Von Gruner+Jahr

Horst Pirker übernimmt Mehrheit an News-Gruppe

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VGN-Geschäftsführer Pirker hält mit I-MAG BeteiligungsgmbH künftig 56 Prozent an Österreichs größtem Magazin-Verlag.

Gruner & Jahr und Bertelsmann ziehen sich aus dem Österreich-Geschäft zurück – und treten ihre Anteile an der Verlagsgruppe NEWS an den derzeitigen Geschäftsführer Horst Pirker ab. Pirker übernimmt die 56 Prozent NEWS-Anteile über seine IMAG-Beteiligungs GmbH. Die weiteren Anteile – von Kurier- und Fellner-Gruppe – bleiben unverändert.

Nach Insider-Informationen erhält Pirkers Firma die NEWS-Anteile nahezu geschenkt, muss aber die angelaufenen Finanzierungs- und Sanierungskosten für die Verlagsgruppe NEWS aufbringen, die sich zumindest auf 20 Millionen Euro, nach manchen Schätzungen sogar auf bis zu 30 Millionen Euro belaufen sollen.

Der Umsatz der Verlagsgruppe NEWS betrug zuletzt nur noch 90 Millionen Euro, der Verlust in der jüngsten Bilanz 2015 soll über 15 Millionen minus liegen. Gruner & Jahr hätte mit Ende Juni zumindest 15 Millionen Euro Finanzierung sicherstellen müssen, damit die Verlagsgruppe NEWS die für ihre Fortführung notwendige Fortbestandsprognose vom zuständigen Wirtschaftsprüfer erhält. Das soll nun sichergestellt sein – doch damit macht Gruner & Jahr seinen Abgang aus Österreich.

Heute wurde Vertrag fixiert

Der Vertrag zur Übernahme der Beteiligung wurde am Montag unterzeichnet. Danach wurden die anderen Gesellschafter der Verlagsgruppe, nämlich die "Kurier"-Mediengruppe, die 25,3 Prozent an der VGN hält, und die Fellner-Brüder, die über eine reine Finanzbeteiligung 18,7 Prozent der Anteile besitzen, sowie Führungskräfte und Mitarbeiter der News-Gruppe informiert. Konkret übernimmt Pirker den 75-Prozent-Anteil von Gruner+Jahr in der Beteiligungsgesellschaft. Diese hält wiederum 74,7 Prozent an der Verlagsgruppe News, was durchgerechnet etwa 56 Prozent entspricht. Über Kaufpreis und Finanzierung der Übernahme wurden keine Details bekannt.

Der Umsatz der News-Gruppe betrug zuletzt um die 90 Millionen Euro. Das Eigenkapital war nach dem Verlust von 5,4 Millionen Euro im Jahr 2014 in den roten Bereich gerutscht. 2015 dürfte sich der Verlust in einer ähnlichen Größenordnung bewegen, dazu kommen vier bis fünf Millionen Euro an Rückstellungen und Wertberichtigungen. Zuletzt wurde deshalb von den Eigentümern unter der Federführung von Gruner+Jahr Eigenkapital in einer zweistelligen Millionenhöhe zugeschossen. Zugleich liefen die vergangenen acht Monate unter dem Projektnamen "G-H-W" die Verhandlungen über den Verkauf der Gruner+Jahr-Anteile an Pirker. Hinter der Abkürzung stehen die Standorte von Bertelsmann, Gruner+Jahr und der News-Gruppe: Gütersloh-Hamburg-Wien.

Ausstieg aus Österreich

Für Gruner+Jahr ist der Ausstieg aus Österreich der nächste logische Schritt im Transformationsprozess. Aus unrentablen Ländern wie Polen, Russland, Rumänien, Ungarn oder den USA hat man sich in den vergangenen Jahren bereits zurückgezogen. Bertelsmann und seine Zeitschriften-Tochter konzentrierten sich auf den digitalen Umbau und mit Titeln wie "Barbara" oder "Stern Crime" auf den Ausbau des Magazin-Angebots im Kernmarkt Deutschland.

Jetzt folgt der Abgang aus Österreich. Von einer "Kindesweglegung" will man im Zusammenhang mit dem Verkauf aber nicht reden. Vielmehr handle es sich um einen geordneten Rückzug auf freundschaftlicher Basis. Mit der jüngsten Kapitalspritze und dem Verkauf an Pirker sei die Verlagsgruppe für die nächsten Jahre auch finanziell abgesichert, und man werde sogar mehr als bisher kooperieren, hieß es aus Gesellschafterkreisen.

Das Sorgenkind "News", das zuletzt einen Verlust von vier bis fünf Millionen zum Ergebnis des Verlags beisteuerte, will Pirker trotz Bedenken anderer Gesellschafter weiterführen. Anzeigen, Umsätze, Auflagen und Leserzahlen des Titels hatten sich zuletzt stabilisiert. Und das operative Ergebnis des Verlags dreht seit März dieses Jahres erstmals. 2016 ist zwar noch ein geringer Verlust möglich, spätestens 2017 soll es nach Jahren der Durststrecke aber wieder schwarze Zahlen geben. Dafür muss die Magazingruppe noch Ergebnisse aus einem sogenannten "Health Check" des Beratungsunternehmens Czipin umsetzen. Von Sparen, effizienterem Ressourceneinsatz, intelligenten Lösungen und einer möglichen Neuordnung des Anzeigengeschäfts ist dabei verlagsintern die Rede.

Nach dem "Czipin-Eingriff" sollte das Unternehmen deutlich profitabel sein, danach seien Expansionsschritte angedacht, heißt es. Denkmöglich sei in der Folge auch eine Verbreiterung des Gesellschafterkreises oder eine Mitarbeiterbeteiligung auf Titelebene.

Dass er es ernst meint mit der News-Gruppe, daran hat Horst Pirker nie einen Zweifel gelassen, seit er die Führung des Konzerns übernommen hat. Wie ernst, das weiß man seit diesem Montag: Der langjährige Medienmanager übernimmt die Mehrheit und somit die Rolle des Verlegers. Die heimische Medienbranche prägt der heute 56-Jährige seit bald 30 Jahren - mit nur kurzen Unterbrechungen.

Horst Pirker: Die Laufbahn des Medienmanagers

Zuletzt hatte Pirker 2014 für einen Knalleffekt in gesorgt: Er übernahm als Geschäftsführer die Verlagsgruppe News. Die Kennzahlen sprachen nicht für die Produkte - Pirker dagegen schon. Er wolle den Magazinriesen wieder auf Kurs bringen und sehe auch eine Chance dafür. Scheitere das Unterfangen, übernehme er auch die volle Verantwortung dafür, betonte er mehr als einmal.

Zimperlich ging er beim Aufräumen auf den vielen "Baustellen" (Pirker) am Donaukanal freilich nicht immer vor. Viele Mitarbeiter gingen oder mussten gehen, die Flaggschiff-Titel, allen voran "News", wurden deutlichen Faceliftings unterzogen. Das "Format" wurde dem "Trend" einverleibt. Zuletzt sorgte ein "Health Check" eines Consulters im Unternehmen für Unruhe - so wie Gerüchte über eine Beteiligungsänderung, was vom CEO noch Anfang Juni als "Ente" abgetan wurde.

Nun tritt Pirker als neuer Mehrheitseigentümer an, und das mit gewohnt prägnanten Worten: "Es ist nicht schwer, an die Zukunft der Medien zu glauben; es ist schwieriger, an die Zukunft der klassischen Medien zu glauben." Er will das tun, aber ganz "demütig" - auch das eine typische Pirker-Haltung. Schließlich kommt er aus dem katholisch-intellektuellen Milieu und arbeitete zugleich Jahrzehnte lang beharrlich und erfolgreich daran, die Styria-Gruppe, in der er groß wurde, als unabhängig von der katholischen Kirche zu positionieren.

Pirker gilt als geradlinig bis streitbar und weiß selbst darum: "Ich bin nicht der integrative Typ, ich polarisiere wohl eher", meinte er einmal. Deswegen klang es auch nicht wie eine übliche Floskel, als seine Trennung von der Styria im Jahr 2010 mit "unterschiedlichen strategischen Auffassungen" begründet wurde. Pirker ist aber auch als Analytiker mit klaren Vorstellungen und dem Willen, diese durchzusetzen, bekannt. Wenn er - wie am Montag - sagt, "dass ich 'News' nicht einstellen möchte", wird man ihm das wohl zumindest eine Zeit lang glauben.

Vieles von dem, was heute als Pflichtprogramm der Medienmacher gilt - multimediales Denken, Content first-Strategien oder Plattform-Visionen - hat Pirker bereits in den Nuller-Jahren, als so mancher noch das Platzen der "Internet-Blase" betrauerte, vorgedacht. Früh machte er aus der Styria eine "Content-Company". Und wertebewusst, wie er einmal ist, geht es ihm bei all diesen strategischen Überlegungen eben stets um die "klassischen" Medien.

Der promovierte Jurist (geboren am 3. Dezember 1959) studierte in Graz Rechtswissenschaften und BWL und startete 1984 als Assistent der Verlagsleitung bei der "Kleinen Zeitung" in Klagenfurt, wo er zwei Jahre später zum Verlagsleiter aufstieg. Den bleibendsten Eindruck hinterließ der Medienmanager wohl als Vorstandsvorsitzender der Styria Media Group, als der er ab 1999 fungierte. In den folgenden Jahren legte Pirker bei der Weiterentwicklung des Unternehmens ein beachtliches Tempo vor und baute den Verlag um. Sehr früh setzte der gebürtige Kärntner dabei auf ein breit gefächertes Medienangebot, das weit über das reine Printgeschäft hinausreichen sollte. Die Styria expandierte und akquirierte unter seiner Regie im In- und Ausland.

2010 verließ er den steirischen Verlag und ging bald darauf an die Spitze von Dietrich Mateschitz' "Red Bull Media House". Diese Arbeitsbeziehung sollte aber nur gut ein Dreivierteljahr dauern: Mit Ende 2011 verließ Pirker das Unternehmen aus privaten Gründen, um kurz darauf in einem quasi artfremden Bereich, als Vorstandsvorsitzender des steirischen Abfallentsorgers Saubermacher Dienstleistungs AG, zu werken. Dem Medienbusiness blieb er aber insofern treu, als er mit der Medecco-Holding zwischenzeitlich unter anderem beim Monatsmagazin "Datum" an Bord war (mittlerweile ist diese Beteiligung wieder Geschichte).

Über den privaten Horst Pirker ist wenig bekannt; er gilt als Familienmensch, seine Frau lernte er während einer Jugendpilgerfahrt im französischen Taizé kennen. Seine Weltanschauung lebe er "unverkrampft", sagte er einmal.

 

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