Wer sich eine neue Küche, ein Sofa oder ein Bett kaufen will, der wird bald wohl tiefer in die Tasche greifen müssen. Die Hersteller geben höhere Kosten für Bauteile und Transport weiter.
Immerhin die 17,5-Milliarden-Euro-Umsatz schweren deutschen Möbelhersteller machten klar, dass sie für ihre Ware vom Handel mehr Geld haben wollen. Grund sind deutlich höhere Kosten für Bauteile und Logistik wegen der globalen Lieferketten-Probleme. Diese Schwierigkeiten sind auf Hersteller in ganz Europa, also auch Österreich, durchaus umlegbar.
"Es ist eine nahezu notwendige betriebswirtschaftliche Folge, diese extremen Preissteigerungen in irgendeiner Form weiterzugeben", sagte der Geschäftsführer der Verbände der deutschen Möbelindustrie, Jan Kurth, in Bad Honnef. Er prognostizierte für heuer ein Umsatzplus von 10 Prozent für die deutsche Möbelindustrie - und zwar wegen besagter Preiseffekte und nicht, weil die Firmen mehr Möbel verkaufen.
Werden Möbel also 10 Prozent teurer für den Verbraucher? Nein, denn der Anteil des Produkteinkaufs am Endpreis liegt grob gesagt nur bei 50 Prozent, den Rest machen weitere Kosten für den Händler und dessen Gewinnmarge aus. Eine Beispielrechnung: Würde der Industrie-Teil im Schnitt um 10 Prozent steigen und blieben die restlichen Preiskomponenten gleich, würde der Ladenpreis um fünf Prozent steigen.
Preiserhöhungen stehen an
Bei einzelnen Händlern habe man bereits Preiserhöhungen im einstelligen Prozentbereich gesehen, sagte der Geschäftsführer des Handelsverbands Möbel und Küchen (BVDM), Christian Haeser. "Wenn die Warenknappheit und auch die Lieferschwierigkeiten andauern, dann kann es auch zu weiteren Preiserhöhungen kommen." Man sollte aber abwarten, "inwiefern sich das summa summarum niederschlägt".
Klar ist: Viele Möbelfabrikanten sind in einer schwierigen Lage. Zwar haben sie in der Pandemie vom "Cocooning"-Trend profitiert - anstatt zu reisen oder für anderweitige Freizeitaktivitäten Geld auszugeben, investierten die Menschen in die eigenen vier Wände oder in den Garten, um es da schön zu haben. Doch die zwischenzeitliche Schließung von Filialen als Corona-Maßnahme war Gift fürs Geschäft und die Lieferketten-Probleme sind es immer noch. Unlängst ergab eine Branchenumfrage, dass die Produktion von 44 Prozent der Möbelfirmen wegen Materialknappheiten eingeschränkt oder verzögert war.
Engpässe bei elektronischen Bauteilen
Die Lage bei Polsterschäumen und anderen Zulieferprodukten stabilisierte sich zuletzt zwar etwas, aber Engpässe bei Verpackungen und elektronischen Bauteilen verschärften sich. Als Beispiel für die explodierenden Kosten wies Industrievertreter Kurth darauf hin, dass Holzwerkstoffe - etwa Spanplatten - sich im Dezember 2021 zum Vorjahresmonat um 40,2 Prozent verteuert hätten. Ein Ende der Fahnenstange bei Rohstoff-Kostenerhöhungen sieht der Verbandsgeschäftsführer noch nicht gekommen. Dass solche Entwicklungen zu höheren Preisen gegenüber dem Handel führen, daran werde "kein Weg vorbeiführen", betonte Kurth.
Die in den Raum gestellten zehn Prozent sind aus Sicht von Branchenexperten allerdings ein hoher Wert. Ralph Niederdrenk vom Beratungsunternehmen PwC äußerte Zweifel, dass die Industrie so eine kräftige Preiserhöhung durchsetzen könnte. Für Endkunden werde die Preisentwicklung in den einzelnen Segmenten ohnehin sehr unterschiedlich verlaufen: Aufgrund der Materialpreissteigerungen dürften sich billige Discount-Waren prozentual stärker verteuern als hochwertige Designmöbel oder individualisierte Einrichtungslösungen.
Mit dem avisierten Preisaufschlag steht die deutsche Möbelindustrie nicht allein da. Der schwedische Möbelriese Ikea hatte unlängst angekündigt, die Preise wegen höherer Kosten um neun Prozent anheben zu wollen. Auch andere ausländische Hersteller dürften wegen der höheren Rohstoff- und Logistikkosten die Preise erhöhen, sagt PwC-Experte Niederdrenk. Im Wettbewerb um die Kundengunst werden die deutschen Fabrikanten nach seiner Einschätzung also keinen Nachteil haben, weil ihre Produkte teurer werden - vielmehr sei das ein allgemeiner Trend am Möbelmarkt.
Gut möglich, dass Endkunden die höheren Preise mitunter gar nicht so mitbekommt. Denn viele Möbelhäuser setzen traditionell auf zeitlich befristete Rabatte. Das dürfte auch künftig so bleiben - nur dass die Firmen wohl auf niedrigere Preisnachlässe setzen als zuvor.