Woche bereits über den Fonds sprechen dürften.

Die deutsche Regierung machte aber deutlich, dass die Gründung eines EWF langfristig gesehen werden müsse. "Der Vorschlag ist durch die Griechenland-Krise ausgelöst, aber er dient nicht ihrer Lösung", stellte Offer klar. Das sei auch der Tatsache geschuldet, dass ein solches Instrument eine Änderung der EU-Verträge nötig machen würde. Derzeit sei das Finanzministerium dabei, Details zu erarbeiten und Elemente herauszufiltern, die ohne eine Vertragsänderung und damit kurzfristiger umsetzbar seien.

EWF als unabhängige Institution

Wirtschaftsminister Brüderle machte unterdessen in einem Brief an Finanzminister Wolfgang Schäuble Vorschläge, wie der Fonds gestaltet werden könnte. In dem Schreiben regt Brüderle an, der Fonds sollte als unabhängige Institution geschaffen werden, allein für Euro-Länder zuständig sein und ausschließlich bei akut drohender Zahlungsunfähigkeit einspringen. Helfen sollte er mit Krediten und Bürgschaften, aber unter harten Auflagen, mit relativ hohen Zinsen und scharfen Sanktionsmitteln.

"Im äußersten Notfall" sollte er auch Schulden mit hohen Abschlägen aufkaufen können. "Eine entscheidende Voraussetzung für ein Eingreifen des EWF wäre, dass für das betroffene Land eine Finanzierung am Kapitalmarkt ausgeschlossen ist", schreibt Brüderle. Das Startkapital für einen EWF sollten die Euroländer gemäß ihrer Wirtschaftskraft leisten. Ansonsten sollten die Euro-Länder, die gegen die europäische Defizit-Grenze verstoßen, "Stabilitätsbeiträge" an den Fonds zahlen. Das Finanzministerium erklärte, Brüderles Vorschläge enthielten "vernünftige Elemente". Ins Detail gehen wollte Sprecher Offer aber nicht.

Merkel versteht den Fonds als letzte Anlaufstelle ("ultima ratio") für bedrohte Euro-Staaten. Steegmans sprach vom "letzten Glied in einer Handlungskette". Sie will den Vorschlag als eine "Härtung" der Stabilitätskultur in Europa und als Ergänzung zum Stabilitäts- und Wachstumspakt verstanden wissen. Insofern sieht sie sich auch nicht in Widerspruch zu Bundesbank-Präsident Axel Weber, der sich zu dem Fondsvorschlag skeptisch geäußert hatte.

Mechanismus gegen Turbulenzen

OECD-Chefvolkswirt Pier Carlo Padoan sagte in einem Interview, nötig seien weniger neue Institutionen, aber ein geordnetes Verfahren bei der Zahlungsunfähigkeit von EU-Ländern. "Wir brauchen einen Mechanismus, der im schlimmsten Fall weitere Turbulenzen verhindert." Das heiße aber nicht notwendigerweise neue Institutionen. "Nötig sind Regeln, auf die sich Gläubiger und Schuldner einigen", sagte der Ökonom. Es gebe in der Euro-Zone eine Lücke im Regelwerk, nämlich wie mit Ländern mit ausufernden Defiziten umgegangen werden kann.

Frankreichs Premierminister Francois Fillon hat eine rasche Prüfung der Pläne für einen EWF gefordert. Die Idee müsse umgehend von Wirtschaftsexperten begutachtet werden, "um die Instrumente zu vervollständigen", mit denen die Euro-Zone und ihre Mitglieder auf Finanzkrisen wie aktuell in Griechenland reagieren könnten, sagte Fillon in einer Rede an der Humboldt-Universität Berlin. Fillon machte allerdings deutlich, dass nur solchen Ländern geholfen werden dürfe, die gleichzeitig mit harten Einschnitten ihren Staatshaushalt wieder in Ordnung brächten.

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