Hypo Alpe Adria wird voll verstaatlicht

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17 dramatische Stunden wurde auf höchster Ebene verhandelt. Eine Viertelstunde bevor die Schalter der trudelnden Kärntner Hypo Alpe Adria Bank am 14. Dezember aufmachten, kam die Entwarnung: Der Bund übernimmt die Bank für symbolische drei Euro.

Die drei Alteigentümer (Bayerische Landesbank, Land Kärnten, Grazer Wechselseitige) schießen noch einmal Geld hinterher, in Summe mehr als eine Milliarde Euro. Eine Pleite der sechstgrößten Bank Österreichs ist vermieden. Es ist die zweite Verstaatlichung in der Finanzkrise binnen eines Jahres, nach der Kommunalkredit.

Die Aufsicht hatte sicherheitshalber schon die Hand drauf: Um Schlag 6:10 Uhr war nach APA-Informationen per Bescheid der Bankenaufsicht der Regierungskommissär für die Bank schon eingesetzt. Der Bescheid war schon zugestellt. Da wurde in Wien im Finanzministerium noch um die Stabilisierungsbeiträge gepokert. Weißer Rauch stieg hier erst kurz nach 7:30 Uhr auf.

Große Gefahr einer Insolvenz

Finanzminister Josef Pröll (V) sprach von der schwierigsten Situation, die es für die heimische Bankenlandschaft in den letzten Jahrzehnten gegeben hat. Es bestand große Gefahr einer Insolvenz. Die werde nun nicht schlagend. In der Nacht hatte sich unter anderem EZB-Chef Jean-Claude Trichet in die Rettungsbemühungen eingeschaltet. Die Hypo ist eine Systembank. Sie durfte nicht fallengelassen werden. Trichet warnte laut Pröll vor einem Dominoeffekt auch auf andere, der sich gewaschen hätte.

Bundeskanzler Werner Faymann (S) sieht großen Schaden von der Republik abgewehrt. Mit der Verstaatlichung seien Arbeitsplätze, Spareinlagen und Gehaltskonten geschützt sowie die Funktionsfähigkeit der Kärntner Wirtschaft erhalten worden. Eine Insolvenz der sechstgrößten Bank Österreichs hätte - vor allem aufgrund der vom Land Kärnten eingegangenen Haftungen im Ausmaß von 18 Mrd. Euro - katastrophale Folgen für ganz Österreich sowie angrenzende Regionen gehabt, meint Faymann.

Von den Justizbehörden und den unabhängigen Gerichten erwarte die Regierung nun restlose Aufklärung sämtlicher im Raum stehender straf- und zivilrechtlicher Vorwürfe in der Causa Hypo Alpe Adria, so Faymann. Der Bund war zur Verstaatlichung gezwungen, weil sie die Alteigentümer "nicht mehr haben wollten", sagte SP-Staatssekretär Andreas Schieder.

Für die 130.000 Kunden in Österreich und die Kunden und Mitarbeiter auch in den südosteuropäischen Tochterbanken das Wichtigste: Die Bankgeschäfte gehen normal weiter, die Bank ist stabilisiert. Jetzt werde auf Basis des Fortführungskonzepts angegangen, was ausgebaut und was abgestoßen wird, hieß es bei der Pressekonferenz in Wien.

Kapitalspritze von 1,05 Mrd. Euro

Die Alteigentümer geben zur Rettung der nach teuren Abschreibungen auf dem Balkan weit mehr als eine Milliarde Verlust schreibenden Kärntner Hypo 1,05 Mrd. Euro Kapital. Davon kommen 825 Mio. Euro von der BayernLB, 200 Mio. Euro vom Land Kärnten und 30 Mio. Euro von der Grawe. Der Bund schießt bis zu 450 Mio. Euro ein, womit der Bank in Summe 1,5 Mrd. Euro Kapital zugeführt werden. Damit wird die nach den Abschreibungen gefährlich geschrumpfte Kernkapitalquote auf 8 % mehr als verdoppelt.

Außerdem erhält die Bank von den Alteigentümern gut 3,4 Mrd. Euro an Liquidität. Davon kommen 3,075 Mrd. Euro von der BayernLB, 227 Mio. Euro vom Land Kärnten und 100 Mio. Euro von der Grawe.

Um auch die anderen Banken im Land von der Dringlichkeit zu überzeugen, einen Konkurs der Hypo zu vermeiden, hat Pröll die Chefs von vier großen Instituten am 13. Dezember ins Finanzministerium bestellt. Ihnen wurde dabei die Zusage für 500 Mio. Euro abgerungen, die als Liquidität oder für Maßnahmen zur Risikobegrenzung, etwa Haftungen, aufgestellt werden sollen.

Nowotny: Restrukturierung nötig

Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny hat am 14. Dezember die Einigung über die Zukunft der Hypo Alpe Adria begrüßt. Die Lösung sei im Interesse Österreichs, "sowohl im nationalen wie auch internationalen Rahmen". Denn die Hypo spiele "eine wichtige Rolle in Österreich und in Südosteuropa". Nun sei sichergestellt, dass "eine absolut notwendige, geordnete Restrukturierung der HGAA in Angriff genommen werden kann", schreibt er in einer Aussendung.

"Sowohl für die Privatkunden wie auch für die gesamte Wirtschaft Österreichs konnte damit eine massive Gefährdung zu einem kritischen Zeitpunkt vermieden werden", so Nowotny. "Diese Lösung ist zweifellos im Interesse aller Österreicherinnen und Österreicher, da eine Insolvenz mit deutlich höheren Kosten für den Steuerzahler verbunden gewesen wäre" sagte Nowotny, der die Gefahr einer Insolvenz als gebannt ansieht. Allerdings sei die Bank "nicht einfach", Altlasten müsse man "exakt und seriös aufarbeiten".

Auch die FMA geht davon aus, dass durch die Verstaatlichung der Hypo "diese systemrelevante Finanzgruppe nachhaltig stabilisiert" werde. Die Einigung bilde "eine feste Grundlage, um die unumgängliche Restrukturierung der Hypo Group Alpe Adria geordnet und ohne Erschütterungen für die Stabilität der Finanzmärkte in Österreich aber auch in Zentral-, Ost- und Südosteuropa durchführen zu können", so der FMA-Vorstand.

Bayern ziehen sich komplett zurück

Maßgeblich war der Deal mit den Bayern: Die selber am Staatstropf hängende bayerische Staatsbank BayernLB wollte um jeden Preis raus aus ihrer 67-Prozent-Beteiligung. Vergeblich wollten die österreichischen Verhandler die Bayern zum Verbleib in einer Minderheit bewegen, um die ärgsten Verluste "entkonsolidieren" zu helfen. Aus München kam die politische Vorgabe: Schlussstrich unter das Kärnten-Abenteuer. Gegen die Zusage eines Tier-1-fähigen Kapitalzuschusses von nunmehr 825 Mio. Euro kam es in den frühen Morgenstunden schließlich zur Verständigung.

Vor sieben Uhr früh gab es zum Rettungspakt dann noch einmal ein klärendes Gipfelgespräch zwischen Pröll und Faymann. Zwischen den Regierungsparteien war dem Vernehmen nach erst in den letzten Stunden echtes Einvernehmen zum Fortgang in Sachen Hypo gegeben.

Um jeweils einen symbolischen Euro geben BayernLB, Grawe und Land Kärnten ihre Bankanteile an den Bund. Für die Bayern endet der vor zwei Jahren erfolgte Kauf teuer. BayernLB-Chef Michael Kemmer sprach von einem "schmerzhaften Schritt" der Trennung. Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) bezifferte die Totalabschreibung der Beteiligung in den Büchern mit 2,3 Mrd. Euro.

Bankchef Franz Pinkl bleibt

Bis in die Morgenstunden war bloß von einer Mehrheitsübernahme durch den Bund die Rede gewesen, mit einer Quote von 51 zu 49 %. Als eine vor sechs Uhr früh erwartete Pressekonferenz des Finanzministers mit den Alteigentümern eineinhalb Stunden später immer noch auf sich warten ließ, lagen auch in der Hypo-Bank in Klagenfurt die Nerven blank. Bankchef Franz Pinkl (er soll bleiben) weilte zu den Krisengipfeln in Wien, und die Gerüchte besagten, dass es nach sechs Uhr nochmals zu Unsicherheiten gekommen sei. Um diese Zeit mussten die Banker schon die FMA-Papiere entgegennehmen.

Damit stand der Regierungskommissär per 8 Uhr bereit. Demnach hätte jeder Kunde im wesentlichen noch einmal Geld abheben können, das Abziehen größerer Summen per Knopfdruck wäre aber schon gestoppt worden. Der Kommissär hätte alles verbieten müssen, was die Bank zusätzlich gefährdet hätte. Dem Vernehmen nach sind in den Katastrophenwochen rund um die Hypo bereits ein Drittel der Spareinlagen abgezogen worden. Dass die Einlagensicherung in einem Vierteljahr ohnedies zur Auszahlung gelangt wäre, war vielen gerade vor Weihnachten offenbar kein Trost.

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