Streit um Hypo-Spritze ist jetzt Chefsache

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Der Nervenkrieg um die Kärntner Krisenbank geht in die Entscheidungsrunde. Nachdem die Bayern notfalls die Hypo Group Alpe Adria sogar der Republik Österreich verschenken würden, lehnte Österreichs Finanzminister Pröll dankend ab. Beide Seiten sind nicht bereit, die Hypo-Milliardenlast alleine zu schultern. Insider sprechen von Maximalpositionen. Man werde sich in Nachtsitzungen in den nächsten Tagen irgendwo in der Mitte treffen. Seit spätestens gestern ist die Hypo-Krise Chefsache zwischen Wien und München.

Über das Wochenende, so fordert die Nationalbank, muss ein verbindlicher Beschluss stehen, wer für die Hypo-Rettung zahlt und wie es weitergeht. Der Markt braucht vor Montag Entwarnung. Allerdings; Auch wenn Bayern damit drohte, seine Kärntner Bank fallenzulassen, droht keine Pleite der Bank. Sie ist eine Systembank in Österreich, bisher die Nummer 6 am Markt. Sie wird nach der jetzt anstehenden Bilanzrettung allerdings drastisch redimensioniert. Auch von einem Rückzug vom Balkan war gestern Abend die Rede. Der Bund in Wien will eine Verstaatlichung tunlichst vermeiden.

Als Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) gestern Nachmittag vor Journalisten erklärte, es gebe ein "substanzielles Angebot" der BayernLB zur Rettung der Hypo ("mit allen Ebenen der notwendigen Stabilisierungsmaßnahmen"), war schnell klar, dass darin das aus Sicht Wiens wesentliche Element fehlte.

Die geforderte maßgebliche Kapitalspritze für die Kärntner Bank. Fahrenschon forderte Österreich auf, zur Rettung der Hypo "das Heft in die Hand zu nehmen", und er erwarte eine Einladung nach Wien, um mit seinem Kollegen Pröll über die Hypo-Zukunft zu reden. Vor den Medien in München deponierte er erneut, dass nicht mit frischen Kapitalspritzen für die Hypo zu rechnen ist.

In Österreich wurde das Angebot aus Bayern als unannehmbares "Ausstiegsszenario" gedeutet, wenngleich auch als "Maximalposition" im Poker. Ein Sprecher von Pröll drückte sich verhalten aus. Bisher läge von Eigentümerseite kein Angebot vor, das auch nur annähernd der Eigentümerverantwortung gerecht werde.

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Das "Handelsblatt" schreibt, dass die BayernLB die Krisenbank in Klagenfurt den Österreichern schenken will. Sollte Österreich die Bank zurücknehmen, würde die BayernLB wohl alles tun, um den laufenden Betrieb zu unterstützen, ist dazu die Lesart in informierten Kreisen. Stichworte: Stilles Kapital, Refinanzierungslinien (Kreditlinien, Liquidität) in Höhe von mehreren hundert Millionen. Liquidität sei es ja, die die Bank brauche.

Offenbarungseid der Eigentümer

Mit dem Komplettrückzug aus der Kärntner Hypo würde die BayernLB ihr Scheitern eingestehen und müsste die Milliardeninvestitionen der vergangenen Jahre in den Wind schreiben, schreibt dazu das "Handelsblatt". In Summe mitsamt Zwischenbankkrediten mehr als 6 Mrd. Euro.

Wie er Fahrenschons "substanzielles Angebot" der BayernLB zur Hypo-Rettung wertet, sagte Pröll am Abend in Wien nicht. "Wir haben so viele Signale bekommen. Von manchen leider noch gar keines." Deshalb lade er alle Eigentümer zu Gesprächen ein, "um da einen Offenbarungseid zu bekommen, welche Strategien, Pläne für Kapitalausstattung und Liquiditätssicherung sie im Sinn haben."

Für Pröll ist klar: Die Eigentümer sind in der Pflicht, bevor der Bund helfend einspringt. Von den Eigentümern, namentlich der BayernLB, aber auch von Land Kärnten und Grawe, wird ein maßgeblicher Beitrag auch zur Hypo-Eigenkapitalstärkung verlangt. Über eine Hypo-Pleite nachzudenken, dazu bestehe kein Anlass. Auch Pröll hat unterstrichen, dass sich Sparer, Kreditnehmer und Mitarbeiter der Bank diesbezüglich keine Sorgen machen müssen.

Notenbankchef Ewald Nowotny hat bestätigt, dass die Hypo Alpe Adria eine "Systembank" ist. Zu den Spekulationen, wonach die BayernLB ihre Problemtochter an Österreich "verschenken" will, bemerkte Pröll, dass bei Geschenken immer zwei dazu gehörten. "Ich lasse mich in solchen Fragen nicht gern beschenken. Auch wenn Weihnachten vor der Tür steht."

Pröll trommelt nach den Gesprächen mit Fahrenschon jetzt die Bank-Eigentümer (BayernLB, Grawe, Land Kärnten) zusammen. Sie sollen vorlegen, was sie vorhaben, wie sie zahlen wollen. In jedem Fall wird, so sagen Experten, der Bund zum Handkuss kommen. Es geht um die Risikobegrenzung. Obwohl heute keine Entscheidungsgrundlagen auf dem Tisch liegen, findet die für 10 Uhr anberaumte Hauptversammlung in der Hypo Alpe Adria in Klagenfurt statt. Schon im Vorjahr hatte es für einen ersten Staatszuschuss und Kapitaleinschuss der BayernLB mehrere HV-Anläufe in Klagenfurt gebraucht.

Zuvor hat Freitagfrüh um 8 Uhr der Aufsichtsrat der Landesholding (hält für das Land Kärnten 12,4 %) getagt, um den Holding-Vorstand Gert Xander mit einem Mandat für die HV auszustatten. "Das ist aber selbstverständlich noch kein Lösungsmandat", sagte Aufsichtsratschef Josef Martinz vor der Sitzung. "Übers Wochenende muss eine Entscheidung fallen, ich erwarte mir viel von den Gesprächen zu denen der Finanzminister geladen hat", meinte Martinz. Aus Kärntner Sicht gelte es abzuwarten, welche Positionen die Bayern und der Bund nun beziehen.

Fragwürdige Geschäfte der BayernLB

In München sind wegen des Milliardengrabs Kärntner Hypo CSU-interne Streitereien ausgebrochen. Schadenersatzklagen gegen ehemalige BayernLB-Verantwortliche und Prateifreunde werden geprüft. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat seine Parteifreunde gerüffelt, die die Landesbank-Kontrollkommission des Landtags auflösen wollen. "Das kann man nicht allen Ernstes verlangen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung" und sprach von einem "extrem" kontraproduktiven Vorschlag. "Die CSU möchte, dass die Dinge ausgeleuchtet werden", beteuerte Seehofer mit Blick auf fragwürdige Geschäfte der BayernLB, "in dieser Situation muss Aufklärung über allem stehen."

In der CSU hatte u.a. der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Georg Winter, dafür plädiert, die Kommission aufzulösen, wenn 2010 ein Untersuchungsausschuss eingesetzt wird.

Der könne dann die Vergangenheit aufklären, sagte Winter der SZ. Die Frage, wie es mit der Bank in Zukunft weitergehe, solle der Haushaltsausschuss des Landtags beraten, der größeren Änderungen bei den Beteiligungen oder Besitzverhältnissen ohnehin zustimmen müsse - etwa auch einer weiteren Kapitalspritze an die marode Tochter Hypo Alpe Adria. CSU-Fraktionschef Georg Schmid soll Winter intern unterstützt haben. Seehofer ist wütend: "Da ist die Grenze meiner Geduld erreicht."

Faymann sprach mit deutscher Kanzlerin

Österreichs Kanzler Faymann hat am EU-Gipfel in Brüssel die deutsche Kanzlerin auf die bedrohte Lage der Hypo Alpe Adria angesprochen und "sie ersucht, sich der Sache anzunehmen". Angela Merkel hat danach zugesagt, in der Sache mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer zu telefonieren.

Das bedeute aber nicht, dass damit der deutsche Finanzmarktstabilisierungsfonds SoFFin ins Bild rücke, dämpfte Faymann Erwartungen. Sowohl er selbst als auch Merkel seien zwar nicht direkt beteiligt, aber wegen ihrer politischen Verantwortung sehr wohl betroffen. Die österreichische Regierung lasse sich von den Hypo-Eigentümern "das Problem nicht auf den Teller legen." Wenn die Eigentümer tätig würden, sei die Republik aber grundsätzlich bereit, sich mit "vorhandenen Instrumenten" wie Partizipationskapital und Garantien zu beteiligen, so der Bundeskanzler.

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