Ein Ende der seit mehr als zwei Jahren dauernden Finanzkrise ist nach Ansicht des Chefs der US-Investmentbank Goldman Sachs in greifbare Nähe gerückt. "Die Finanzmärkte erholen sich. Das Schlimmste liegt hinter uns", sagte Lloyd Blankfein auf einer Branchenkonferenz in Frankfurt. "Es gibt allen Grund, optimistisch zu sein." Die Banken seien im Genesungsprozess und wieder in der Lage, aus eigener Kraft ihr Kapital zu stärken.
Blankfein warnte aber vor der Gefahr eines Preisverfalls durch die Überschwemmung der Kapitalmärkte mit Geld. Der enorme Liquiditätsüberschuss sei nach wie vor ein großes Thema und eine Inflation ein Risiko für das Finanzsystem. Notenbanken hatten Milliardengelder in den Markt gepumpt, um den Geldkreislauf am Leben zu halten und das Finanzsystem zu stützen.
Mehrere Bankmanager schlagen derzeit optimistischere Töne an. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte am Dienstag gesagt, er sehe wieder Licht am Ende des Tunnels. In der Finanzkrise waren zahlreiche Geldinstitute zusammengebrochen oder an den Rand der Pleite geraten. Nur durch Milliardengelder der Staaten wurde das Finanzsystem vor dem Kollaps bewahrt.
Goldman Sachs selbst ist weit besser als andere Finanzinstitute durch die Krise gekommen. Die Investmentbank hatte den Zusammenbruch des US-Häusermarktes früher als andere kommen sehen und zwischenzeitlich sogar vom Leid der Konkurrenz profitiert. Nur in einem Quartal war das Haus in die roten Zahlen gerutscht. Im zweiten Quartal verdiente Goldman Sachs aber schon wieder umgerechnet knapp 2 Mrd. Euro.
Trotzdem zieht auch der Goldman-Sachs-Chef seine Lehren aus dem weltweiten Crash der Finanzmärkte. Er verlangt für seine Branche klare Regeln für die umstrittenen Bonus-Zahlungen. "Es gibt wohl kaum eine Rechtfertigung für die Zahlung überhöhter Boni, wenn ein Finanzinstitut auf das ganze Jahr betrachtet Verlust gemacht hat", sagte Blankfein. Er fordert Standards für die Mitarbeiterbezahlung in Banken.
Eigene Richtlinien zu Boni erlassen
Sein Haus habe im April eigene Grundsätze erlassen. Um vorzubeugen, dass einzelne Mitarbeiter zu hohe Risiken eingehen, setze Goldman Sachs auf langfristige Anreize. Ganz auf Boni verzichten will Blankfein aber nicht: "Wir halten es für unseren Erfolg als Unternehmen für ganz wesentlich, dass wir die besten Mitarbeiter für uns gewinnen und in unserem Unternehmen halten können. Finanzielle Anreize sind dabei ein wichtiges Element." Die ganze Branche müsse aber das öffentliche Interesse im Auge behalten. Blankfeins Vorstoß ist insofern bemerkenswert, als dass Goldman Sachs weltweit mit die höchsten Boni zahlt.
Der Chef von Goldman Sachs warnte vor einem pauschalen Verbot komplexer und riskanter Finanzprodukte zur Bewältigung der Finanzkrise. Dies drohe das Wirtschaftswachstum zu bremsen. "Wir sollten nicht zu einem System übergehen, das ausschließlich dafür konzipiert ist, uns vor einem einmal in hundert Jahren aufziehenden Sturm zu schützen", mahnte er. Blankfein sprach sich allerdings für eine größere Transparenz im Handel mit Derivaten aus.
Produkte wie Credit Default Swaps (CDS), mit denen sich Banken gegen den Ausfall von Krediten absichern, hätten in der Finanzkrise funktioniert und Marktteilnehmer tatsächlich vor Risiken geschützt, sagte Blankfein. "Wenn wir also Instrumente wie zum Beispiel Derivate, die vor mehreren Jahrzehnten entwickelt wurden, abschaffen, statt sie zu regulieren, werden wir dadurch vielleicht den Zugang zu Kapital und eine effiziente Absicherung gegen und Verteilung von Risiken beschränken." Für standardisierte Derivate sollten ein zentrales Clearing und ein zentraler Börsenhandel eingeführt werden. Für Derivate, die nach Kundenwünschen konstruiert werden, müssten strengere Eigenkapital-Vorschriften gelten.