Schuldenkrise

Juncker warnt vor Euro-Ausschlüssen

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Der Chef der Eurogruppe meint, "das löst keine Probleme".

Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, hat sich angesichts der Schuldenkrise entschieden dagegen ausgesprochen, dass "ein oder mehrere Länder gezwungen würden, die Eurozone zu verlassen". Bei der ersten Fragestunde eines Euro-Gruppenchefs im Europaparlament in Straßburg sagte Juncker am Dienstag, "das löst kein Problem. Das würde die Probleme der betroffenen Länder nur verstärken und danach auch für alle anderen Länder".

Es sei auch im Interesse der Eurozone, dass sie kohärent bleibe. Und "die EU wird erst zu dem Zeitpunkt vollständig, wenn das letzte Mitglied der Eurozone beigetreten ist", so Juncker. Was die Wirtschafts- und Finanzkrise betrifft, "hat Europa reagiert, aber nicht so schnell, wie es hätte geschehen sollen". Dies sei aber auch darauf zurückzuführen, dass unter den 17 Euromitgliedern Regierungen vertreten seien "mit mindestens 50 Parteien". Dies müsse man berücksichtigen.

Juncker bekannte sich zum Vorschlag von Deutschland und Frankreich, dass der EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy auch die Eurogruppe der Staats- und Regierungschefs leiten sollte. "Mich macht die Art und Weise, wie wir die Eurozone führen, nachdenklich. Ich kenne die Schwächen, auch meiner eigenen Amtsführung". Es gebe "dringenden Reform- und Überholungsbedarf". Außerdem gebe es "ohnehin genug Trennlinien zwischen den 17 Euroländern und den 27 EU-Staaten". Und jemand "der den Vorsitz von 27 betreuen kann, kann dies auch ohne gewaltige Umstellung für die 17". Wichtig sei ein gutes Einvernehmen zwischen dem Präsidenten des Europäischen Rates und dem Vorsitzenden der Eurogruppe, "diese Bedingung ist derzeit erfüllt". Jedenfalls wäre er dafür, dass Rompuy als Eurogruppen-Vorsitzender auch gegenüber dem Europaparlament verantwortlich sein müsste.

Juncker sprach sich auch dafür aus, die Bedeutung der Kommission zu verstärken. "Es nicht alles möglich ohne Kommission, aber ohne Kommission ist nichts möglich". Allerdings sei er nicht dafür, dass der Kommissionspräsident die Eurogruppe führen sollte. Früher habe er als junger luxemburgischer Premier für die Fusion der Funktionen des Ratspräsidenten und des Kommissionspräsidenten plädiert. "Aber diese Idee hat keine Chance".

Soziale Mindeststandards
Zur am Mittwoch zur Abstimmung stehenden Verstärkung des Stabilitätspaktes mit dem sogenannten "Six-Pack" sagte Juncker, es seien sehr wohl soziale Mindeststandards enthalten. Er trete für einen Mindestsockel an Arbeitnehmerrechten ein. In der Steuerkoordinierung "sollten wir uns aufeinander zubewegen". Juncker bekannte sich neuerlich zu einer Finanztransaktionssteuer. Angesprochen auf ein eigenes EU-Wirtschaftsministerium zeigte sich der Eurogruppen-Chef zurückhaltend. Es müsse die Frage nach der Sinnhaftigkeit gestellt werden. "Sagen Sie mir, was der tun können müsste, innerhalb der Zuständigkeiten die Europa heute hat. Wird er die nationalen Wirtschaftspolitiken koordinieren? Ich sehe wirklich nicht, wie ein EU-Wirtschaftsminister vor die französische Nationalversammlung treten kann und dort die französische Finanzpolitik erklären kann. Das würde kein französischer Minister akzeptieren".

Dem Vorwurf eines britischen EU-Abgeordneten, unglaublich abgehoben zu agieren und sich wie ein Vogel Strauß aufzuführen und nicht glaubwürdig zu sein, begegnete Juncker trocken: "Zur Frage meiner Glaubwürdigkeit - mir ist meine immer noch lieber als ihre". Ob er nicht angesichts der Nicht-Erfolge der Eurozone zurücktreten sollte, beeindruckte ihn auch nicht: "Nein". Jedenfalls werde er nicht vor den Finanzmärkten auf die Knie gehen. Die Demokratie arbeite manchmal zwar langsam, aber "es wird nicht zu einem System führen, wo die Beschleunigung und Irrationalität der Finanzmärkte auf die Demokratie übertragen" werden könne.

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