Mit seiner Ablehnung von Millionen-Boni in der Finanzwelt setzt Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy andere führende Industriestaaten unter Zugzwang. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso begrüßte den französischen Vorstoß. "Ich bin sehr froh, dass jetzt einige Politiker diesem Thema Aufmerksamkeit schenken", sagte er.
Der französische Präsident hatte mit Blick auf den G-20-Gipfel in Pittsburgh Ende September ein Zeichen gesetzt: Geht es nach ihm, müssen sich Banker - per Gesetz - künftig bei den Erfolgsprämien bescheiden. Widerstand gegen die französischen Pläne ist vor allem von den Regierungen der USA und Großbritanniens zu erwarten, um die global bedeutenden Finanzplätze New York und London vor allzu massiven staatlichen Eingriffen zu schützen.
Vor allem die amerikanische Finanzindustrie hat mit zunächst lukrativen Zockereien die schlimmste Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg losgetreten. Noch immer bekommen Banker Boni in Millionenhöhe, selbst wenn die Institute inzwischen zum Teil verstaatlicht sind, um ihr Überleben zu sichern. Die führenden 20 Wirtschaftsnationen der Erde (G-20) haben sich zwar bereits darauf verständigt, die Bezahlung von Managern stärker an langfristigen, nachhaltigen Erfolgen auszurichten. Die Vorgaben sind aber allgemein gefasst.
Dass sich Bankmanager wieder millionenschwere Bonuszahlungen gönnen, empört viele Menschen. Sie haben den Eindruck, dass die verantwortlichen Manager nichts aus der Krise gelernt haben und für ihre gefährlichen Entscheidungen auch noch belohnt werden. "Das Problem ist international und muss international behandelt werden", hatte Sarkozy erklärt. Er will Merkel und Deutschlands Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) ins Boot holen.
Dass einige Banken bei den Bonus-Zahlungen fast genauso weitermachten wie vor der Finanzkrise, sei ärgerlich, hatte Merkel bereits gesagt. "Und deshalb müssen wir überlegen, wie wir da einschreiten und wie wir das begrenzen können." Auf Druck von Sarkozy hatten die französischen Großbanken am Dienstag ein Bonus-Malus-System für die Entlohnung zugesagt. Mitarbeiter sollen auf bis zu zwei Drittel ihrer Boni verzichten, sollten Gewinne nur kurzfristig erzielt werden. Dafür werden die Zahlungen über drei Jahre gestreckt. Die Regeln will Sarkozy auf dem G-20-Gipfel durchsetzen.
Initiative bereits Ende 2004 gestartet
Auch auf europäischer Ebene wird schon länger an Gehaltsregeln für Banker gestrickt. "Wir haben die erste Initiative in dieser Richtung bereits Ende 2004 ergriffen", sagte Barroso. "Leider hat das damals niemand beachtet." Vor gut einem Monat hatte die EU-Kommission Vorschläge vorgelegt, mit denen sie verhindern will, dass Prämien Händler zu risikoreichen Anlagestrategien verleiten. EU-Staaten und Europaparlament müssen der Novellierung noch zustimmen.
Zu den Gegnern europäischer Finanzmarkt-Regulierung gehört bisher Großbritannien. Ausufernde Boni sollen auch hier eingedämmt werden. Finanzminister Alistair Darling ist bereit, per Gesetz einzugreifen. Die Bankenwelt selbst warnt vor allzu scharfen Spielregeln: Sonst laufe der Finanzplatz London Gefahr, seinen internationalen Rang an die Konkurrenz zu verspielen.
Auch in den USA tobt eine heftige Debatte um Bonus-Zahlungen. Gesetzliche Beschränkungen werden gemeinhin abgelehnt, weil sie zu stark in den Markt eingreifen. US-Präsident Barack Obama befürwortet grundsätzlich mehr Auflagen in der Finanzbranche. Boni für Manager von Banken, die der Staat mit Milliardenhilfen retten musste, hatte er einmal "beschämend" genannt.
Für neuen Zündstoff sorgte kürzlich eine Dokumentation des New Yorker Generalstaatsanwalts Andrew Cuomo, die die immensen Bonus-Zahlungen in der US-Finanzbranche in einer Gesamthöhe von 32,6 Mrd. Dollar (22,8 Mrd. Euro) auflistete. Das Brisante: Selbst in den schlimmsten Krisenmonaten zahlten Banken wie Goldman Sachs, Morgan Stanley und JP Morgan Chase demnach Boni, die deren Gewinn zum Teil um mehr als das Doppelte überstiegen.